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Der Spielprofeſſor.

Eine Erzählung
von

ban Dewalt.
Erſtes Rapitel.

An einem Julitage des Jahres 1868 wandelten zwei Perſonen, ein
Herr und eine Dame, in dem ſchmalen Schatten des Bahnhofsgebäudes
der Station Oos Gwiſchen Kehl und Baden-Baden) im Geſpräch be—
griffen langſam auf und ab.

Die Sonne ſtand beinahe im Zenith und brannte glühend heiß herab
auf die weite Ebene Badens,
den Garten Deutſchlands,
welcher ſich meilenweit zwi—
ſchen Rhein und Schwarz—
wald ausbreitet, mit ſeinen
Hopfenfeldern, ſeinen Wein—
bergen und fruchtbeladenen
Obſtbäumen.

In der Ferne, zwiſchen
den Hügeln und Gebüſch,
erblickte mdn den von Raſtatt
Lrankommenden Schnellzug.
Obaleich wohl noch eine Meile
weit von der Station ent—
fernt, ſah man bereits die
lange Rauchfahne, gleich ei— —
ner weißen Schlange, lang— —
ſam auf dem ſchnuͤrgeraden — ;
Geleiſe ſich herauringeln.

Alſo Iſidore, Du wirſt
mich nicht vergeſſen, — Du
wirſt mir ſchreiben?“ ſprach
der huͤbſche, nach der neue-
iten Mode gekleidete junge
S!]taml zu ſeiner Begleiterin
auf Franzöſiſch, indem er
einen Augenblick ſtehen blieb
und deren Hand ergriff.

„ Sewiß, Jules, ich werde
Dir ſchreiben, ſo oft ich
lann,“ erwiederte dieſe leicht
bewegt, wie e& ſchien
„Trachte, daß Alles dahein
gut abläuft, und wenn Du
kannſt, dann fomme wieder.
1 Und nun noch Eins,
Jules,“ — hier wechfelle fie
den Ton der Stimme und
ſchlug ihre Augen 3zu dem
Aluſtr Welt. XX 3,



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8






















faſhionablen Stutzer auf, die frühere Gefühlsanwandlung ſchien ſo ſchnell
vorübergegangen zu ſein, wie eine leichte Sommerwolke, „vergiß
nicht, mir die Roben und Hüte zu beſorgen, wie Du mir verſprachſt,


„Als ob ein Mädchen wie Du ſolchen Firlefanz überhaupt nöthig
hätte,“ entgegnete der junge Mann mit einem trüben Lächeln. „Doch
verlaß Dich darauf, mein erſter Gang wird morgen nach der Rue Vi—
vienne ſein, an mir ſoll's nicht fehlen.“

„Ich danke Dir, Jules, aber ſprich, was fehlt Dir, warum dieſe
finſtere Stirn?“

„Ach, Iſidore,“ fuhr derſelbe ſeufzend fort und ließ ſeine Blicke mit
einem halb bittenden, halb zornigen Ausdrucke auf dem ſchönen Mädchen
ruhen — „Du weißt es ja, was mich bekümmert, was mir den Abſchied
von Dir ſo ſchwer macht. —
Auf die Gefahr hin, Dich
zu erzürnen, bitte ich Dich
in dieſem Augenblicke des
Scheidens noch einmal — —
— iſt's denn gar nicht moͤg—
lich, Dich von dem Bewuß—
ten frei zu machen? Komm'
mit mir!“

Die junge Dame zuckte
ungeduldig die Achſeln, offen—
bar unangenehm beruͤhrt,
und ſah finſter zu Boden.

„Bei Gott, Mädchen,“
fuhr Jener dringlicher fort,
„ich kann es nicht mit an—
ſehen, ich müßte Dich nicht
ſo grenzenlos lieb haben!
— Solch' ein unnatürliches
Verhältniß! — — Gib nur
Acht, Iſidore, er wird Dich
eines Tages noch ſo ernſtlich
kompromittiren, daß es Dich
gereuen wird!“

„Du könnteſt immerhin
etwas leiſer Deinen guten
Rath ertheilen, lieber Jules,“
fiel ihm hier die junge Dame
froſtig in die Rede, „Ddoch
ein für allemal, laß Dir's
genuͤgen, wenn ich Dich ver—
ſichere, daß ich vorlaͤufig in
dieſer Geſellſchaft bleiben
muß, daß ich nicht kann,
wie Du und ich wohl moͤch—
ten!“ 8—

« Ah — c’est.bien triste !»
flüſterte der junge Mann
betrubt.

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— 8—

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