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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 4.1886

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I. Theil: Abhandlungen
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Boeheim, Wendelin: Über einige Jagdwaffen und Jagdgeräthe, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5533#0080
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Ueber einige Jagdwaffen und Jagdgerätbe.

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Auf der Unterseite ist der Schaft mit trefflich erfundenen Ornamenten im Relief in der Art des Cor-
nelis Floris geziert. Zunächst der Abzugsvorrichtung ist der Sturz des Phaeton, unterhalb: Neptun und die
in Weiden verwandelten Schwestern dargestellt; daran schliesst sich das erzherzogliche Wappenschild, von
einem Löwen und einem Drachen gehalten. Das Wappen enthält in der Viertheilung die gewechselten
Schilde von Altungarn und Böhmen, belegt von dem spanisch-österreichischen Wappen mit Habsburg und
Tirol im Herzschilde. Tafel VIII.

Die künstlerische Ausstattung lässt sowohl in den figuralen Compositionen als in den ornamentalen
Partien den Einfluss der niederländischen Schule erkennen. Erstere zeigen viele Bewegung, aber nur wenig
Grazie, ebenso sind in der scenischen Darstellung, sowie in der Wahl der Attribute der Göttergestalten
gegen ähnliche Bildwerke in Italien und Deutschland Unterschiede merkbar.

Das Jagdgewehr stammt aus dem Besitze des Erzherzogs Ferdinand von Tirol; das Inventar von
1 596 bezeichnet es wie folgt:

» Mer ain Pürstpixen das Ror von Gold vnd Silber eingeschlagen mit sambt seinem Fewrschloss, der
Schaft ist von lauter Helfenpain vnd mit erhebten Fügurn darauf die Planeten sambt den himlischen
Zeichen gemacht sind.«

Das Wappen ist nicht in der heraldischen Zusammenstellung der Grafschaft Tirol und der Vorlande
sondern jener der königlichenChurBöhmen, was zu derVermuthung führt, dass das Gewehr nicht als directe
Erwerbung, sondern, und zwar etwa um i58o, als Geschenk in den Besitz des Erzherzogs gekommen ist.

Pürschbüchse mit Pulverflasche und Spanner,
von David Altenstetter in Augsburg.

Der 86 Ctm. lange, mit acht halbrunden Zügen ausgestattete Lauf von 15 Mm. Bohrungsdiameter ist
zunächst der Schwanzschraube mit sehr geschmackvoll componirten Verzierungen ausgestattet, die in Eisen
geschnitten, auf Goldgrund gelegt erscheinen; im Mittelfelde des Ornaments ist Minerva dargestellt. Die
gleiche künstlerische Ausstattung zeigt das überaus zierliche Radschloss, auf dessen Platte kämpfende
Tritonen ersichtlich sind. Der gerade deutsche Schaft aus Holz ist mit meist abgerundeten Silberplättchen
belegt, die von schmalen vergoldeten Silberrahmen eingefasst sind. Jedes dieser einzelnen Silberplättchen
ist mit ungemein zarten und feinen Ornamenten in translucidem Email geziert, die sich nirgends wieder-
holen und ebensosehr durch die Fülle der Phantasie und das feine künstlerische Gefühl, als durch den
Zauber und Schmelz der Farben ansprechen. An der Anschlagseite ist die Gestalt der Victoria zwischen
Trophäen dargestellt, zu deren Füssen türkische Gefangene auf den Knieen liegen. Am Vorderschafte
findet sich auf einem Plättchen unterhalb eines mit Früchten gefüllten Körbchens das Monogramm des
Emailisten: D-A-F.1 Bei dem Gewehre befindet sich noch der Radschlossspanner, welcher in gleich vor-
züglicher Eisenschnittarbeit ausgeführt ist.

Die Pulverflasche besitzt auf ihren breiten Hauptflächen gleichfalls emaillirte Silberplatten, und zwar
die grössten, welche in der Garnitur vorkommen. Auf der einen Seite zwischen Arabesken ist Aktaeon,
auf der andern Diana dargestellt. Die Randflächen bestehen ebenso wie am Gewehre aus vergoldetem
Silberblech, auf welchem silberne, gleich trefflich erfundene Reliefs aufgelegt sind. Tafel IX.

Das auf dem Gewehre dargestellte Monogramm ist das des Augsburger Künstlers David Altenstetter
oder Attemstetter, von welchem einige Emailwerke von hervorragendem Kunstwerthe bekannt und noch

vorhanden sind.

Paul von Stetten d. J., welcher in seiner Kunst-, Gewerbs- und Handwerksgeschichte der Stadt
Augsburg zuerst dieses überaus geschickten Meisters erwähnt, sagt, er sei ohne Zweifel ein Sohn des
Andreas Athemstett (geboren i527, gestorben 22. October i59a) gewesen, jenes berühmten Gold-
schmiedes und Wachsbossirers, dem die kunstsinnige Nachwelt die Grabschrift setzte, in der es heisst:
»Plastes, auri et argenti caelator in orbe et urbe nulli secundus.«^

1 Dasselbe ist als Vignette am Schlüsse in getreuer Zeichnung in Originalgrösse wiedergegeben.

2 Prasch, Epitaphia Augustana.
 
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