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internationale Sammler-Zeitung.

Hummer 4.

Seite 51.

überzogen, gehoben werden, Aus dem Rhein wird bei
jeder Baggerung und nach Hochwässern, welche tiefere
Schotterlagen aufwühlen, jährlich eine große Anzahl oon
Schwertern zutage gefördert. In der Donau, aus welcher
uiele meiner Kreuzschwerter stammen, sollen die Westspiße
der Insel Schütt, die flachen Ufer bei Fünfkirchen und die
Gegend in der flöhe eines großen Wasserwirbels bei Bel-
grad die ergiebigsten Fundfelder sein. Das Hationalmuseum
in Budapest besißt eine große Anzahl Kreuzschwerter,
welche Graf Sandor anfangs des XIX. Jahrhunderts sam-
melte. Vollkommen gut erhaltene, gar solche, deren Zu-
behör, wie Scheide und Vorsteckmesser intakt sind, gibt
es freilich nur äußerst selten. Sie zieren die Schatzkammern
als Hoheitsschwerter, die Kirchen als Heiligenschwerter, die
ITluseen und Rüstkammern als Zimelien. Im großen und
ganzen kann man annehmen, daß in Österreich-Ungarn
und Deutschland einige Tausend Kreuzschwerter zutage
gefördert wurden. Dagegen sollen in Ilorroegen allein,
hauptsächlich aus den unendlich Dielen Helden- und Wickinger-
gräbern, mehrere Tausende oon Schwerfern in die llluseen
gewandert sein.
Für die Altersbestimmung und Klassifizierung der
Schwerter bieten uns die JTlonumente der Zeit, die Siegel,
die Skulpturen und Reliefs in Stein, Bein, ITletall und
Holz, die Freskomalereien und Pergamentminiaturen, oor
allem aber die Grabsteine reiche Belehrung. Doch hat man
diese Dokumente mit kritischer Vorsicht zu benüßen. So
kommt es bei Grabsteinen zuweilen oor, dafj der durch
das Denkmal erst später Geehrte im Gewände der späteren
Zeit erscheint. Als ich zur Ausschmückung oon Kreuzen-
stein nach einer guten heraldischen Ausführung des Wappens
der ursprünglichen Erbauer im XII. Jahrhundert, der Grafen
oon Vormbach, suchte - sie sind desselben Stammes wie
die Scheiern und Wittelsbacher, führen jedoch ein anderes
Wappen — erfuhr ich, daß in der Klosterkirche zu Vorm-
bach am Inn (zwischen Braunau und Schärding) ein präch-
tiger Grabstein stehe. Es war dies, wie die deutliche und
datierte Inschrift bezeugte, der Grabstein eines der Heroor-
ragendsten dieses Geschlechtes, Theodorich oder Dietrich
oon Vormbach, welcher 1158 als Held oor lllailand gefallen
war. Das Wappen, die Figur, die Bewaffnung, alles oor-
züglich ausgeführt; nur das eine war nicht richtig, der
Stil der Ausführung, denn dieser war um 150 Jahre jünger.
Es kommt auch manchesmal oor, dafj die Alten in Schrift
und Darstellung, z. B. bei oorsäßlichen Fälschungen archai-
sieren wollten, doch ist das nicht schwer zu erkennen,
dazu hatten sie wenig Geschick. Auch sind manche spätere
Restaurierungen bedenklich, weil sie möglicherweise ein
jüngeres Datum tragen als das Werk, an welchem sie
oorgenommen wurden. Vorsichtig muß man auch den mittel-
alterlichen Uliniaturen gegenüber sein, denn insbesondere
die älteren haben es nicht so genau mit der Bewaffnung
ihrer sonst so interessanten und farbenprächtigen Figuren
genommen, maßgebende und wohl ziemlich uerläßliche
Schwertabbildungen enthalten die Uliniaturen der Herrat
Don Tandsberg, in Älfric, der Wessobrunner Handschrift,
im Codex Aureus oon St. Gallen aus dem IX. Jahrhundert
und die Darstellungen am Teppich oon Bayeux und wohl
noch andere.
Die alten Vorfahren unseres Kreuzschwertes sind die
insbesondere in den fränkischen und langobardischen
Reihengräbern des VI. bis VIII. Jahrhunderts oorkom-
menden Tangschwerter, auch Spatha genannt. Die Schwert-
klingen sowie die Tanzen aus der Zeit sind oft oon aus-
gezeichneter Damaszierung, man findet diese Schwerter
gewöhnlich zugleich mit dem Skramasax, einem Dolchmesser
mit breitem Rücken und kleinem spißen oder kugeligen
Knauf. Eine ganz besondere Charakteristik dieser Schwerter
ist, daß sie keine Parierstangen und nur einen kleinen,

manchmal giebelförmigen, öfters flachen Eisen- oder ITletall-
knauf auf der langen Griffangel haben.
In relatio kurzer Zeit erleidet die Form des Schwertes,
ohne bedeutende Übergangsformen zu schaffen, eine
charakteristische Änderung. Insbesondere ist es der Knauf,
welcher mächtig breiter als hoch wird, oft mit drei oder
mehr Wülsten, „Trilobes“. Auch eine starke, zwar noch
kurze Parierstange ist an den Schwertern dieser Zeit schon
zu sehen. Sie wurden bis ins XI. Jahrhundert geführt, oft
reich mit stilisierten Gold- und Silbertauschierungen uer-
ziert. Es kommen sogar Emaillierungen und Ulosaikorna-
mente oor. Im mittelalter galt das Schwert nur als Än-
griffswaffe und genügte die Parierstange zum Faustschuß.
Illit der Fechtkunst, welche übrigens schon früh aus dem
Orient nach Italien kam, traf eine Änderung ein, die
Parierstange allein war ungenügend, die Hand zu schlißen.
Ende des xIII. Jahrhunderts soll schon der erste Faust-
schußbügel Dorkommen. Fachmänner behaupten, einen
solchen auf einer ITliniatur gefunden zu haben. In Wirk-
lichkeit sah ich noch keinen. Schwerter, mit welchen die
Fechtkunst geübt wurde, hatten weder Schneide noch Spiße.
Sie heißen Fechtschwerter, Schirmschwerter, Espadons,
Spadoni und Dusseken (slawisch). Degen, bei welchen
durch einen Druck die Klinge sich um ein gutes Stück
oerlängerte, galten als unehrlich im Zweikampf. Die Fran-
zosen gaben ihnen den, wie ich glaube, mit Unrecht Diel
oerlästerten Hamen Jarnac.
In Deutschland gelangte die edle und hohe Schirm-
oder Fechtkunst erst gegen Anfang des XIV. Jahrhunderts
zu größerer Verbreitung, als sich ihre Kleister affilierten
und eine Hlarkusbruderschaft bildeten. Sie hießen Fecht-
brüder, Schirmbrüder und Federfechter. Kaiser Friedrich 111.
hielt sie in Ehren und begabte sie mit Privilegien, welche
sie zu meistern des Schwertes machten.
Von der allgemeinen Beliebtheit der aus der Fremde
übergekommenen Fechtkunst zeugt der Umstand, daß die
dabei Dorkommenden Handgriffe und Verrichtungen deutsche
Benennungen erhielten. Wie anheimelnd klingen die deutschen
Worte, wenn man ein altes Fechtbuch liest: „Das Zufechten
geschieht auss den Hägern mit Häuwen. Der Hauptläger
sind oier: die Oberhut, Ochs, Olber und der Pflug. Die
Beyläger sind Zornhut, Tangord, Brechfenster, Einhorn,
Schrankhut, Schlüssel, Eisenport, Wechsel, Hebenhut und
Hengetort. Der Haw aber ist ein Haupthaw, Beyhaw oder
ITleisterhaw. Die Haupthawe aber sind Ober, Under, mittel
und Zornhaw. Beyhaw sind Kurß, Schiel, Gließ, Krumb,
Breil, Wind, Blend, Kron, Knichel, Sturß und Wechselhaw.
ITleisterhaw sind Zorn, Krumm, Zwerch und Scheitelhaw
usf.“ mit echt deutscher Gründlichkeit. Ein bekannter
Fechtmeister aus der Wende des XV. Jahrhunderts war
der zu memmingen geborene ITleinhard Schwalinger, ein
treuer Begleiter Georgs oon Frundsberg.
Um eine interressante Einzelnheit herauszuheben, sei
darauf hingewiesen, daß es Klingen gibt, die die Jahres-
zahl „1413“ tragen. Die Klingen sollen daher stammen,
daß die Offiziere eines schwedischen Regimentes, welche
im Dreißigjährigen Kriege zu Solingen im Winterquartier
lagen, sich in eoangelischem Eifer und Bewunderung für
Huß Klingen mit der Jahreszahl seiner Gefangennahme
in Konstanz machen ließen, man findet ziemlich uiele in
Deutschland und Österreich und es werden solche Klingen
sogar mit später ITlontierung betrügerischerweise als
Schwerter aus dem Beginne des XV. Jahrhunderts uer-
kauft. Es kommen auch Schwertklingen oor, auf welchen
ein mehrjähriger Kalender mit den Hamen aller Heiligen
eingeäßt ist. Ich hatte das Glück, ein solches Kalender-
schwert mit der ITlontierung aus dem Dreißigjährigen
Kriege auf einer Hochtour in den Tauern, auf der Königs-
alpe, einem oon Sammlern gewiß wenig besuchten Orte,
 
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