Frühlings Arwachen.
Jllustr. Welt. 18S2. Hest 18.
Und Frühling ist's geworden
Ulit einmal, über Nacht,
wie unterm Ruß des Prinzen,
Dornröschen einst erwacht.
Lin lauer Hauch von Süden
Zog über Meer und Land,
Erschloß der Zweige Spitzen
Und löst' der Ströme Band.
Nun treibt es allerorten,
Nun singt's von Strauch und Baum,
Nun ist er Wahrheit worden,
Der langgehegte Traum;
Und mit dem neuen Klingen,
Und mit dem neuen Grün,
Laß du, o Welt, dein Glauben,
Dein Hoffen neu erblühn!
Nun liegt die Welt in stummer,
Zn gottbestimmter Ruh,
Und schlummert, heimlich träumend,
Dem jungen Morgen zu.
Still, unter starrer Decke,
Ruht Bach und Wald und Flur,
Nur leise klopft, kaum hörbar,
Der Pulsschlag der Natur.
Aus Firsten prangt und Giebeln
Des Schnees Hermelin,
Und graue Wolken ziehen
Schwermütig d'rüber hin. —
Das ist die Zeit des Harrens,
Des Sehnens allerwärts,
„will's nicht bald Frühling werden?
Fragt bang das Menschenherz.
war so müd' geworden
Die Welt im Zahreslaus,
Der Abend war gekommen,
Die Sternlein zogen auf.
Zns weichumhüllte Nestchen,
Duckt sich der Vogel lind,
Die Blumen nickten leise,
wie ein verschlafen Kind.
Und leise löst' und stille^-^
Sich langsam Blatbimn Blatt
Und fand aupckühler Lrde
Die lMe Ruhestatt.
Dünn über alles deckte
Der Schnee die weiße Pracht,
Und aus stieg dis erhab'ne,
Die lange Winternacht.