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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 14.1920(1922)

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Weingartner, Josef: Der Umbau des Brixner Domes im 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.27699#0085
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Josef Weingartner Der Umbau des Brixner Domes im XVIII. Jahrhundert.

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auch die freie, schwungvolle Wirkung, die den Altarkapellen und Fenstergruppen in
Innsbruck und Wüten eignet, nicht zu erreichen. (Abb. 31 und 32.) Der Aufriß der Seiten-
wände des Domes wirkt im Vergleich damit steif und unfrei. Wenn nun der Dom trotzdem
auf jeden Besucher einen erhebenden und imponierenden Eindruck macht, so verdankt er
das, abgesehen von der reichen Ausstattung, weniger der tektonischen Einzelgliederung,
die nach dem Gesagten unter der schwan-
kenden und unkonsequenten Haltung der
Baudeputation stark gelitten hat, als seiner
monumentalen Raumwirkung (Abb. 35
und 36). Auch Paul Troger sagte, als er
den erst im Rohbau vollendeten Dom das
erstemal betrat, daß ihm die Kirche wohl-
gefalle und daß er unter einem Gewölben
„noch khaine dergleichen grosse Kirchen
nit gesöchen habe“48). Das letztere mochte
vielleicht eine Täuschung sein, aber auch
so beweist sie den ungewöhnlichen Raum-
eindruck des Domes. Und diese starke
Wirkung, die besonders beim Gottesdienst
hervortritt, die ganze Gemeinde zu einem
einheitlichen Bilde zusammenschließt und
den Zeremonien im Chore einen prächtigen
Rahmen verleiht, ist dem Dome geblieben
und hat sich auch in Zeiten, wo sonst
jedes barocke Kunstdenkmal schon wegen
seines Stiles in die Gefahr allgemeiner
Geringschätzung geriet, in der öffentlichen
Meinung und allgemeinen Empfindung
vollauf zu behaupten gewußt.

Dem Leser wird vielleicht aufgefallen
sein, daß bisher trotz der Besprechung so
vieler Planänderungen vom Äußeren des
Domes kaum die Rede ging. Tatsächlich
spielte es auch bei all den Verhandlungen
eine sehr untergeordnete Rolle. Es bestand
wohl von Anfang an die Absicht, das Außere einfach mit einer gemalten Dekoration zu
versehen und so wurde es architektonisch durchaus nur das nackte und nüchterne Ergebnis
des inneren Aufrisses (Abb. 37). Eine größere Sorgfalt wendete man nur der Fassade mit
ihren Doppeltürmen zu. Schon beim ersten Restaurierungsplan war eine neue Fassade vor-
gesehen und der gänzliche Umbau des Domes forderte dann dasselbe nur um so dringender.
Aus den Aufzeichnungen Peissers ergibt sich, daß man aber über die tatsächliche Aus-
führung jahrelang herumstritt, um schließlich doch zu keinem Resultate zu gelangen.
Auch Penz und Tangl versuchten vergebens, das Zaudern und Zweifeln der Deputation

«) Ebenda II, S. 181.

Jahrbuch des kunsthist. Instituts des österreichischen Staatsdenkmalamtes iq?o. j j

Abb. 31 Innsbruck, Pfarrkirche.
 
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