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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 7.1888

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II. Theil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
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Artistisches Quellenmaterial aus der gräfl. Thun-Hohenstein'schen Fideicommiss-Bibliothek in Tetschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5397#0272
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II

Gräfl. Thun-Hohenstein'sche Fideicommiss-Bibliothek.

setzten Wappen und Aufschriften. Von Künstlerhand
herrührend sind die Abbildungen auf fol. y , ß2 und jj5.
Auf Blatt $5' ist die Abbildung eines Trossbuben auf-
geklebt. Die folgenden Abbildungen, mit Ausnahme des
Harnisches auf fol. 5o, des Blechkragens auf fol. 5ß und
des Harnisches auf fol. in, sind zu-
meist von stümperhafter Ausführung.
Auf fol. in' und 112 ist die hier unter
Reg. Nr. 458ß mitgetheilte Abbildung
eines Rossgeliegers und auf fol. 112'
die Abbildung einer Rossparsche auf-
geklebt; auf letzterer ist ein gekrönter
Namenstag in ornamentaler Verwer-
thung wiederholt angebracht. —■ Der
Form nach gehören die in diesem Har-
nischbuche dargestellten Objecte dem ganzen XVI. Jahr-
hundert an. Die Anlage dieses Sammelbandes dürfte von
einem Augsburger Plattner aus der Mitte des XVI.
Jahrhunderts herrühren.

Nur der kleinere Theil der in den beiden Harnisch-
büchern enthaltenen Abbildungen veranschaulicht gan^e

Harnischfiguren, den grösseren Theil bilden die Abbil-
dungen derqu diesen gehörendenWechselstücke oder ^er-
legter Harnische, sowie Rossgelieger, Parschen, Kape-
ra^ionen etc. So wenig interessant diese Abbildungen von
Harnischbestandtheilen in künstlerischer Beziehung sind,
so lehrreich erweisen sich dieselben für die genaue Kennt-
nissdes Harnischwesens; ihre eingehende Würdigung liegt
aber ausserhalb des Rahmens dieser Quellenpublication.
Es dürfte umsomehr genügen, hier blos darauf auf-
merksam gemacht haben, weil erwarten steht,
dass dieser Theil des Inhalts der beiden Harnischbücher
durch Herrn Custos W. Boeheim im Katalog über die
Waffensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses eine
erschöpfende Verwerthungfinden wird.

Ueber die früheren Eigenthümer dieser beiden Har-
nischbücher sind keine authentischen Nachrichten vor-
handen; allein sowohlderlnhalt, als die auf beiden Büchern
von gleicher Hand vorfindliche Zuschreibung: » Oberst-
stallmeisterei«. weisen darauf hin, dass ihr einstiger Be-
sitzer ein Mitglied des Allerdurchlauchtigsten Er^hauses
gewesen sei.

4578-4581 i5i6-i5iq.

Vier Entwürfe ^ur Genealogie des Kaisers Maxi-
milian I. Aquarellirte Federzeichnungen, mit Gold und
Silber gehöht. Originalgrösse.

Kaiser Maximilian I. Blanker Harnisch licht blau-
grau, mit Silber gehöht. Mantel gelb, schwär^ gemustert,
mit weisser, gelb ornamentirter Bordüre und violettem
Futter. Krone, Scepter, Mantelschliesse und Schwertgriff
gelb untermalt und mit Gold gehöht; Edelsteine daran
roth und grün. Der Thron gelb angelegt und mit Gold
gehöht, der Rücklaken grün. Cod. LXVIII. 6, fol. 1.

Philipp I, Königvon Castilien. Harnisch licht blau-
grau, mit Silber gehöht. Rockel carmoisinroth. Krone,
Scepter, Gürtel und Säbel gelb, mit Gold gehöht; Edel-
steine blau und roth. Cod. LXVIII. 6, fol. 4.

Carll., Königvon Span ien (als römischer Kaiser V.).
Harnisch licht blaugrau, mit Silber gehöht. Rock schwär^
mit gelben Streifen, letztere mit Gold gehöht. Mantel
über Goldgrund schwär^ ornamentirt. Krone, Scepter
und Schwert über Gelb theilweise mit Gold angelegt;
Edelsteine roth und blau. Thron gelb mit Gold gehöhl
und violettem Rücklaken. Cod. LXVIII. 6, fol. 2.

Ludwig IL, Königvon Ungarn. Violetter ungari-
scher Rock, daran Brust und Randbesat^ gelb, mit Gold
gehöht. Mantel gelber Grund, schwär^ ornamentirt und
mit Gold gehöht, brauner Pelzkragen und grünes Futter.
Krone, Scepter, Säbelgriff, Mantelschliesse und Gürtel
gelb, mit Gold gehöht; Edelsteine roth. Hose und Schuhe
roth. Sitzlaken roth und gelb gestreift. Cod. LXVIII.
6, fol. 3.

So sehr diese vier colorirten Federzeichnungen in der Com-
position und Technik mit dem Holzschnittwerke »Die Genealogie
Kaisers Maximilian 7.« übereinstimmen und dadurch zu dem Schlüsse
berechtigen könnten, dass uns in denselben die Originalskizzen von
der Hand Hans Burgkmayrs d. Ae. vorliegen, so sprechen doch wie-
der andere gewichtige artistische Gründe dafür, dieselben für gleich-
zeitige Copien einer andern geschickten Hand zu halten. Im letzteren
Falle steht es aber ausser Zweifel, dass diese Copien von jenen Ori-
ginalen abgenommen wurden, welche von Hans Burgkmayr für die
unmittelbare Uebertragung auf die Holzstöcke berechnet, daher im
Gegensinne gezeichnet waren. Dass von den Originalentwürfen für
diesen Theil der Genealogie Copien zur Versendung behufs Appro-

bationfür den Kaiser und seine gelehrten Gehilfen angefertigt worden
sein mochten, kann nach Analogie bei der Herstellung der übrigen
Werke Maximilian I. nicht befremden.

Für alle Fälle liefern diese in einem Harnischbuche aufge-
fundenen vier Entwürfe denBeweis dafür, dass der Kaiser, wenn auch
nur vorübergehend, die Absicht hatte, die Genealogie seines Hauses
auch in absteigender Linie, und zwar in der gleichen artistischen Aus-
führung wie jene der aufsteigenden Linie herstellen zu lassen.

Dass diese Entwürfe für des Kaisers Genealogie in abstei-
gender Linie nicht gleichzeitig mit dem bereits im Jahre i5i2 fertig
gestellten Holzschnittwerke {siehe Frey dal, X.f, sondern erst nachträg-
lich, und zwar nicht vor dem Jahrei516 und nicht nach dem 28. Juni
i5ig angefertigt wurden, dafür spricht der Blason des Wappens
Königs Karl I. von Spanien.

Holzschnitte von den Entwürfen Reg. 45 jq—4581 haben sich
bislang nicht vorgefunden.

4582 r5oo—i5ro.

Er^her^og Maximilian im lichten Feldharnisch
auf gan^ geliefertem Streithengste. Federzeichnung mit
Tinte, leicht aquarellirt; die Eisentheile mit Silber, die
Messingornamentirung mit Gold gehöht. Das Haupt be-
deckt eine mit Plüsch oder Rauchwerk überzogene,
vergatterte Schallern mit weissem Reiherbusch; das Feld-
bartel ist mit rothem Stoffe überwogen. Die Rossstirne
schmücken drei Pfaufedern. Cod. LXVIII. 6, fol. ig,
Originalgrösse.

Dass diese Zeichnung kein gleichzeitiger Original-Entwurf,
sondern eine von geübter Hand ausgeführte flüchtige Copie aus dem
ersten Viertel des XVI. Jahrhunderts ist, darüber kann umsoweniger
ein Zweifel obwalten, weil dieser Codex noch eine grosse Zahl von
Zeichnungen, namentlich von Harnischbestandtheilen enthält, welche
augenscheinlich derselben Zeit und Hand entstammen. Erfreulicher'
weise sind zwei Oelbilder auf Leinwand (Gemäldesammlung des Allerh.
Kaiserhauses, Manip. Nr. 34g und j5o) aus dem Anfange des XVI.
Jahrhunderts erhalten, welche den Beweis liefern, dass uns in der
flüchtigen Federzeichnung die Copie eines uns nicht bekannten Ori-
ginalbildnisses des Erzherzogs Maximilian vorliegt.

Leider sind diese beiden Oelbilder stark nachgedunkelt und
theilweise abgerieben, aber auch in diesem Zustande dienen dieselben
immer noch überzeugender als Beweismaterial für unsere Annahme
als die umständlichste Beschreibung, und darum bringen wir sie in
phototypischer Wiedergabe (s. pag. IV und V). Die Aufschrift des
ersten Bildes lautet: In selicher furm ritt ein der durchleichtict hoch-
geboren first Maximilian von gotes genaden cc. erezherezog zu esten-
reich, zu purgund, zu prafand cc. in die stat liczelburg, am sant
michels tag 12g. September) im 1480 jar. Die Aufschrift auf dem
Zweiten Bilde besagt: In sellicher mas berit der beschaiden juncker
Albrecht meines gnädigen herrn herzog Maximilians harnaschmaister
das pfertt in der statt nama (Namurj, am mitwoch nach vnser lieben
frawen tag ir geburtt (13. Septemberj im 1480 jar.
 
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