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Jahrbuch für Kunstsammler — 2.1922

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Braun, Edmund Wilhelm: Seltene deutsche Fayencen des 18. Jahrhunderts aus Schloss Klessheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.47717#0045
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36 Edmund Wilhelm Braun / Seltene deutsche Fayencen des 18. Jahrhunderts

in der Manufaktur zu Holitsch, weil die Ge-
schichte dieser drei keramischen Betriebe
eng verknüpft ist und eine Anzahl der Maler
und Modelleure in allen dreien tätig war.
Ebenso geschickt wie die Holitscher Maler
fremde Motive übernahmen und kopierten,
erwiesen sich die Modelleure, und es existiert
kaum eine andere Fabrik, die eine so viel-
seitige plastische Tätigkeit entfaltete als
gerade die zu Holitsch. Der in zwei Exem-
plaren aus Kleßheim gekommene Henkel-
krug in Form eines Papageis (Abb. i/p Kat.
Nr. 449? H. 23 cm) ist ein Beispiel, wie gut
der Holitscher Modellmeister dekorative und
gefällige Stücke zu schaffen wußte. Das Ge-
fieder ist in frischen leuchtenden Muffel-
farben naturalistisch aufgemalt, den Henkel
bildet zwanglos einBand, das sich um den ver-
zierten Halsring legt, und der abnehmbare
Kopf als Deckel ist durch einen Schraub-
verschluß mit dem Halse verbunden.
Ebenso gelungen sind die beiden dreiarmigen Girandolen (Abb. 15, Kat. Nr. 4^7, H. 4 1 cm);
auf runder naturalistisch bemalter Bodenfläche erhebt sich je ein belaubter Baum-
stamm, dessen Aste in die Leuchterdillen ausgehen und auf denen kleine Vögel
sitzen. Beide Modelle dürften zwischen 1750 und 1760 entstanden sein.
Aus der Reihe der übrigen Fayencen sei nur noch ein sehr interessantes Speiseservice von
italienischer Herkunft wegen seiner sorgfältigen Bemalung in Muffelfarben mit Gold
hervorgehoben. Es sind allerhand Teilet’, Schüsseln und Terrinen mit golden umrahmten
grünen sowie eisenrot eingefaßten goldenen Gitterfeldern; dawischen blühen bunte
Blumen. Dieser ornamentale Dekor umzieht bei den Schüsseln und Tellern den Rand,
bei den Terrinen die Wandung, und bemerkenswert ist, daß dieselben sowohl in Kolorit
wie den Motiven unleugbar stark von Wiener Porzellanen der Du Paquier-Periode mit
ihrer so effektvollen reichen Barockornamentik beeinflußt erscheinen. Die eisenrote Si-
gnatur „C. C. Pesaro“ auf dem unteren Rande einzelner Schüsseln und Teller besagt, daß
dieses Service aus der von Antonio Casali und Felippo Antonio Galigari um 1763 be-
gründeten Fayencefabrik zu Pesaro stammt, welche wohl als die erste in Italien die
Muffeltechnik zur Dekoration ihrer Produkte heranzog.

Abb. i5. Girandole aus Holitscher Fayence
 
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