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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 7.1888

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I. Theil: Abhandlungen
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Laschitzer, Simon: Die Genealogie des Kaisers Maximilian I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5397#0008
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Simon Laschitzer.

Wenn wir das von dem kaiserlichen Geheimschreiber Marx Treitzsaurwein überlieferte, aus dem
Jahre i5i2 stammende Programm der Bücher1 betrachten, welche Maximilian I. selbst machen wollte,
so müssen wir uns über die Grossartigkeit und Vielseitigkeit des Planes seiner literarischen Arbeiten billig
verwundern. Es ist Staunenswerth, für welch heterogene Stoffe und Studien des Kaisers reger und rastloser
Geist sich interessirte. Neben Büchern, welche sich mit den praktischen Dingen des täglichen Lebens
beschäftigen, wie mit Hauswirthschaft und Jagd, finden sich auch rein theoretisch-philosophische, wie über
Moralität und Andacht. Einen ganz hervorragenden Platz unter ihnen nehmen aber die geschichtlichen Werke
ein. Zwei Gruppen sind da zunächst zu unterscheiden. In erster Reihe stehen jene, welche uns genaue und
ausführliche Kunde von seinem eigenen Leben und Wirken bringen, die das Gedächtniss an ihn selbst, an
sein Leben und seine eigenen Thaten in uns wach erhalten sollten: der Freydal, der Theuerdank, der
Weisskunig und der Triumpf, letzterer bestehend aus dem Triumpfzug, dem Triumpfwagen und der
Ehrenpforte. Sie liegen uns zum allergrössten Theile wirklich vollendet vor. An den meisten von ihnen
überwiegt aber mehr das künstlerische als das historische Interesse. In zweiter Reihe stehen dann jene Werke,
welche die Geschichte seines Stammes und Geschlechtes aus dem Dunkel der Vergessenheit emporheben
und der Nachwelt überliefern sollten: der Stamm und die Stammchronik. Selbst die Legende seines
speciellen Schutzpatrones, des heiligen Georg, wollte er in einem besonderen Buche darstellen.

Ueber die Absichten des Kaisers bezüglich dieser beiden gleich ursprünglich in sein Programm auf-
genommenen Gruppen historischer Werke und über den Einfluss, welchen er auf ihre Anlage, Entstehung
und Ausführung genommen hat, kann, wie wir noch ausführlicher sehen werden, ein Zweifel nicht bestehen.
Etwas minder klar liegen die Dinge in Betreff einer dritten Gruppe von Geschichtswerken, welche zwar in
dem genannten Programme fehlen,2 aber doch sonst mit ihm in sicheren Zusammenhang zu bringen sind.
Eine ganz unzweideutige Aufklärung durch directe Nachrichten erhalten wir über sie nicht, doch sind uns
so viele indirecte Anhaltspunkte überliefert, dass wir auch in dieser Hinsicht die Pläne des Kaisers und die
Art ihrer Ausführung ziemlich sicher erkennen können. Der Kaiser scheint nur ganz allgemein den Stoff

1 Codex der k. k. Hofbibliothek in Wien Nr. 2835, Fol. 39': »Vermerckt die puecher, die kaiser Maximilian selbst macht:
Grab — erenporten — Weysskunig — Teurdannckh — Freydannck — tryumpfwagen — stam cronick — der stam — artalerey
— die siben lust gezirck — wapenpuech — stalpuech — platnerey — jegerey — valknerey — kücherey — vischerey —
gartnerey — pawmaisterey — moralitet — andacht — sant Jorgen.« Die drei letzten Titel sind vom Kaiser mit eigener Hand
hinzugefügt. Das Programm ist somit vollständig authentisch. Der Codex beginnt Fol. I mit folgenden Worten: »Was in disem
puech geschriben ist, das hat kaiser Maximilian im XV<> und XII jar mir Marxen Treytzsaurwein seiner kay. Mt. secretary
müntlichen angeben.« Auch der Schluss auf Fol. 41 besagt dasselbe: »Dises alles hat kaiser Maximilian mir Marxen Treytz-
saurwein im XVC und XII jar zu schreiben müntlichen angeben.« Gelegentlich bemerke ich, dass der Codex der k. k. Hof-
bibliothek in Wien, Nr. 8237, nur eine Copie dieses für die literarischen und künstlerischen Arbeiten des Kaisers Maximilian I.
äusserst wichtigen Autographs ist. Dasselbe Programm wie diese beiden Codices, nur mit Weglassung der drei letzten Bücher
und Hinzufügungeines Buches über »Kellere? c, ist ferner in des »Kaisers Maximilians Gedennckpuechel« Fol. 2, in welches
Marx Treytzsaurwein in den Jahren 1509, 1510, 1512 und 1513 die mündlichen Befehle des Kaisers eingeschrieben hatte,
enthalten: Codex der k. k. Hofbibliothek in Wien Nr. 2900, gedruckt bei Chmel, Die Handschriften der k. k. Hofbibliothek in
Wien, Band II (Wien 1841), p. 458. Der Codex repräsentirt jedoch meines Erachtens nicht die ursprünglichen Aufzeichnungen,
sondern ist eine auf Grund dieser angelegte Reinschrift. Endlich findet sich auch in dem zwischen den Jahren 1508 und 1515
gebrauchten Gedenkbuche des Kaisers, Codex der k. k. Ambraser-Sammlung, Fol. 126 und 127, ein Bücherprogramm einge-
tragen. Es dürfte wohl später als die obigen redigirt worden sein. Einerseits erscheint es gegen jene bedeutend erweitert,
andererseits aber auch theilweise restringirt. So fehlen in ihm folgende sieben Bücher: stam, platnerey, gartnerey, pawmaisterey,
moralitet, andacht und Sant Jorgen; hinzugefügt sind hingegen folgende achtzehn: testament, kunig Wundrer, kellerpuech,
puelerpuech, haushallterey puech, musikapuech, newpettpuech, das puech der xxiiii glauben, das haspelpuech, swartzkunnst-
puech, zauberpuech, der kaiserpuech, Österreichpuech, heiligen kallennder, gestächpuech, der fürstenpuech, phabenspiegel, der
newen kunstpuech. (Vergl. Hormayr, Taschenbuch, IV. Jahrgang, Wien 1823, p. 123-124 und Jahrbuch, V, Regest Nr. 4023,
p. XIX.) Von einigen anderen Büchern, welche der Kaiser ausserdem noch machen zu lassen im Sinne hatte, finden sich Auf-
zeichnungen in den Gedenkbüchern, so in dem vom Jahre 1502: Andacht sant Jörgen bruderschaft: item kunig sol zu obgemelter
pruderschaft ain aigen puch machen lassen. — Item ain puch zu machen, wie ein fürst die stet in den niderösterreichischen
lannden regieren sol. — Item desgleichen ain puch in den oberösterreichischen lannden zu machen. (Hormayr, Taschenbuch,
VIII. Jahrgang, Wien 1827, p. 188 und 200.) Im Gedenkbuche von circa 1506—1508: Item das puech des reichs stende zu
machen. — Item kn. Mt. soll das erenpuch machen, wann sein Mt. die gülden wull reformirt hat. (Hormayr, Taschenbuch,
V. Jahrgang, Wien 1824, p. 63 und 67, auch Jahrbuch, V, Regest Nr. 4021, p. XVII.)

2 In den Aufzeichnungen des Gedenkbuches von circa 1508 — 1515 werden sie hingegen zum Theile genannt. Ich werde
auf sie später noch hinweisen.
 
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