Nischenretabel und Auszug unterscheiden. Der kastenförmige Unterbau, dessen Mittelteil vorgezogen ist, und die
architektonisch gestaltete Nische sind aus Ebenholz gearbeitet sowie mit Kartuschen und Festons aus vergoldeter
Bronze verziert. In die großen Gehänge am Rahmen sind wiederum Früchte aus verschiedenfarbigen Steinen ein-
gesetzt. Pietre Dure haben aber nur an dieser Stehe Verwendung gefunden, der Dekor des Gehäuses wird entschei-
dend von den Figuren in Silberguß bestimmt. Zwei weibliche Gestalten, Allegorien von Tugenden, sitzen als Bekrö-
nung des »Altars« zu beiden Seiten der Custodia auf dem Halbrund des Gebälks, sie wirken fast zu mächtig und lassen
die Herkunft des Schemas aus der statuarischen Bildhauerei fühlbar werden. Die Hauptszene ist von der Nische um-
grenzt. Ein Sterbender, von Assistenzfiguren umgeben, erblickt den Heiligen, der in einer Strahlenglorie auf Wolken
über ihm schwebt und helfend die Arme breitet. Die Eintragung im Giornale betont ausdrücklich, daß alle Figuren
von Giovanni Battista Foggini »gemacht« seien. Wenn irgendwo, dann wird hier die Hand des Künstlers spürbar.
Bei den früheren Beispielen fehlte allzuoft die letzte Meisterschaft der Ausarbeitung; durch die Umsetzung in das
harte Material der edlen Steine, aber auch durch den von anderen ausgeführten Guß verlor das eigenhändige Modell
viel von seiner Leichtigkeit und Feinheit. Die Figuren dieses Reliquiars müssen jedoch in der Werkstatt des Hofbild-
hauers entstanden, die Güsse von ihm persönlich übergangen worden sein. Die Gruppe mit den Gestalten des Knien-
den und des Liegenden vorn oder die Figur des königlichen Heiligen sind vorzüglich in dem Schwung der Bewegung
und der Durchbildung von Einzelformen, man könnte sie sich unschwer als lebensgroße Skulpturen ausgeführt vor-
stellen.
Den direkten Bezug zur Großplastik soll ein letztes Beispiel aus der Gattung der Reliquiare veranschaulichen: die
Silberbüste der Pfarrkirche von S. Cresci in Valcava, deren Haupt den Schädel des Titelheiligen umschließt. Fälsch-
lich dem Soldani oder gar einem Meister namens »Zanobi Giani« zugeschrieben, erregte sie auf der Ausstellung
»Firenze Sacra« von ipßß bedeutendes Aufsehen als überraschendes Zeugnis eines heimischen Kunstzweiges, den
man in völligem Verfall geglaubt hattest. Es läßt sich nachweisen, daß auch dieses Werk auf einen Entwurf des Fog-
gini zurückgeht. Die Ausführung oblag dem deutschbürtigen Silberschmied Bernardo Holzmann, dessen bisher
unbekanntes Beschauzeichen bei der Untersuchung des Originals festgestellt werden konnte. Der Dargestellte ist
jener apokryphe Heilige aus germanischem Adelsgeschlecht, dessen Kult Cosimo erneuert hatte. Der Künstler konnte
auf keine ikonographische Tradition zurückgreifen, er schuf daher aus seiner Vorstellung das Idealbild eines alt-
christlichen Soldaten, dessen breiter Kopftypus wohl auf die barbarische Abkunft verweisen sollte. Der Krieget ist
barhäuptig, sein Mantel liegt faltig, aber eng um den Körper, nur wenige Ornamente schmücken den Panzer. Der
Gesamtumriß ist ruhig und streng. Eine schmale Sockelplatte aus vergoldetem Kupfer mit klar geschnittener Schrift
dient als Basis. Der »classicismo accademico assai accentuato«, den Filippo Rossi dieser Büste nachsagt, scheint mir
schon von der Thematik her begründet, et ist überdies durch das kaum spürbare Abfallen der linken Schulter und die
leichte Wendung des merkwürdig fremdländisch anmutenden Kopfes gemildert. Daß man die Arbeit in das Seicento,
anstatt in den Beginn des 18. Jahrhunderts datiert hat, nimmt nicht wunder, ist vielmehr ein Beweis für den eigen-
tümlichen Konservativismus des Horentinischen Spätbarock, den wir schon mehrmals bemerkt haben. Darüber sollten
wir jedoch nicht die vorzügliche handwerkliche Ausführung der überlebensgroßen Büste übersehen, die nicht getrie-
ben, sondern gegossen ist. Holzmann hat mit ihr sein Meisterstück geschaffen.
Die Reliquiare, insonderheit die prunkvollen Schaugefäße für die Privatkapelle des Großherzogs, überwiegen in den
Eintragungen der Kanzlei und bilden auch heute noch den größten Teil der erhaltenen Produktion überhaupt. Sie
waren aber keineswegs die einzigen Erzeugnisse des sakralen Kunsthandwerks am Hofe zu Florenz. Auch an
anderen kultischen Geräten und Möbeln hat die dekorative Phantasie des Foggini und seiner Mitarbeiter ein weites
Feld der Auswirkung gefunden. So lassen sich vier Kandelaber in der Cappella Tetrena des Palazzo Pitti für diese
Werkstatt in Anspruch nehmen. Ihr hoher Schaft besteht aus Ebenholz mit Schildpatteinlagen und Bronzebeschlä-
gen. Das Oberteil ist mit Figuren geschmückt: Drei von Delphinen begleitete Tritonen halten geöffnete Muscheln,
in denen als Perlen die Wappenkugeln der Medici sichtbar sind. Dieser Dekor ist aus Bronze gegossen und vergoldet.
Die Meerwesen verraten in der lebhaften Bewegung die Herkunft aus der römischen Monumentalskulptur. In dem
eigenwilligen Bildgedanken, in Modellierung der Körper und Bildung des Kopftypus, in Vielfalt der Werkstoffe und
Bevorzugung der Bronze äußert sich der Stil des Foggini 35. Die prächtigsten-und damit zugleich die für den künst-
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architektonisch gestaltete Nische sind aus Ebenholz gearbeitet sowie mit Kartuschen und Festons aus vergoldeter
Bronze verziert. In die großen Gehänge am Rahmen sind wiederum Früchte aus verschiedenfarbigen Steinen ein-
gesetzt. Pietre Dure haben aber nur an dieser Stehe Verwendung gefunden, der Dekor des Gehäuses wird entschei-
dend von den Figuren in Silberguß bestimmt. Zwei weibliche Gestalten, Allegorien von Tugenden, sitzen als Bekrö-
nung des »Altars« zu beiden Seiten der Custodia auf dem Halbrund des Gebälks, sie wirken fast zu mächtig und lassen
die Herkunft des Schemas aus der statuarischen Bildhauerei fühlbar werden. Die Hauptszene ist von der Nische um-
grenzt. Ein Sterbender, von Assistenzfiguren umgeben, erblickt den Heiligen, der in einer Strahlenglorie auf Wolken
über ihm schwebt und helfend die Arme breitet. Die Eintragung im Giornale betont ausdrücklich, daß alle Figuren
von Giovanni Battista Foggini »gemacht« seien. Wenn irgendwo, dann wird hier die Hand des Künstlers spürbar.
Bei den früheren Beispielen fehlte allzuoft die letzte Meisterschaft der Ausarbeitung; durch die Umsetzung in das
harte Material der edlen Steine, aber auch durch den von anderen ausgeführten Guß verlor das eigenhändige Modell
viel von seiner Leichtigkeit und Feinheit. Die Figuren dieses Reliquiars müssen jedoch in der Werkstatt des Hofbild-
hauers entstanden, die Güsse von ihm persönlich übergangen worden sein. Die Gruppe mit den Gestalten des Knien-
den und des Liegenden vorn oder die Figur des königlichen Heiligen sind vorzüglich in dem Schwung der Bewegung
und der Durchbildung von Einzelformen, man könnte sie sich unschwer als lebensgroße Skulpturen ausgeführt vor-
stellen.
Den direkten Bezug zur Großplastik soll ein letztes Beispiel aus der Gattung der Reliquiare veranschaulichen: die
Silberbüste der Pfarrkirche von S. Cresci in Valcava, deren Haupt den Schädel des Titelheiligen umschließt. Fälsch-
lich dem Soldani oder gar einem Meister namens »Zanobi Giani« zugeschrieben, erregte sie auf der Ausstellung
»Firenze Sacra« von ipßß bedeutendes Aufsehen als überraschendes Zeugnis eines heimischen Kunstzweiges, den
man in völligem Verfall geglaubt hattest. Es läßt sich nachweisen, daß auch dieses Werk auf einen Entwurf des Fog-
gini zurückgeht. Die Ausführung oblag dem deutschbürtigen Silberschmied Bernardo Holzmann, dessen bisher
unbekanntes Beschauzeichen bei der Untersuchung des Originals festgestellt werden konnte. Der Dargestellte ist
jener apokryphe Heilige aus germanischem Adelsgeschlecht, dessen Kult Cosimo erneuert hatte. Der Künstler konnte
auf keine ikonographische Tradition zurückgreifen, er schuf daher aus seiner Vorstellung das Idealbild eines alt-
christlichen Soldaten, dessen breiter Kopftypus wohl auf die barbarische Abkunft verweisen sollte. Der Krieget ist
barhäuptig, sein Mantel liegt faltig, aber eng um den Körper, nur wenige Ornamente schmücken den Panzer. Der
Gesamtumriß ist ruhig und streng. Eine schmale Sockelplatte aus vergoldetem Kupfer mit klar geschnittener Schrift
dient als Basis. Der »classicismo accademico assai accentuato«, den Filippo Rossi dieser Büste nachsagt, scheint mir
schon von der Thematik her begründet, et ist überdies durch das kaum spürbare Abfallen der linken Schulter und die
leichte Wendung des merkwürdig fremdländisch anmutenden Kopfes gemildert. Daß man die Arbeit in das Seicento,
anstatt in den Beginn des 18. Jahrhunderts datiert hat, nimmt nicht wunder, ist vielmehr ein Beweis für den eigen-
tümlichen Konservativismus des Horentinischen Spätbarock, den wir schon mehrmals bemerkt haben. Darüber sollten
wir jedoch nicht die vorzügliche handwerkliche Ausführung der überlebensgroßen Büste übersehen, die nicht getrie-
ben, sondern gegossen ist. Holzmann hat mit ihr sein Meisterstück geschaffen.
Die Reliquiare, insonderheit die prunkvollen Schaugefäße für die Privatkapelle des Großherzogs, überwiegen in den
Eintragungen der Kanzlei und bilden auch heute noch den größten Teil der erhaltenen Produktion überhaupt. Sie
waren aber keineswegs die einzigen Erzeugnisse des sakralen Kunsthandwerks am Hofe zu Florenz. Auch an
anderen kultischen Geräten und Möbeln hat die dekorative Phantasie des Foggini und seiner Mitarbeiter ein weites
Feld der Auswirkung gefunden. So lassen sich vier Kandelaber in der Cappella Tetrena des Palazzo Pitti für diese
Werkstatt in Anspruch nehmen. Ihr hoher Schaft besteht aus Ebenholz mit Schildpatteinlagen und Bronzebeschlä-
gen. Das Oberteil ist mit Figuren geschmückt: Drei von Delphinen begleitete Tritonen halten geöffnete Muscheln,
in denen als Perlen die Wappenkugeln der Medici sichtbar sind. Dieser Dekor ist aus Bronze gegossen und vergoldet.
Die Meerwesen verraten in der lebhaften Bewegung die Herkunft aus der römischen Monumentalskulptur. In dem
eigenwilligen Bildgedanken, in Modellierung der Körper und Bildung des Kopftypus, in Vielfalt der Werkstoffe und
Bevorzugung der Bronze äußert sich der Stil des Foggini 35. Die prächtigsten-und damit zugleich die für den künst-
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