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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 14.1920(1922)

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Zweig, Marianne: Das Harrachsche Gartengebäude in der Ungargasse
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https://doi.org/10.11588/diglit.27699#0174
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Marianne Zweig Das Harrachsche Gartengebäude in der Ungargasse.

nicht verkennen. Der auf dem Aufriß skizzierte An-
bau erscheint als schlichtes Wohnhaus weit weniger
zu Repräsentationszwecken geeignet als das ältere
Haus. Ein Mittelrisalit ist angedeutet und wird
durch den darauf gesetzten dreieckigen Giebel
stärker betont. Auf einer zweiten Zeichnung Klei-
ners (Abb. 5), den Anbau darstellend, ist dieser
Risalit durch vier für Hildebrandts Formensprache
so sehr charakteristischen sich hermenartig ver-
jüngenden Pilaster geziert. Diese tragen an ihren
breitesten Stellen die von dem Meister mit Vorliebe
verwendeten teigartigen Scheiben.

Der stark geschwungene Giebel, an dem Figuren
lehnen, zeigt das Wappen der Harrach und läuft in
einen gotisierenden Spitzbogen aus, wie solche sonst
meist erst aus theresianischer Zeit bekannt sind.
Dem Aufriß gegenüber sind verschiedene Verände-
rungen zu bemerken, die wohl ebensogut auf einen
in den Details modifizierten Bauplan als auf Un-
genauigkeiten Kleiners zurückzuführen sein mögen.
Ein von Corvinus nach einer Zeichnung Kleiners
gestochenes Blatt (Abb. 6) aus des Meisters vierter
Folge von Wiener Stadtansichten führt den älteren
Teil des Harrachschen Gartengebäudes, von der
Straße aus gesehen, vor. Vornehm in seinen Dimen-
sionen, bildet er für sich allein ein vollendetes
Ganzes. Die Frage drängt sich nun auf, ob der
Anbau damals überhaupt schon bestanden oder ob
Kleiner vielleicht einer gefälligeren Bildwirkung

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zulieb auf dessen Darstellung verzichtet habe. In
ersterem Fall wäre der Stich, der laut Aufschrift
frühestens 1735 entstanden sein kann, die erste be-
kannte Aufnahme des Palastes. Die Zeichnungen und
somit der Anbau wären nach diesem Zeitpunkt zu
datieren. Auf Kleiners Stich springen die vom Grundriß
her bekannten Flügel gegen die Ungargasse weit vor.
Einer derselben enthält eine heute noch bestehende
Kapelle, die 1735 vom Kardinal Grafen Kollonitz22)
zu Ehren des heiligen Januarius, dem Schutzpatron
Neapels, geweiht worden war. Den Eintritt in den
geräumigen Hof gewährt ein Tor in reichbewegten

Formen, das, mit Voluten und Figuren geschmückt
an das Straßentor des unteren Belvederes erinnert.

Die Harrachschen Gartenanlagen lernt man
aus weiteren acht Handzeichnungen von Salomon
Kleiner kennen23). Diese gleich den anderen früher
besprochenen sind in Format und Ausführung den
weitverbreiteten Kleinerschen Prospekten von Wien
so ähnlich, daß sie als Vorarbeiten zu wohl inten-
dierten, aber nicht ausgeführten Stichen zu be-
zeichnen sind. Man erblickt parallel zueinander, durch
eine hohe geschnittene Hecke getrennt, zwei Gärten.

22) Akt über die Einweihung vom November 1735, Ab-
schrift davon in den Akten des k. u. k. Obersthofmeister-
amtes. Staatsarchiv Wien.

23) Diese Zeichnungen sind teils im Besitz der Hof-
bibliothek, teils in dem der Harrachschen Gemäldegalerie.
 
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