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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 9.1889

DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Werke Mailänder Waffenschmiede in den Kaiserlichen Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5731#0388
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Wendelin Boeheim.

tybialia, femoralia, genualia, lanceas, pilla, henses, etc., et sunt omnia ex ferro terso et pulito, speculorum
claritatem excedentes. Soli enira fabri loricarum sunt centum exceptis innumerabilibus subiectis operariis,
qui macularum mirabili artificio cottidie insistunt. Sunt scutarii clipeos fabricantes et arma in numero
indicibili . . . Ista omnia armaturam genera hec civitas ceteris Ytalie civitatibus comunicat: unde etiam ad
Tartaros et Saracenos deportantur«.

Diese Stimme dürfte beweisende Kraft in sich haben für die Waffenindustrie Mailands im i3. Jahr-
hundert, ja Fi am ma sagt auch noch an anderer Stelle, dass die dortigen Waffenschmiede sich durch Fertigung
von verzierten Waffen hervorthaten, die er »maculae« benennt.1 Die Waffenschmiede hatten in jener Zeit
und bis ins 16. Jahrhundert ihre Werkstätten in der Contrada degli Armorari und in jener der Spadari,
ihre Verkaufsläden aber in der Contrada di Santa Margherita, die Klingenschleifereien waren bei Porta
Ticinese in der Via Mulino delle armi.

Die Harnischfabrikation Mailands erstand in der gewöhnlichen einfachen Gebrauchswaare und er-
starkte in der Massenerzeugung; bei der ausserordentlich regen Ausfuhr war der Industrie durch billige
Rückfracht der Bezug des Rohmateriales wesentlich erleichtert. Den Mailänder Werkstätten ist die allmälige
Ausbildung des Plattenharnisches als Verdienst zuzuschreiben; immer voranschreitend in Verbesserungen,
bildete sich dort nach und nach jener elegante Typus in der Form derselben heraus, der im 14. und 15. Jahr-
hunderte unter der Bezeichnung: »Mailänder Harnisch« allenthalben bewundert und nachgeahmt wurde.

Gerade in dem Bezüge des Rohmaterials waren die Waffenschmiede Mailands ausserordentlich
günstig gestellt, und man findet, wenn man die betreffenden Umstände näher ins Auge fasst, die staunens-
werthe Entwicklung des Faches begreiflich.

Bisher war man über die Bezugsquellen des Eisens der Waffenschmiede Mailands völlig im Unklaren;
man nahm bei dem völligen Abgange von bestimmten Nachrichten an, dass die Mailänder ihr Eisen zu-
nächst aus der Umgebung von Brescia, dann aus jener Serra valles, endlich auch aus Steiermark bezogen
haben; das ist aber, wie neuere archivalische Forschungen uns belehren, vollständig unrichtig, im Gegen-
theile erhielten die Mailändischen Werkstätten ihr Rohmaterial ganz aus der Nähe der Stadt und waren
dabei mit sehr namhaften Privilegien ausgestattet. Die Waffenschmiede bezogen ihr Eisen aus den nächst-
gelegenen Bergen im Norden Mailands, zum grossen Theile aus den Gruben von Valsassina. Der
Ingenieur Giuseppe Arrigoni bemerkt in seinem ausgezeichneten Werke über die Geschichte des Val-
sassina:2 »In den vergangenen Zeiten blühte in dem genannten Thale vorzüglich die Industrie des Eisens
und der Handel mit selbem, hauptsächlich durch die Befreiung vom Transitzolle, von Steuern und durch
andere Privilegien, welche die Minenbesitzer Herzog Azzo Visconti verdankten. Von 1331 an, in
welchem Jahre Lanfranco Denti einen Theil der Gruben von Soglia, unfern von Premana, und
einige anderwärts gelegene, ferner Waldungen an Azorando aus Gerola in Erbpacht übergab, besitzt
man werthvolle Documente zur Geschichte der Eisenerzeugung jener Gegend, die bis in unsere Tage
hereinreichen. Die Schmelzöfen waren damals nur zum Versuche im Betriebe, in einer Zeit, in welcher
die späteren reichen Minen in Premana selbst, in Introbbio, im Valle Averara und anderen Orten
noch lange nicht ausgebeutet wurden. Um 1400 eröffneten die Gebrüder Pini ausTaceno eine Grube am
Monte Artino im Bezirke von Premana, welche noch heute »la Pina« genannt wird. Schon ein Jahr-
hundert vorher grub man Eisen aus dem Monte Trona am Varrone im Bezirke von Gerola, dessen
Minen 1827 aufgelassen wurden.«

Auch im Valassina gewann man Eisen, ebenso bestanden Gruben in den Bergen von Canzo, die
noch zur Stunde in Betrieb sind. Ueber die letzteren werden wir noch an anderer Stelle berichten. Aus
Urkunden im Archivio Diplomatico zu Mailand erhellt, dass auch in Valsesia und in der Valle di
Macagno Eisen für die Waffenschmiede erzeugt wurde.

Nach Morigia, in seinem Werke: »Nobiltä del Lago Maggiore«, befand sich eine alte Eisen-
werkstätte zuSelasca. Eine bestimmte Nachricht, dass auch zuVogogna, heute Borgo delPiemonte,

' Casati, 1. c.

2 Arrigoni Giuseppe, Notizie storiche sulia Valsassina e terre limitrofe, p. 244—245.
 
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