Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER KUNSTMARKT 1921
V O N
ADOLPH DONATH
Hart vor den Toren des Kunstmarktjahres 1921 stand der Kunstkäufer — Amerika.
Schon zu Beginn des Herbstes 1920 hatte er überallhin seine Fühler ausgestreckt,
die Welt abgesucht nach alten und neuen Bildern, nach Bildteppichen, Holzskulpturen,
Graphik, Porzellanen und sogar nach Fayencen. Bücher und Handschriften wanderten
in Massen über das große Wasser und mit ihrer Ankunft steigerte sich die Kauflust der
Amerikaner für alle die schönen Dinge des Marktes. Und während die Duveens im
November 1919 noch wegen Tizians „Mann mit dem Falken“ (Abb. 28} mit Geheimrat
Dr. Eduard Simon in Berlin verhandelten, waren in Newyork die französischen Farb-
stiche besonders begehrt.
Es scheint mir angebracht, zu vermerken, wie man im Spätherbst 1920 die Blätter eines
Bonnet, eines Debucourt bezahlt hat und wie die Arbeiten dieser Meister vor etwa
hundert Jahren und in der folgenden Zeit bewertet worden sind. Nehmen wir uns
also Louis Marin Bonnet vor: 1820 erzielte eine Serie von mehr als siebzig seiner Drucke
aus der Sammlung des Grafen Potocki insgesamt — 14 Francs, und 1920 kam allein sein „De-
jeuner“ nach Hu et auf 222b Dollar. W enn man die Valuta in Betracht zieht, handelt es siel)
da schon um einen sogenannten großen Preis. Hierbei möchte ich daran erinnern, daß für
Bonnet der überhaupt erste „bessere“ Preis erst 1895 gegeben wurde, als sein Farbdruck
„Marie Antoinette“ in Paris für 5y5 Fr. fortging. Damals, 1890, war Debucourt doch
schon marktgängiger: sein Blatt „Le Promenade Publique“, das anno 1820, zwölf Jahre
nach dem Tode des Künstlers, auf 100 Fr. stand, konnte es bereits 1887 auf etwas
mehr als 1000 Fr. bringen. Und im Spätherbst 1920 hat man in Newyork für „Le
Promenade Publique“ 2i5o Dollar gegeben. Daß übrigens die französischen Farbstiche
(und die englischen) 1920 auch in Berlin hoch eingeschätzt worden sind, habe ich schon
in meiner Übersicht über den deutschen Kunstmarkt 1919/20 im Bandl des „Jahrbuches
für Kunstsammler“1) ausgeführt. Im Oktober 1920 erreichten bei Henrici Debucourts

9 S. 104.
 
Annotationen