VIII
Kaiserliche Gallerie und Kunstkammer.
sareae et regiae catholicae maiestatis nostri gloriosis-
sime regnantis monarchae Caroli VI. metropoli et resi-
dentia Viennae recondita artificiorum et pretiositatum
decora, praeeipuecopiosissima, quaeibidemasservantur,
tabularum, picturarum, statuarum, imaginum aliorum-
que ab artificum prineipibus elaboratorum operum mi-
racula fideliter et absque defectu aeri sunt incisa et an-
nexa brevi introduetione moecenatum utilitati et volup-
tati editaa Francisco de Stampart et Antonio de Brenner,
caesareae camerae pictoribus anno dominiMDCCXXXV,
Viennae Austriae typis Joannis Petri van Ghelen, sa-
crae caesareae regiaeque catholicae maiestatis aulae
typographi.
In diesem Titel finden wir also ebenso wie in der
darauffolgenden Vorrede den Hinweis auf ein grösseres
Werk, Theatrum genannt, welches in der kaiserlichen
Gallerie und Kunstkammer in der Stallburg zu Wien
aufgestellte Kunstwerke und Kostbarkeiten in Kupfer-
stichen ^u reproduciren bestimmt war. Der erste Theil
dieses grösseren Kupferwerkes war bereits 1728 unter
dem Titel: Theatrum artis pictoriae, quo tabulae de-
pictae, quae in caesarea Vindobonensi pinacotheca ser-
vantur, leviore caelatura aeri insculptae exhibentur ab
Antonio Iosepho de Prenner, Pars I, Viennae Austriae
anno MDCCXXVJII, erschienen. Aus der diesem letz-
teren Werke vorangehenden Widmung an den Kaiser
ergibt sich, dass unter der Direction des wohl ad hoc be-
rufenen Gundaker Graf Althann eine Neuordnung der
Bildersammlung vorgenommen worden war, und dass
Prenner mit Allerhöchster Erlaubniss daran ging, eine
Auswahl der Gemälde durch den Kupferdruck %ii ver-
öffentlichen.' Der erste Theil enthält ausservier Blättern,
welche das Aufstellungslocal, dessen Einrichtung und
Ausschmückung veranschaulichen sollen, — Blätter, wel-
che auch in den Prodromus aufgenommen wurden und
noch näher erörtern sein werden, — 36 Blätter mit
Reproductionen von Gemälden; auf ihn folgten dann
noch drei weitere Theile mit den Jahreszahlen iJ2g,
ijji und 1733, deren jeder auf je 40 Kleinfolioblättern
kaiserliche Gemälde in den verschiedenen Techniken des
Kupferdruckes reproducirt.2
Mit Rücksicht auf das spätere Erscheinen des Pro-
dromus, welches erst im Jahre iy^5 erfolgte, liegt also
1 Material est; des Werkes) sunt effigies, rivus tenuis ex
augusto tuo picturarum sacrario velut ex oceano desumptae. . . .
His pictorum miraculis seu tacitae, ut Tullius inquit, historiae ele-
gantem illum, quem videmus, ordinem dedit Gundaccarus comes ab
AUhann, quem maximo aediiitio muneri sapientissime praefecisti;
idem tarnen ut posset atque in seriem ac quasi pompam, quam in
amplissimo ac splendidissimo illo ambulacro hodie obtinent. dirigeret,
mihi vero ut dclectastot heroum effigies scalpro reddere lice-
ret, tibi augusto scientiarum patri mundus litcratus debebit.
2 Darnach corrigirt sich von selbst die in neuester Zeit auf-
getauchte irrige Angabe, dass dieses Werk in ;n>ei Bänden er-
schienen seir ebenso wie die ohne weitere Angabe von Gründen auf-
gestellte Behauptung, dass der Prodromus alle Gemälde der in
der Stallburg aufgestellten kaiserlichen Gallerie und Kunstkammer
enthalte. Denn, wie wir noch feigen werden, bietet der Prodromus
keine anderen Gemäldereproductionen als solche, welche in das
Theatrüm aufgenommen wurden oder doch in die späteren nicht er-
schienenen theile des Letzteren aufgenommen werden sollten. Diese
waren aber nur delectae tot heroum effigies, rivus tenuis
velut ex oceano desumptae, also eine Auswahl, gleichsam nur
ein Bächlein aus dem grossen Ocean der kaiserlichen Gemälde-
sammlung, ein Ausdruck, der wohl nicht am Platte wäre, wenn alle
Gemälde der kaiserlichen Gallerie und Kunstkammer hätten Auf-
nahme finden sollen. Vebrigens wird auch in der Vorrede quin
Prodromus, wie sich noch ergeben wird, ausdrücklich darauf hin-
gewiesen, dass man auch in diesem nur eine Auswahl von Gemälden
reproduciren wollte und viele, welche man nicht -{weckenlsprechend
fand, bei Seite Hess.
in der Wahl des Titels »Prodromus seu praeambulare
lumen« scheinbar ein Widerspruch, der jedoch seine Er-
klärung in einer auf die Vorrede desselben folgenden
»Publication das kaiserliche Galleriewerk betreffend«
findet. In derselben wird nämlich ausgeführt, dass man,
nachdem der Kaiser vor einigen Jahren die Erlaubniss
ertheilt habe, die in der kaiserlichen Gallerie und Kunst-
kammer enthaltenen Bilder der berühmtesten Meister
abzuzeichnen, zu ätzen und zu publiciren, mit Unter-
stützung des Grafen Gundaker von Althann sogleich die
Publication begonnen und damit bis zum fünften Tlieile
gelangt sei. Da aber die dieses Galleriewerkes wegen
eigens eingesetzte Commission wiederholt mündliche und
schriftliche Anfragen erhallen habe, ob dieses Werk fort-
gesetzt und vollendet, und wieviele Theile desselben noch
erscheinen würden, so hätten Franz von Stampart und
Anton von Prenner die Auf gäbe übernommen, jeden aus
je 40 Blättern bestehenden Theil auf ein Blatt zusammen-
gedrängt darzustellen, um so im Kleinen eine Vorstellung
über das Vorhaben, die Vortrefflichkeit und Anzahl der
in dem grossen Werke zu erwartenden Theile zu geben.
Während man so einerseits den Entwurf des ganzen
Galleriewerkes biete, habe man bereits die Vorarbeiten
für den fünften Theil desselben in Angriff genommen.
Nun ist aber, vielleicht auch theilweise in Folge der
am Ende der ob genannten »Publication« angekündigten
Erschwerung der Bezugsbedingungen und der daraus
resultirenden geringeren Kauflust des Publicums, weder
der hier angekündigte fünfte noch überhaupt ein weiterer
Theil des grossen Galleriewerkes erschienen. Blieb also
dasselbe ein Torso und sind die in den erschienenen
ersten vier Theilen herausgegebenen Reproductionen, wie
schon aus obiger Ankündigung hervorgeht und auch ein
Vergleich derselben mit den auf Blatt 4—7 des Prodro-
mus enthaltenen lehrt, in Letzterem vollzählig, wenn
auch in bedeutend verkleinertem Massstabe aufgenom-
men, so wird man von der neuerlichen Publication der
Stiche des grösseren Galleriewerkes an dieser Stelle um
so eher Abstand nehmen können, als uns ja der Prodro-
mus im Kleinen all dasjenige bietet, was zur Aufnahme
in jenes bestimmt war. Freilich sind auch im Prodromus
nicht alle damals in der kaiserlichen Gallerie und Kunst-
kammer enthaltenen, sondern nur ausgewählte besonders
werthvolle Stücke derselben reproducirt, so dass derselbe
als Inventar betrachtet nicht auf Vollständigkeit An-
spruch machen kann. Ueber die Absicht, die man bei
dieser Auswahl hatte, und die leitenden Gesichtspunkte
derselben gibt uns nun die in lateinischer und deutscher
Sprache abgefasste, ganz 'm Geschmacke jener Zeit et-
was weitschweifig und bombastisch gehaltene Vorrede
genaue Auskunft.
Bevor wir jedoch zur Inhaltsangabe derselben über-
gehen, sei noch bemerkt, dass dieser, unmittelbar an das
Titelblatt sich anschliessend, eine lateinische, in fünf Di-
stichen abgefasste, vom Grafen Gundaker von Athann
unterzeichnete, in Kupfer gestochene Widmung des Wer-
kes an den Kaiser vorausgeht, die in ihrem oberen
Theile das von einem Genius gehaltene Portrait des Kai-
sers zeigt und hierauf auch ausdrücklich Bezug nimmt.
Die Vorrede beginnt mit einer Entschuldigung, dass den
einzelnen Kunstwerken nicht ausführliche Beschreibun-
gen beigegeben wurden, wie dies in den Werken über
die kaiserliche Kunstkammer zu Amras, die kurfürstlich
sächsische zu Dresden, die königlich dänische zu Kopen-
Kaiserliche Gallerie und Kunstkammer.
sareae et regiae catholicae maiestatis nostri gloriosis-
sime regnantis monarchae Caroli VI. metropoli et resi-
dentia Viennae recondita artificiorum et pretiositatum
decora, praeeipuecopiosissima, quaeibidemasservantur,
tabularum, picturarum, statuarum, imaginum aliorum-
que ab artificum prineipibus elaboratorum operum mi-
racula fideliter et absque defectu aeri sunt incisa et an-
nexa brevi introduetione moecenatum utilitati et volup-
tati editaa Francisco de Stampart et Antonio de Brenner,
caesareae camerae pictoribus anno dominiMDCCXXXV,
Viennae Austriae typis Joannis Petri van Ghelen, sa-
crae caesareae regiaeque catholicae maiestatis aulae
typographi.
In diesem Titel finden wir also ebenso wie in der
darauffolgenden Vorrede den Hinweis auf ein grösseres
Werk, Theatrum genannt, welches in der kaiserlichen
Gallerie und Kunstkammer in der Stallburg zu Wien
aufgestellte Kunstwerke und Kostbarkeiten in Kupfer-
stichen ^u reproduciren bestimmt war. Der erste Theil
dieses grösseren Kupferwerkes war bereits 1728 unter
dem Titel: Theatrum artis pictoriae, quo tabulae de-
pictae, quae in caesarea Vindobonensi pinacotheca ser-
vantur, leviore caelatura aeri insculptae exhibentur ab
Antonio Iosepho de Prenner, Pars I, Viennae Austriae
anno MDCCXXVJII, erschienen. Aus der diesem letz-
teren Werke vorangehenden Widmung an den Kaiser
ergibt sich, dass unter der Direction des wohl ad hoc be-
rufenen Gundaker Graf Althann eine Neuordnung der
Bildersammlung vorgenommen worden war, und dass
Prenner mit Allerhöchster Erlaubniss daran ging, eine
Auswahl der Gemälde durch den Kupferdruck %ii ver-
öffentlichen.' Der erste Theil enthält ausservier Blättern,
welche das Aufstellungslocal, dessen Einrichtung und
Ausschmückung veranschaulichen sollen, — Blätter, wel-
che auch in den Prodromus aufgenommen wurden und
noch näher erörtern sein werden, — 36 Blätter mit
Reproductionen von Gemälden; auf ihn folgten dann
noch drei weitere Theile mit den Jahreszahlen iJ2g,
ijji und 1733, deren jeder auf je 40 Kleinfolioblättern
kaiserliche Gemälde in den verschiedenen Techniken des
Kupferdruckes reproducirt.2
Mit Rücksicht auf das spätere Erscheinen des Pro-
dromus, welches erst im Jahre iy^5 erfolgte, liegt also
1 Material est; des Werkes) sunt effigies, rivus tenuis ex
augusto tuo picturarum sacrario velut ex oceano desumptae. . . .
His pictorum miraculis seu tacitae, ut Tullius inquit, historiae ele-
gantem illum, quem videmus, ordinem dedit Gundaccarus comes ab
AUhann, quem maximo aediiitio muneri sapientissime praefecisti;
idem tarnen ut posset atque in seriem ac quasi pompam, quam in
amplissimo ac splendidissimo illo ambulacro hodie obtinent. dirigeret,
mihi vero ut dclectastot heroum effigies scalpro reddere lice-
ret, tibi augusto scientiarum patri mundus litcratus debebit.
2 Darnach corrigirt sich von selbst die in neuester Zeit auf-
getauchte irrige Angabe, dass dieses Werk in ;n>ei Bänden er-
schienen seir ebenso wie die ohne weitere Angabe von Gründen auf-
gestellte Behauptung, dass der Prodromus alle Gemälde der in
der Stallburg aufgestellten kaiserlichen Gallerie und Kunstkammer
enthalte. Denn, wie wir noch feigen werden, bietet der Prodromus
keine anderen Gemäldereproductionen als solche, welche in das
Theatrüm aufgenommen wurden oder doch in die späteren nicht er-
schienenen theile des Letzteren aufgenommen werden sollten. Diese
waren aber nur delectae tot heroum effigies, rivus tenuis
velut ex oceano desumptae, also eine Auswahl, gleichsam nur
ein Bächlein aus dem grossen Ocean der kaiserlichen Gemälde-
sammlung, ein Ausdruck, der wohl nicht am Platte wäre, wenn alle
Gemälde der kaiserlichen Gallerie und Kunstkammer hätten Auf-
nahme finden sollen. Vebrigens wird auch in der Vorrede quin
Prodromus, wie sich noch ergeben wird, ausdrücklich darauf hin-
gewiesen, dass man auch in diesem nur eine Auswahl von Gemälden
reproduciren wollte und viele, welche man nicht -{weckenlsprechend
fand, bei Seite Hess.
in der Wahl des Titels »Prodromus seu praeambulare
lumen« scheinbar ein Widerspruch, der jedoch seine Er-
klärung in einer auf die Vorrede desselben folgenden
»Publication das kaiserliche Galleriewerk betreffend«
findet. In derselben wird nämlich ausgeführt, dass man,
nachdem der Kaiser vor einigen Jahren die Erlaubniss
ertheilt habe, die in der kaiserlichen Gallerie und Kunst-
kammer enthaltenen Bilder der berühmtesten Meister
abzuzeichnen, zu ätzen und zu publiciren, mit Unter-
stützung des Grafen Gundaker von Althann sogleich die
Publication begonnen und damit bis zum fünften Tlieile
gelangt sei. Da aber die dieses Galleriewerkes wegen
eigens eingesetzte Commission wiederholt mündliche und
schriftliche Anfragen erhallen habe, ob dieses Werk fort-
gesetzt und vollendet, und wieviele Theile desselben noch
erscheinen würden, so hätten Franz von Stampart und
Anton von Prenner die Auf gäbe übernommen, jeden aus
je 40 Blättern bestehenden Theil auf ein Blatt zusammen-
gedrängt darzustellen, um so im Kleinen eine Vorstellung
über das Vorhaben, die Vortrefflichkeit und Anzahl der
in dem grossen Werke zu erwartenden Theile zu geben.
Während man so einerseits den Entwurf des ganzen
Galleriewerkes biete, habe man bereits die Vorarbeiten
für den fünften Theil desselben in Angriff genommen.
Nun ist aber, vielleicht auch theilweise in Folge der
am Ende der ob genannten »Publication« angekündigten
Erschwerung der Bezugsbedingungen und der daraus
resultirenden geringeren Kauflust des Publicums, weder
der hier angekündigte fünfte noch überhaupt ein weiterer
Theil des grossen Galleriewerkes erschienen. Blieb also
dasselbe ein Torso und sind die in den erschienenen
ersten vier Theilen herausgegebenen Reproductionen, wie
schon aus obiger Ankündigung hervorgeht und auch ein
Vergleich derselben mit den auf Blatt 4—7 des Prodro-
mus enthaltenen lehrt, in Letzterem vollzählig, wenn
auch in bedeutend verkleinertem Massstabe aufgenom-
men, so wird man von der neuerlichen Publication der
Stiche des grösseren Galleriewerkes an dieser Stelle um
so eher Abstand nehmen können, als uns ja der Prodro-
mus im Kleinen all dasjenige bietet, was zur Aufnahme
in jenes bestimmt war. Freilich sind auch im Prodromus
nicht alle damals in der kaiserlichen Gallerie und Kunst-
kammer enthaltenen, sondern nur ausgewählte besonders
werthvolle Stücke derselben reproducirt, so dass derselbe
als Inventar betrachtet nicht auf Vollständigkeit An-
spruch machen kann. Ueber die Absicht, die man bei
dieser Auswahl hatte, und die leitenden Gesichtspunkte
derselben gibt uns nun die in lateinischer und deutscher
Sprache abgefasste, ganz 'm Geschmacke jener Zeit et-
was weitschweifig und bombastisch gehaltene Vorrede
genaue Auskunft.
Bevor wir jedoch zur Inhaltsangabe derselben über-
gehen, sei noch bemerkt, dass dieser, unmittelbar an das
Titelblatt sich anschliessend, eine lateinische, in fünf Di-
stichen abgefasste, vom Grafen Gundaker von Athann
unterzeichnete, in Kupfer gestochene Widmung des Wer-
kes an den Kaiser vorausgeht, die in ihrem oberen
Theile das von einem Genius gehaltene Portrait des Kai-
sers zeigt und hierauf auch ausdrücklich Bezug nimmt.
Die Vorrede beginnt mit einer Entschuldigung, dass den
einzelnen Kunstwerken nicht ausführliche Beschreibun-
gen beigegeben wurden, wie dies in den Werken über
die kaiserliche Kunstkammer zu Amras, die kurfürstlich
sächsische zu Dresden, die königlich dänische zu Kopen-