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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 14.1920(1922)

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Zweig, Marianne: Das Harrachsche Gartengebäude in der Ungargasse
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https://doi.org/10.11588/diglit.27699#0176
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19

Marianne Zweig Das Harrachsche Gartengebäude in der Ungargasse.

20

und Landesobersten in Niederösterreich27). Dieser
hatte Österreich als kaiserlicher Gesandter bei den
Generalstaaten von Holland vertreten. Er verläßt
Wien fünf Jahre, nachdem er den Gartenpalast ge-
erbt hat, und geht als Gouverneur nach Mailand.
Seine kurze, nur dreijährige Tätigkeit daselbst scheint
sehr segensreich gewesen zu sein, denn sie veranlaßte
Kaiser Josef II. noch viele Jahre später dem Grafen
gegenüber zu dem Ausspruch: Ihr Andenken ist in
ganz Italien veneration28). Trotz wiederholter Un-
stimmigkeiten mit dem Kaiser, von denen auchKheven-
hüller zu berichten weiß29), wurde Ferdinand Bona-
ventura zum Staats- und Konferenzminister und

des Barock hervorzuzaubern vermochte. Ob nun
der neue Besitzer Interesse an einer weiteren Aus-
gestaltung des Palastes im Innern gehabt hat, ist
nicht bekannt, im Äußern ist gegenüber den Kleiner-
schen Blättern auf der Szenographie von Huber31),
die so anschaulich das Theresianisch-Josephinische
Wien vergegenwärtigt, keine wesentliche Veränderung
zu bemerken (Abb. 10). Doch sieht man hier zum
erstenmal die Straßenfront des Harrachschen Palastes
in ihrer vollen Ausdehnung. Kleiner hatte, wie schon
erwähnt, nur dessen älteren Teil abgebildet. Zwischen
den beiden Gärten ist die frühere Trennungsmauer
gefallen. Trotzdem ist eine Einheitlichkeit der An-

Abb. 8 Treillagegänge.

schließlich zum Präsidenten des Reichshofrates er-
nannt.In einer Erbsteuerkonsignation vomjahre 174530)
zählt der Graf gewissenhaft alle Gründe, Gebäude
und Einrichtungen seines Besitzes in der Ungargasse
auf, vergißt aber nicht zu erwähnen, daß alle diese
Herrlichkeiten „bestehen ohne den geringsten Nutzen
abzuwerfen*, vielmehr, daß sie „ein grünes Volup-
turium“ darstellen. Und wahrlich als ein solches muß
dieses Haus erscheinen, geschaffen unter Hildebrandts
Leitung und geschmückt mit allem, was die Kunst

27) Nikolai Gewährbuch V. S. 92. Archiv der Stadt
Wien.

J8) (L. A. Frankl), Sonntagsblätter 1842 S. 328.

29) Tagebücher des Fürsten Johann Josef Khevenhüller-
Metsch, herausgegeben von Rud. Graf Khevenhüller und
H. Schiitter.

30) Harrachsches Familienarchiv in Wien.

läge nicht erzielt worden. Dem vornehmeren Ge-
bäudeteil entspricht ein sich starrer an französische
Vorbilder haltender Garten, in dem sich Parterre,
Bosquetteräume und Laubgänge wiederfinden. Neu
sind nur einige figurale Plastiken, die sich deutlich
von den Baumwänden abheben, und ein stock-
hohes Lusthaus dicht an der Gartenmauer. Doch
trägt auch dieses, wie die ganze Anlage, unver-
kennbar das Gepräge der ersten Dezennien des
18. Jhs. Hier hat sich, wie auch in den anderen
Wiener Gärten, in der Auffassung der Natur seit
dieser Periode nichts geändert. In Frankreich und
England war schon um die Mitte des Jahrhunderts
die Sehnsucht nach Fessellosigkeit und Freiheit,
nach Rückkehr zur Natur in künstlerischer Be-
ziehung nirgends stärker zum Ausdruck gekommen

31) Daniel Huber, Szenographie von Wien 1769 — 1773-
 
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