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Ueber die Anlage

Die Einrichtung in den west- und ostpreußischen Hausern, so wie
größtentheils auch in Lithauen, dort wo die Kultuv schon vorgedrungen
ist, ist übrigens im Wesentlichen dieselbe, wie in den Marken. Sie un-
terscheidet sich sehr von denen im Innern Deutschlands. Man kann an-
nehmen, daß sie fast überall bis an die Elbe reicht, und die Provinzen Preu-
ßen, Posen, das südliche Pommern und die Mark umsaßt, wahrend Schle-
sien nüt Sachsen dieselbe Bauarl; das gange nördliche Pommern aber
mit Mecklenburg und den nördlichen Theilen Niedersachsens und Westpha-
lens denselben Grundtypus in der Bauart und Einrichtung des Bauer-
hauses (so wie der Gehöste) tragt......

Sammtliche Hauser eines Bauerhoses in Preußen stnd in der Ne-
gel nur aus Holz gebaut. Nur in den Werdern fand ich bei reichen
Ackerwirthen ganz masstv von Backsteinen aufgebaute Häuser, oder mit
Wänden von Fachwerk und dann mit Backsteinen ausgemauert. Seit
uralter Zeit ist die gewöhnliche Art des Baues, daß die Wände durch
über einander gelegte und in den Ecken in einander gefügte Balken (Block-
bau) aufgeführt werden: eine Bauart, die in Deutschland links der Elbe
wohl eben nicht mehc vorkommen mö'chte, von hier an bis in den höchsten
Norden aber die gewöhnlichste ist. Sie ist, für ländliche Gebäude unge-
mein vortheilhaft.

Die so gebauten Häuser sind, wenn sie mit gehöriger Vorsicht ge-
baut wecden, ungemein dauerhaft und fest, der stärkste Orkan wirft sie
nicht über den Haufen, sie halten sehr warm, wärmer als selbst massivs
Gebäude, und sind, wo das Holz keinen Werth hat, auch wohlfeil. Allein
bei allmählig eintretendem Holzmangel verursachen sie auch wahre Holz-
verwüstungen und es haben daher von Zeit zu Zeit landesherrliche Ver-
ordnungen sie zu modisiciren oder gänzlich zu verbieten gesucht, allein meist
vergeblich; neuere Verordnungen haben daher jene Verbote wieder zurück-
genommen. Wo die Gebäude zu lang sind, oder man nur kurzes Holz
hat und sparsam sein will, nimmt man wohl auch alle 6 bis 12 Fuß
Ständer und fügt die über einanderliegenden Querbalken vder Q.uerhöl-
zer in sie hinem. Man nennt die eine Art dieses Baues durch ganz
Preußen Gehrsaß, die andere in Füllholz bauen. Meist werden je-
doch nur Scheunen und Ställe, auch Vrau- und Brennereien im Füll-
holz gebaut, nicht die Wohnungen, weil bei denselben diese Bauart nicht
fest genug ist und meist auch einen starken Lustzug verursacht, welches
letztere bei Vrauereien und Brennereien nicht nur nichts schadet, sondern
selbst vortheilhast sein möchte.

Die Kosten eines solchen Gebäudes sind bei den jetzigen Holzpreisen
(1837) in den meisten Gegenden nicht sehr groß; selbst in den Weichsel-
 
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