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DIE KOPFZEICHNUNGEN ZU DÜRERS APOSTELRILD

VON

HEINRICH WÖLFFLIN

u den Köpfendes Münchener Apostelbildes gibt es drei berühmte Folio-Zeichnungen:


ÄJ zwei in Berlin (Markus, Lippmann 12 und Paulus, Lippmann 89)1) und eine in der
Sammlung Bonnat (Petrus, Lippmann 369). Es sind Kreidezeichnungen, weiß gehöht,
auf gelbbraun grundiertem Papier. Alle haben Monogramm und Jahreszahl (i52Ö). Hie
Größe bewegt sich zwischen 35—38 cm Höhe und 26—29 cm Breite, was nicht vergessen
werden darf bei der Beurteilung der hier mitgeteilten, sehr verkleinerten und unschein-
baren Abbildungen. Die Meinungen über den Wert dieser Blätter gehen auseinander.
Auf der einen Seite werden sie gepriesen als großartige Proben Dürerscher Zeichenkunst,
auf der anderen wird ihre Qualität niedriger eingeschätzt, ja die Echtheit überhaupt in
Frage gestellt. Voll war der erste, der — vor fünfzehn Jahren — mit der Kritik einsetzte,
und zwar beim Pauluskopf2). Ich habe in meinem Dürerbuch von Anfang an der ganzen
Gruppe gegenüber einen ablehnenden Standpunkt eingenommen. Bei der Bedeutung des
Gegenstandes verlohnt es sich wohl, die Frage einmal etwas genauer zu erörtern.
Zunächst erwartet man generell etwas anderes. Wie Dürer ein großes Bild vorbereitete,
weiß man nicht nur von den Zeichnungen zum Heller-Altar — die Kopfstudien aus der
späten Zeit, zum Hieronymus und zu dem (nicht zustande gekommenen) vielfigurigen
Marienbild sehen genau so aus, d. li., es sind höchst sorgfältig durchgeführte Arbeiten.
Hier überrascht der große Maßstab bei relativer Flüchtigkeit der Mache. Wir haben
dafür keine Analogien. Doch bedeutet das an sich natürlich nichts, das Wesentliche
ist die Art der Zeichnung.
lTm mit dem Pauluskopf (L. 89) anzufangen, so berief sich Voll bei seinem ab-
lehnenden Urteil hauptsächlich darauf, daß die Zeichnung mit dem Kopf im Gemälde
übereinstimme, während dieser doch offenbar erst während der Arbeit seine definitive
Form erhalten habe3), er fügt aber gleich bei, daß die Zeichnung an sich wenig Qualität
habe. Was er dabei meinte, wird nicht gesagt; offenbar nahm er Anstoß an einer ge-
wissen Unsicherheit der Formerscheinung, verbunden mit oft erneutem Ansetzen des
Striches. Im einzelnen ist hier namentlich das Auge auffallend. Dazu kommen aber
Striche, die sehr stark heraustreten, ohne eigentlich einen zeichnerischen Wert zu be-
sitzen. Ich rechne dazu die dicke dunkle Schräglinie in den Augenhöhlen, die man
erst angesichts des Gemäldes recht versteht. Aus dem Zusammenhang der Zeichnung
9 Vgl. Berliner Katalog der Zeichnungen alter Meister (.1921), I, 3/|. 2) Süddeutsche Monatshefte 1906.
3) Das ist richtig, aber doch nicht in dem von Voll angenommenen Maße. Ich kann (nach neuerer Unter-
suchung des Bildes) nicht zugeben, daß die Umrißlinie ursprünglich die Stirn halbiert habe.

Jahrbuch für Kunstsammler II

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