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Die Kunstpraxis dagegen fußte ganz auf der Werkstatttradition.
Cennini belehrt uns, wie nicht blos das Handwerkliche, also Zube-
reitung der Bildfläche, Reibung der Farben, Auftrag des Goldes
u. s. w., sondern auch das, was schon dem künstlerischen Prozeß
angehört, z. B. Zeichnung des Haares, der Gewänder, Häuser, Bäume,
dann welche Farbenmischung für das Colorit der betreffenden Gegen-
stände zu machen sei, durch ganz'' bestimmte Vorschriften geregelt
war. Dafür setzte Cennini eine Lehrzeit von 12 Jahren an ^).
— Cennini's Traktat, bald nach 1400 geschrieben, war das Ver-
mächtniß der sterbenden giottesken Epoche; 1435 erschienen des
L. B. Alberti „Drei Bücher von der Malerei", das Programm gleich-
sam der neuen Kunstrichtung. — Der Gegensatz zu den Kunstprinzipien
des Trecento steht gleich mit völliger Klarheit vor uns: Der An-
schluß an die Formenbildung der Antike ist zu ersetzen durch die auf
intensivem Naturstudium beruhende Nachahmung der Naturformen;
an Stelle der Werkstatttradition in der Kunstpraxis soll eine unter
steter Controle des denkenden Geistes stehende Arbeitsführung treten.
Thoren nennt Alberti diejenigen, welche meinen, ohne das
hingebendste Studium der Natur, aus sich selbst heraus Formen
schaffen zu können, die den Stempel der Schönheit an sich tragen.
Auf allen Wegen hat unsere Beobachtung der Natur zu folgen;
sie darf aber nicht auf deren Oberfläche haften bleiben, sie muß
zum Kern^ jedes Natur-Organismus vordringen, von diesem heraus
denselben nachschaffen. Bei dieser Natnrnachahmung ist freilich
stets zu berücksichtigen, daß das Ziel der Kunst die Schönheit
ist; der Künstler soll daher zwar Alles der Natur entnehmen,
doch dabei die schönsten Dinge auswählen, und diese dann
im Kunstwerk als Theile zu einem Ganzen fügen. Damit wir
aber dabei nicht an einen trockenen Eklektizismus denken, erklärt
Alberti dies sofort: „Wer sich aber gewöhnt haben wird, in Allein,
was er thut, die Natur nachzuahmen, der wird seine Hand so geübt
machen, daß, was immer er thue, dies stets der Natur entnommen
scheinen wird Die gesammte Malerei und Bildnerei des
Quattrocento ist Zeugniß, wie sehr man dieser Forderung nachkam.
'Mit aller Liebe und Selbstentäußerung versenkte sich der bildende
Künstler der Frührenaissance in die einzelne bestimmte Form des
Die Kunstpraxis dagegen fußte ganz auf der Werkstatttradition.
Cennini belehrt uns, wie nicht blos das Handwerkliche, also Zube-
reitung der Bildfläche, Reibung der Farben, Auftrag des Goldes
u. s. w., sondern auch das, was schon dem künstlerischen Prozeß
angehört, z. B. Zeichnung des Haares, der Gewänder, Häuser, Bäume,
dann welche Farbenmischung für das Colorit der betreffenden Gegen-
stände zu machen sei, durch ganz'' bestimmte Vorschriften geregelt
war. Dafür setzte Cennini eine Lehrzeit von 12 Jahren an ^).
— Cennini's Traktat, bald nach 1400 geschrieben, war das Ver-
mächtniß der sterbenden giottesken Epoche; 1435 erschienen des
L. B. Alberti „Drei Bücher von der Malerei", das Programm gleich-
sam der neuen Kunstrichtung. — Der Gegensatz zu den Kunstprinzipien
des Trecento steht gleich mit völliger Klarheit vor uns: Der An-
schluß an die Formenbildung der Antike ist zu ersetzen durch die auf
intensivem Naturstudium beruhende Nachahmung der Naturformen;
an Stelle der Werkstatttradition in der Kunstpraxis soll eine unter
steter Controle des denkenden Geistes stehende Arbeitsführung treten.
Thoren nennt Alberti diejenigen, welche meinen, ohne das
hingebendste Studium der Natur, aus sich selbst heraus Formen
schaffen zu können, die den Stempel der Schönheit an sich tragen.
Auf allen Wegen hat unsere Beobachtung der Natur zu folgen;
sie darf aber nicht auf deren Oberfläche haften bleiben, sie muß
zum Kern^ jedes Natur-Organismus vordringen, von diesem heraus
denselben nachschaffen. Bei dieser Natnrnachahmung ist freilich
stets zu berücksichtigen, daß das Ziel der Kunst die Schönheit
ist; der Künstler soll daher zwar Alles der Natur entnehmen,
doch dabei die schönsten Dinge auswählen, und diese dann
im Kunstwerk als Theile zu einem Ganzen fügen. Damit wir
aber dabei nicht an einen trockenen Eklektizismus denken, erklärt
Alberti dies sofort: „Wer sich aber gewöhnt haben wird, in Allein,
was er thut, die Natur nachzuahmen, der wird seine Hand so geübt
machen, daß, was immer er thue, dies stets der Natur entnommen
scheinen wird Die gesammte Malerei und Bildnerei des
Quattrocento ist Zeugniß, wie sehr man dieser Forderung nachkam.
'Mit aller Liebe und Selbstentäußerung versenkte sich der bildende
Künstler der Frührenaissance in die einzelne bestimmte Form des