gehemmt. Die herrliche Wirkung des Umrisses geht verloren. Die Körper sind von plumper Eleganz, ja deformiert
und noch weit von der antikischen Grazie entfernt, die nach den Worten des Großherzogs das Ziel der Ausbildung
sein sollte. Es fehlt die überlegene - spielerische - Auffassung des Themas. Die Bronzestatuette wirkt schwerer als
die monumentale Skulptur des Bernini. Im Werk des Soldani findet sie nur als frühe Schülerarbeit ihren Platz. Daß
unsere Zuschreibung an diesen Künstler aber zu Recht besteht, wird durch eine jüngst bekanntgewordene Nachbil-
dung in Ginori-Porzellan bestätigt 7°.
Auch die Terracotta eines hl. Sebastian im Museo di Palazzo Venezia zu Rom steht vorerst noch isoliert7y Der Aufbau
der Komposition in einem ungleichseitigen Dreieck, die nur mit tAtr Ansicht rechnende Flächigkeit der Anlage, die
Lagerung der Figur mit den überkreuzten Beinen und dem senkrecht herabhängenden Arm, nicht zuletzt die Art
der Faltengebung und der Bodenformen lassen die Zuschreibung glaubhaft erscheinen. Eine weniger im Motiv
als in gewissen Gestaltungsprinzipien spürbare Verwandtschaft des kleinen Modells mit der Marmorstatue von Pierre
Puget in S. Maria di Carignano braucht indessen nicht zu bedeuten, daß Soldani die Terracotta erst nach seinem
Besuch in Genua geschaffen hat. Der kräftige Typus seiner Jünglingshgur mit dem breiten Kopf, der wohl auch
durch die Überarbeitung des Gusses kaum verändert worden wäre, spricht eher für eine Zeit, in der die römische
Lehre bei Ferrata noch wirksam war.
Sicheren Boden betreten wir erst bei der Betrachtung einiger Gruppen der reifen Zeit, in denen die Beweinung
Christi dargestellt ist. Soldani hatte das Thema schon in einem Relief behandelt. Es lag im Zuge jener Entwicklung
vom Medailleur zum Sculpteur, daß er die weiteren Fassungen dieses Themas als Freiplastik modellierte. Die eine
Gruppe ist nur in einer Nachformung aus Ginori-Porzellan bekannt 7^. Im Hinblick auf das Motiv wie auf den Stil sind
enge Beziehungen zu dem Münchner Relief gegeben. Die Lage des Heilandes - wenn auch im Gegensinne -, der
Putto, der die Rechte Christi zum Kusse ergriffen hat, und die Maria, die geschlossenen Auges, der Ohnmacht nahe,
zusammensinkt, sind vergleichbar. Andererseits scheint der Körper des toten Herrn anatomisch besser durchgebildet
zu sein, die Lagerung ist natürlicher - hier mag der Sebastian als Verbindungsglied herangezogen werden. Vor allem
läßt die Beschränkung der Figurenzahl den religiösen Gehalt stärker zur Geltung kommen. Man geht wohl nicht fehl,
diese Gruppe zeitlich nach dem Relief in das Werk des Meisters einzuordnen. Zugleich kann man darin die Vorstufe
zu einer ausgereifien Komposition sehen, von der sich ein Abguß in Baltimore erhalten hat 73. In sanfter Kurve folgt
die noch im Tode schöne Gestalt Christi den Linien des felsigen Bodens. Maria beugt sich schmerzerfüllt, aber mit
geöffneten Augen über den Sohn. In der Rechten hält sie ein Tuch, mit der Linken hat sie soeben die Dornenkrone
vom Haupt des Erlösers genommen und reicht sie nun einem zu ihren Füßen knienden Engel. Die schlanken Figuren
sind edel gebildet. Die Stille der Trauer wird durch die erregten Faltenbahnen und durch den Schwung der Engels-
flügel belebt. Die kunstvoll ausgewogene Dreieckskomposition ist durchaus teliefmäßig angelegt, die Ansicht von
vorn hebt sich als verbindlich heraus. Trotz reichster Behandlung aller Binnenformen ist die Darstellung auf Sil-
houettwirkung bedacht. Der Blick des Betrachters - gewohnt, ein Bildgeschehen von links nach rechts abzulesen -
fällt zuerst auf den Körper des Heilandes, wird dann zum Haupt der Gottesmutter emporgeführt und gleitet über
deren ausgestreckten Arm bis zur Dornenkrone hinüber, hier wird er durch die Gegenbewegung des Engels fest-
gehalten. Die gleichsam schwebende Passionskrone ist das Bedeutungszentrum der Gruppe. Der wunderbar ausge-
glichene Aufbau des Ganzen, die hebevolle Modellierung der Einzelformen und die vollendete Ziselierung des Roh-
gusses, nicht zuletzt aber die Innigkeit der Empfindung fügen sich kaum ein zweites Mal im Werk des Soldani so über-
zeugend zur Einheit zusammen.
Nun steht diese Bronze aber in einem interessanten Bezug zu der bekanntesten Gruppe, die der Künstler geschaffen
hat. Sie bildet den Mittelpunkt der früher dem Algardi zugeschriebenen »Pieta«, die in mehreren Porzellan- und
Wachsabformungen verbreitet ist und von der ein Bronzeguß im Museum zu Seattle bewahrt wird 74. Die Komposition
ist durch den offenen Sarkophag im Hintergrund sowie durch den stehenden Engel links und die zwei kleinen Engel
mit dem Grabtuch oben bereichert und auf einen veränderten Terrainsockel gestellt worden. Der Katalog von Seattle
bezeichnet das Exemplar in Baltimore als »a bronze replica by Soldani of part of the same composition«. Diese Ansicht
ist vertretbar. Der Meister hätte danach zuerst die vielhgurige Gruppe geschaffen, diese dann jedoch auf das Kern-
stück mit drei Figuren reduziert. Es wäre eine Entwicklung, wie wir sie im Alterswerk vieler Meister verfolgen kön-
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und noch weit von der antikischen Grazie entfernt, die nach den Worten des Großherzogs das Ziel der Ausbildung
sein sollte. Es fehlt die überlegene - spielerische - Auffassung des Themas. Die Bronzestatuette wirkt schwerer als
die monumentale Skulptur des Bernini. Im Werk des Soldani findet sie nur als frühe Schülerarbeit ihren Platz. Daß
unsere Zuschreibung an diesen Künstler aber zu Recht besteht, wird durch eine jüngst bekanntgewordene Nachbil-
dung in Ginori-Porzellan bestätigt 7°.
Auch die Terracotta eines hl. Sebastian im Museo di Palazzo Venezia zu Rom steht vorerst noch isoliert7y Der Aufbau
der Komposition in einem ungleichseitigen Dreieck, die nur mit tAtr Ansicht rechnende Flächigkeit der Anlage, die
Lagerung der Figur mit den überkreuzten Beinen und dem senkrecht herabhängenden Arm, nicht zuletzt die Art
der Faltengebung und der Bodenformen lassen die Zuschreibung glaubhaft erscheinen. Eine weniger im Motiv
als in gewissen Gestaltungsprinzipien spürbare Verwandtschaft des kleinen Modells mit der Marmorstatue von Pierre
Puget in S. Maria di Carignano braucht indessen nicht zu bedeuten, daß Soldani die Terracotta erst nach seinem
Besuch in Genua geschaffen hat. Der kräftige Typus seiner Jünglingshgur mit dem breiten Kopf, der wohl auch
durch die Überarbeitung des Gusses kaum verändert worden wäre, spricht eher für eine Zeit, in der die römische
Lehre bei Ferrata noch wirksam war.
Sicheren Boden betreten wir erst bei der Betrachtung einiger Gruppen der reifen Zeit, in denen die Beweinung
Christi dargestellt ist. Soldani hatte das Thema schon in einem Relief behandelt. Es lag im Zuge jener Entwicklung
vom Medailleur zum Sculpteur, daß er die weiteren Fassungen dieses Themas als Freiplastik modellierte. Die eine
Gruppe ist nur in einer Nachformung aus Ginori-Porzellan bekannt 7^. Im Hinblick auf das Motiv wie auf den Stil sind
enge Beziehungen zu dem Münchner Relief gegeben. Die Lage des Heilandes - wenn auch im Gegensinne -, der
Putto, der die Rechte Christi zum Kusse ergriffen hat, und die Maria, die geschlossenen Auges, der Ohnmacht nahe,
zusammensinkt, sind vergleichbar. Andererseits scheint der Körper des toten Herrn anatomisch besser durchgebildet
zu sein, die Lagerung ist natürlicher - hier mag der Sebastian als Verbindungsglied herangezogen werden. Vor allem
läßt die Beschränkung der Figurenzahl den religiösen Gehalt stärker zur Geltung kommen. Man geht wohl nicht fehl,
diese Gruppe zeitlich nach dem Relief in das Werk des Meisters einzuordnen. Zugleich kann man darin die Vorstufe
zu einer ausgereifien Komposition sehen, von der sich ein Abguß in Baltimore erhalten hat 73. In sanfter Kurve folgt
die noch im Tode schöne Gestalt Christi den Linien des felsigen Bodens. Maria beugt sich schmerzerfüllt, aber mit
geöffneten Augen über den Sohn. In der Rechten hält sie ein Tuch, mit der Linken hat sie soeben die Dornenkrone
vom Haupt des Erlösers genommen und reicht sie nun einem zu ihren Füßen knienden Engel. Die schlanken Figuren
sind edel gebildet. Die Stille der Trauer wird durch die erregten Faltenbahnen und durch den Schwung der Engels-
flügel belebt. Die kunstvoll ausgewogene Dreieckskomposition ist durchaus teliefmäßig angelegt, die Ansicht von
vorn hebt sich als verbindlich heraus. Trotz reichster Behandlung aller Binnenformen ist die Darstellung auf Sil-
houettwirkung bedacht. Der Blick des Betrachters - gewohnt, ein Bildgeschehen von links nach rechts abzulesen -
fällt zuerst auf den Körper des Heilandes, wird dann zum Haupt der Gottesmutter emporgeführt und gleitet über
deren ausgestreckten Arm bis zur Dornenkrone hinüber, hier wird er durch die Gegenbewegung des Engels fest-
gehalten. Die gleichsam schwebende Passionskrone ist das Bedeutungszentrum der Gruppe. Der wunderbar ausge-
glichene Aufbau des Ganzen, die hebevolle Modellierung der Einzelformen und die vollendete Ziselierung des Roh-
gusses, nicht zuletzt aber die Innigkeit der Empfindung fügen sich kaum ein zweites Mal im Werk des Soldani so über-
zeugend zur Einheit zusammen.
Nun steht diese Bronze aber in einem interessanten Bezug zu der bekanntesten Gruppe, die der Künstler geschaffen
hat. Sie bildet den Mittelpunkt der früher dem Algardi zugeschriebenen »Pieta«, die in mehreren Porzellan- und
Wachsabformungen verbreitet ist und von der ein Bronzeguß im Museum zu Seattle bewahrt wird 74. Die Komposition
ist durch den offenen Sarkophag im Hintergrund sowie durch den stehenden Engel links und die zwei kleinen Engel
mit dem Grabtuch oben bereichert und auf einen veränderten Terrainsockel gestellt worden. Der Katalog von Seattle
bezeichnet das Exemplar in Baltimore als »a bronze replica by Soldani of part of the same composition«. Diese Ansicht
ist vertretbar. Der Meister hätte danach zuerst die vielhgurige Gruppe geschaffen, diese dann jedoch auf das Kern-
stück mit drei Figuren reduziert. Es wäre eine Entwicklung, wie wir sie im Alterswerk vieler Meister verfolgen kön-
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