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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 4.1886

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I. Theil: Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Cameen und Modelle des XVI. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.5533#0045
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Cameen und Modelle des XVI. Jahrhunderts. o 7

Dagegen beherrscht unser Meister in technischer Hinsicht den harten Stein mit ausserordentlicher
Leichtigkeit, er arbeitet so tief, dass einzelne Theile vollrund heraustreten; Minutien, wie die Gesichtszüge
und Haare, die Baumblätter, die kleinsten Fältchen des Gewandes, den Schmuck, weiss er mit sicherem
Schnitte und mit ergötzlicher Vollendung hinzustellen, die in geradem Gegensatze zur Kunst des deutschen
Meisters steht, der die Vertreibung aus dem Paradiese arbeitete.

Alle diese Merkmale lassen in dem Autor unseres Camees einen Vertreter jener Richtung erkennen,
welche gegen Ende des XVI. Jahrhunderts die hervorragenden Leistungen älterer Meister durch ein für
Fortschritt gehaltenes keckes Hinausgreifen über die Grenzen ihres Gebietes und durch technische Virtuosität
zu überbieten suchte. Im gewissen Sinne ist unser Meister der richtige Zeitgenosse Sprangers, obgleich
dieser künstlerisch viel höher stehen mag als Ersterer. Noch mehr als die Malerei im grossen Stile war
ja die Kunst im Edelstein zu schneiden jener verhängnissvollen Wandlung preisgegeben, da sie weit inniger
mit dem Kunsthandwerk verknüpft blieb als diese und da seit langer Zeit die Bestellungen der Fürsten,
von deren Gunst sie lebte, vielmehr technische Kunststücke, wie Prachtgefässe, Kästchen, Geräthe, von ihr
verlangte als freie Kunstwerke; sie erhielt dadurch schon sehr frühzeitig die Richtung auf die technische
Bravour. Den Meister unseres Camees kennen wir nicht, er wird wohl unter den jüngeren Edelstein-
schneidern vom Hofe Rudolf II. (siehe oben S. 21, Note 3) oder doch unter ihren Zeitgenossen in Italien
zu suchen sein.

Rückseite der Fassung des Camees,
Taf. III, 1, Seite 12.
 
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