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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 11.1890

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Abhandlungen
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Benndorf, Otto: Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5770#0024
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Das Heroon von GjÖlbaschi-Trysa.

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beruht dies kaum auf unserer unvollkommenen Kenntniss des Stoffes, auch gewiss nur zum Theile auf
dem Maasse seiner künstlerischen Durchgestaltung, sondern im Wesentlichen auf der Kunstform als solcher,
in der er dargelegt ist. Da dieselbe ein augenblickliches Erfassen des ganzen Bildwerkes ausschliesst, viel-
mehr stets zu einer vorrückenden Betrachtung seiner einzelnen Theile nöthigt, so muss die dargestellte
Handlung mit dem Betrachtenden in gewissem Sinne selbst vorrücken, sich für ihn beständig verwandeln,
bald reicher entfalten und gleichsam auseinanderlegen, bald zusammenziehen und übersichtlich verkürzen.
Es genügt und bezeichnet zugleich ein Höchstes der ganzen Gattung, wenn eine wirkliche Einheit der
Handlung immer für den Umfang des jeweiligen Gesichtsfeldes erreicht ist und die am Schlüsse der
Betrachtung entstehende Gesammtvorstellung den reinen Eindruck einer idealen Einheit hinterlässt. Auf
einem solchen Gipfel der Ausbildung steht die Iliupersis des Polygnot und mit ihrem besonders günstigen

141. Hydria der Münchener Sammlung Nr. 65.

Stoffe in gesteigerter Herrlichkeit der Form die Composition des Parthenonfrieses, welche bisher ohne
kunstgeschichtliche Vorstufen erscheinen konnte. Von der Fülle nothwendig vorausliegender Leistungen
gibt nun aber der troische Krieg von Gjölbaschi einen bestimmteren Begriff, da hier die Einheit der Dar-
stellung im Grunde noch durch die parataktische Gliederung der alterthümlichen Kunst erzielt ist und
sogar durch die eingeschobenen beiden Gruppen der Auswanderer, welche nach beiden Seiten ohne Ver-
bindung sind, eine naive Störung erleidet, die nicht eigentlich nothwendig war und leicht zu vermeiden
gewesen wäre.

Aus dem Dargelegten folgt, was sich ohnehin nicht anders voraussetzen Hesse, dass der Fries unmög-
lich für Gjölbaschi erfunden sein kann. Aber auch das Original, welches ganz oder hauptsächlich zu
Grunde liegen mag, konnte keine persönliche Schöpfung seines Urhebers sein, sondern wird sich in oft-

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