nennt et den Kurfürsten von Bayern als Empfänger. Gemeint ist aber, wie die Embleme und Unterschriften erweisen,
der Gemahl der Anna Maria Luisa. Johann Wilhelm war 1708 für seine treuen Dienste vom Kaiser zum Reichstruch-
seß ernannt worden und hatte zusätzlich zu seiner eigenen Kurwürde auch die bayerische übertragen erhalten. Man
wird kaum in der Annahme fehlgehen, daß die beiden 1708 datierten Reliefs die Glückwünsche des Schwagers zu
dieser Ernennung begleitet haben. Als Kaiser Joseph I. drei Jahre später starb, Hel dem Kurfürsten auch noch das
Amt des Reichsvicarius zu. Damit aber war Johann Wilhelm auf der Höhe seiner Macht. Es wird wieder kein Zufall
sein, daß die beiden anderen Reliefs diese Jahreszahl 1711 tragen und daß daran das kurpfälzische Wappen mit dem
Reichsapfel im Herzschild an so sichtbarer Stehe angebracht ist. Auch diese Sendung war eine Huldigung an den
einflußreichsten Beschützer, den die Toskana in diesen kriegerischen Zeiten besaß A
Daß der kurfürstliche Schwager in seinem Dankesbrief die »superben« Basreliefs, deren Arbeit nicht vollkommener
sein könne, den schönsten Schmuck seiner Kunstkabinette nannte, mag als Phrase barocker Übertreibung gewertet
werden. Die Gegengabe von sechs Gemälden - vermutlich der holländischen Schule des 17. Jahrhunderts - für die
zwei Bronzen von 1708 beweist aber, wie hoch Johann Wilhelm diese einschätzte. Auch Erbprinz Ferdinando, der die
Arbeiten in Auftrag gegeben hatte, war sich des künstlerischen Wertes dieser Bronzen bewußt. Er habe - so erzählt
Soldani selbst - die Modelle aus Terracotta unter Glas rahmen lassen und in seinem Audienzzimmer aufgehängt. Diese
Modelle sind in den alten Rahmen erhalten. Aus dem Besitz des Gran Principe gelangten sie schließlich in das Museo
delle Porcellane des Palazzo Pitti A Es sind keine »bozzetti«,in denen eine erste Idee großzügig spontanen Ausdruck
gefunden hätte, sondern bis in die letzten Details durchgeformte Vorbilder der Bronzeausführung. Dies ist erstaunlich
für eine Zeit, in der das Skizzenhafte, Unfertige bei den Kunstfreunden längst in hoher Geltung stand. Für den Roren-
tinischen Spätbarock ist aber gerade die Ausführung »a total' perfezione« charakteristisch. Im abschließenden Kapitel
wird davon zu sprechen sein. Das Beispiel der Reliefs aus dem Besitz des Erbprinzen ist besonders geeignet, die allge-
mein verbreitete Vorstellung von dem Verhältnis zwischen Vorarbeit und endgültiger Fassung zu erschüttern. Hätten
wir nicht das Zeugnis des Künstlers selbst: Jeder würde die Terracotten im Palazzo Pitti eben wegen der völligen
Übereinstimmung mit den Bronzen für Nachbildungen halten.
Als ein Beweis für die Wertschätzung dieser Arbeiten dürfen auch die Repliken angesehen werden, die von ihnen be-
kanntgeworden sind. Eine signierte und 171) datierte Serie aller vier Kompositionen befindet sich in Windsor Castle.
Wir können in ihr jene »quattro bassirilievi per il S.re Conte Burlington Inglese« wiedererkennen, die Soldani in
seinem Lebensbericht erwähnt. Denn abweichend von dem Münchner Exemplar zeigt der Schild vor dem Eingang
zur Vulkanschmiede das Wappen dieser Familie und lautet die Inschrift des Buches, das der Putto in der Darstellung
des Frühlings hält: »BVRLINGTONVS ERis MANiBVS DATE LiLiA PLENis PVRPVREOS SPARGANS FLORES.« Als Geschenk des
Lord Burghley <sic !> an George II. soll die Folge in den Besitz des englischen Königshauses gekommen sein 6°. Aus Eng-
land stammen schließlich auch die nicht bezeichneten Fassungen des »Sommers« und des »Herbstes« in amerikani-
schem Universitätsbesitz V
Ebensowenig wie das Datum »171$« auf den Bronzen in Windsor für die Entstehung der Modelle oder der Erst-
güsse maßgebend ist, können auch in anderen Fällen die eingravierten Ziffern als verbindlich angesehen werden. Die
Jahreszahl »1710« neben seiner Signatur hat Soldani auf zwei kleineren Reliefs angebracht, die aus englischem Handel
unlängst in den Besitz des Victoria and Albert Museums gelangt sind. Die offenbar als Gegenstücke gedachten
Arbeiten erregen unser Interesse vor allem deswegen, weil sie auf Vorbilder der Hochrenaissance zurückgehen. Sie
stellen die Findung des Moses und den Besuch der Königin von Saba bei Salomo dar. Den Kompositionen liegen
Fresken der Loggien des Vatikan zugrunde, die von der Werkstatt Raffaels im Jahre 15vollendet wurden V Soldani
hatte nicht nur die der gewölbten Decke angepaßten Malereien in die Fläche zu projizieren, sondern auch die Szenen
unter Verzicht auf Farbigkeit plastisch in anderem Werkstoff hervortreten zu lassen. Bei solcher Umsetzung ins
Relief, das eine eigene Gesetzlichkeit besitzt, waren erhebliche Veränderungen unausbleiblich. Von der »Findung des
Moses« gab der Bronzebildner nur einen Ausschnitt. Die Figuren sind nah an den Betrachter herangerückt und füllen
fast das gesamte Rechteck aus. Entsprechend dem verbreiterten Format ist auch die Gruppe ein wenig in die Breite
gezogen: Die Dienerin, die das Körbchen hält, überschneidet nun den Umriß der Tochter Pharaos nach links hin.
Von der weiten Landschaft, in die RaRaels Gestalten einbezogen waren, sind nur Andeutungen geblieben. Der Hori-
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Z)eL 77 <f
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der Gemahl der Anna Maria Luisa. Johann Wilhelm war 1708 für seine treuen Dienste vom Kaiser zum Reichstruch-
seß ernannt worden und hatte zusätzlich zu seiner eigenen Kurwürde auch die bayerische übertragen erhalten. Man
wird kaum in der Annahme fehlgehen, daß die beiden 1708 datierten Reliefs die Glückwünsche des Schwagers zu
dieser Ernennung begleitet haben. Als Kaiser Joseph I. drei Jahre später starb, Hel dem Kurfürsten auch noch das
Amt des Reichsvicarius zu. Damit aber war Johann Wilhelm auf der Höhe seiner Macht. Es wird wieder kein Zufall
sein, daß die beiden anderen Reliefs diese Jahreszahl 1711 tragen und daß daran das kurpfälzische Wappen mit dem
Reichsapfel im Herzschild an so sichtbarer Stehe angebracht ist. Auch diese Sendung war eine Huldigung an den
einflußreichsten Beschützer, den die Toskana in diesen kriegerischen Zeiten besaß A
Daß der kurfürstliche Schwager in seinem Dankesbrief die »superben« Basreliefs, deren Arbeit nicht vollkommener
sein könne, den schönsten Schmuck seiner Kunstkabinette nannte, mag als Phrase barocker Übertreibung gewertet
werden. Die Gegengabe von sechs Gemälden - vermutlich der holländischen Schule des 17. Jahrhunderts - für die
zwei Bronzen von 1708 beweist aber, wie hoch Johann Wilhelm diese einschätzte. Auch Erbprinz Ferdinando, der die
Arbeiten in Auftrag gegeben hatte, war sich des künstlerischen Wertes dieser Bronzen bewußt. Er habe - so erzählt
Soldani selbst - die Modelle aus Terracotta unter Glas rahmen lassen und in seinem Audienzzimmer aufgehängt. Diese
Modelle sind in den alten Rahmen erhalten. Aus dem Besitz des Gran Principe gelangten sie schließlich in das Museo
delle Porcellane des Palazzo Pitti A Es sind keine »bozzetti«,in denen eine erste Idee großzügig spontanen Ausdruck
gefunden hätte, sondern bis in die letzten Details durchgeformte Vorbilder der Bronzeausführung. Dies ist erstaunlich
für eine Zeit, in der das Skizzenhafte, Unfertige bei den Kunstfreunden längst in hoher Geltung stand. Für den Roren-
tinischen Spätbarock ist aber gerade die Ausführung »a total' perfezione« charakteristisch. Im abschließenden Kapitel
wird davon zu sprechen sein. Das Beispiel der Reliefs aus dem Besitz des Erbprinzen ist besonders geeignet, die allge-
mein verbreitete Vorstellung von dem Verhältnis zwischen Vorarbeit und endgültiger Fassung zu erschüttern. Hätten
wir nicht das Zeugnis des Künstlers selbst: Jeder würde die Terracotten im Palazzo Pitti eben wegen der völligen
Übereinstimmung mit den Bronzen für Nachbildungen halten.
Als ein Beweis für die Wertschätzung dieser Arbeiten dürfen auch die Repliken angesehen werden, die von ihnen be-
kanntgeworden sind. Eine signierte und 171) datierte Serie aller vier Kompositionen befindet sich in Windsor Castle.
Wir können in ihr jene »quattro bassirilievi per il S.re Conte Burlington Inglese« wiedererkennen, die Soldani in
seinem Lebensbericht erwähnt. Denn abweichend von dem Münchner Exemplar zeigt der Schild vor dem Eingang
zur Vulkanschmiede das Wappen dieser Familie und lautet die Inschrift des Buches, das der Putto in der Darstellung
des Frühlings hält: »BVRLINGTONVS ERis MANiBVS DATE LiLiA PLENis PVRPVREOS SPARGANS FLORES.« Als Geschenk des
Lord Burghley <sic !> an George II. soll die Folge in den Besitz des englischen Königshauses gekommen sein 6°. Aus Eng-
land stammen schließlich auch die nicht bezeichneten Fassungen des »Sommers« und des »Herbstes« in amerikani-
schem Universitätsbesitz V
Ebensowenig wie das Datum »171$« auf den Bronzen in Windsor für die Entstehung der Modelle oder der Erst-
güsse maßgebend ist, können auch in anderen Fällen die eingravierten Ziffern als verbindlich angesehen werden. Die
Jahreszahl »1710« neben seiner Signatur hat Soldani auf zwei kleineren Reliefs angebracht, die aus englischem Handel
unlängst in den Besitz des Victoria and Albert Museums gelangt sind. Die offenbar als Gegenstücke gedachten
Arbeiten erregen unser Interesse vor allem deswegen, weil sie auf Vorbilder der Hochrenaissance zurückgehen. Sie
stellen die Findung des Moses und den Besuch der Königin von Saba bei Salomo dar. Den Kompositionen liegen
Fresken der Loggien des Vatikan zugrunde, die von der Werkstatt Raffaels im Jahre 15vollendet wurden V Soldani
hatte nicht nur die der gewölbten Decke angepaßten Malereien in die Fläche zu projizieren, sondern auch die Szenen
unter Verzicht auf Farbigkeit plastisch in anderem Werkstoff hervortreten zu lassen. Bei solcher Umsetzung ins
Relief, das eine eigene Gesetzlichkeit besitzt, waren erhebliche Veränderungen unausbleiblich. Von der »Findung des
Moses« gab der Bronzebildner nur einen Ausschnitt. Die Figuren sind nah an den Betrachter herangerückt und füllen
fast das gesamte Rechteck aus. Entsprechend dem verbreiterten Format ist auch die Gruppe ein wenig in die Breite
gezogen: Die Dienerin, die das Körbchen hält, überschneidet nun den Umriß der Tochter Pharaos nach links hin.
Von der weiten Landschaft, in die RaRaels Gestalten einbezogen waren, sind nur Andeutungen geblieben. Der Hori-
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