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Lankheit, Klaus
Florentinische Barockplastik: die Kunst am Hofe der letzten Medici ; 1670 - 1743 — Italienische Forschungen: München, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.34853#0103
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nen Pietre-Durc-Rclicf von 161c), das Cosimo II. in Adoration darstellt. Haltung und Gesten sind nahezu die gleichen
wie auf dem Paliotto von Imptuneta; man geht kaum in det Annahme fehl, daß det Gtoßhetzog seinem Bildhauet
Foggini dieses Relief als Vorbild angegeben hat *34. Den beiden seitlichen Reliefs dürften dagegen eigene Entwürfe des
Foggini zugrunde liegen. Die malerisch bewegten Figuren und Gruppen sind ungleich rhythmischer in das Oval einge-
fügt. Links erscheint die Madonna auf Wolken vor der Dreifaltigkeit, sie wird im Beisein Johannes des Täufers, des
hl. Zenobius und anderer Florentiner Heiliger von Christus gekrönt. Die Kartusche trägt die Inschrift »HONORE
PROXIMA«. Auf dem rechten Relief thront die Gottesmutter mit dem Kinde inmitten einer Engelsglorie, zu ihren
Füßen kniet die Allegorie der Toskana; der Flußgott Arno liegt im Hintergrund vor der Vedute von Florenz. Auf
der Kartusche stehen die Worte »MUNiT ET ORNAT«. Der Anlaß zur Schenkung des Paliotto, den die Stiftungsurkunde
ausführt, wird so durch das figürliche Programm anschaulich: Dank und Bitte des Herrschers an die himmlische
Schutzpatronin zur Bewahrung von Stadt und Staat in den schweren Zeiten.
Nicht nur thematisch, sondern auch in der Klarheit des tektonischen Gerüstes scheint der Paliotto dem des Nigetti
näher zu stehen als dem eigenen Frühwerk des Künstlers am Hochaltar der SS. Annunziata. Dennoch verbindet es
sich diesem eng durch die üppige Dekoration. Die vielschichtige Struktur führt zu einem Fluktuieren der bewegten
Fläche, das durch die Buntfarbigkeit der verschiedenen Werkstoffe noch erhöht wird. An Metallen sind Gold, Silber,
Bronze und Kupfer verwendet, an edlen Steinen Lapislazuli, Heliotrop, Achat, Jaspis und andere orientalische Arten.
Den kostbaren, phantasiereich kombinierten Materialien werden überraschende Wirkungen abgewonnen. Man stelle
sich die silbernen und vergoldeten Akanthusranken auf dem violetten Amethyst vor! Unter den Ornamentmotiven
stehen Filigranmuster des frühen 17. Jahrhunderts und schweres Blattwerk des Hochbarock neben Elementen, die
kaum anders als »Rokoko« zu benennen sind. Vor allem fallen wiederum die gegenläufigen C-Schwünge in den Eck-
füllungen der seitlichen Ovale auf. Sie sind gegenüber demselben Motiv am Paliotto des Hochaltars der Annunziata
leichter und schwebender geworden. Hier scheint sich ein selbständiger Weg zum Rokoko zu öffnen - ein Jahr nach
Aufstellung dieser Dekoration begann die Epoche der Regence in Frankreich! Es ist für die kunstgeschichtliche
Situation von Florenz bezeichnend, daß dieser Weg nicht beschritten wurde. Wohl ist der Stil des großherzoglichen
Hofes im Verlauf dreier Jahrzehnte eleganter, farbiger und kostbarer geworden; er wird jedoch weiterhin gekenn-
zeichnet durch strenge Symmetrie der Komposition, Häufung der Schmuckformen und tieffarhige Werkstoffe.

DIE GRABMONUMENTE DER HEILIGEN
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Dem Präsidenten Charles de Brosse, der im Jahre 1739 die Stadt Pisa besuchte, fiel im Dom »ein wunderbar entwor-
fenes Grabmal, reich verziert mit vergoldeter Bronze« auf *35. Es war die Tomba des hl. Ranieri, des Patrons von Pisa.
Wie Motrona berichtet, ließ Großherzog Cosimo III. sie nach einemEntwurf von Giovanni BattistaFoggini errichten A'.
Da sich weder die Stiftungsurkunde noch schriftliche Verträge oder ausführliche zeitgenössische Berichte aufgefun-
den haben, sind die Daten des Werkes und die näheren Umstände det Erstellung nur verstreuten Notizen zu entneh-
men. Aus diesen gewinnt man jedoch ein Bild von den verschiedenen Planänderungen, den mancherlei Schwierig-
keiten und dem schleppenden Fortgang der Arbeiten. Vieles bleibt dennoch ungeklärt.
Noch im erstenjahrzehnt seiner Regierungszeit scheint sich Cosimo entschlossen zu haben, dem Heiligen im rechten
Querschiff des Domes ein neues prunkvolles Grabmal zu errichten. Die Kapelle war das Gegenstück zu der bereits
beschriebenen Sakramentskapelle, von demselben Architekten wie diese erbaut, sowie in Innenausstattung und Skulp-
turenschmuck seht ähnlich *37. Um 168 ß /Schatten Marcantonio Merlini, der erste Silberschmied der Galleria, und Cristo-
fano Winkler, einer der besten Steinschneider dieser Werkstätten, mit der Anfertigung von Ornamenten für das
»deposito« des hl. Ranieri begonnen *3^. Der Leiter der großherzoglichen Betriebe, Pier Maria Baldi, hatte für die
Urne einen Entwurf geliefert. Er muß auch Zeichnungen für die Neugestaltung der Kapelle geschaffen haben. Bei
seinem gegen Ende des Jahres 1686 erfolgten Tode, dem eine längere Krankheit vorausgegangen war, hatte man mit
dem Umbau noch nicht begonnen, lediglich der Marmor war bereitgestellt worden. Als habe der Großherzog nur den



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