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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 11.1890

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Abhandlungen
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Ilg, Albert: Werke des "Moderni" in den kaiserlichen Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5770#0111
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WERKE DES »MODERNI« IN DEN KAISERLICHEN SAMMLUNGEN.

Von

Dr. Albert Ilg.

rei ausgezeichnete Kunstwerke der kaiserlichen Sammlungen werden als Schöpfungen
eines bisher noch sehr wenig bekannten Cinquecentisten bezeichnet, der als Meister
Moderno oder Moderni bei den Kunstfreunden genug hohen Ansehens geniesst. Zwei
derselben sind in Silber gegossen, eines ist ein in Stein ausgeführtes Relief. Es ist noth-
wendig, von den in Metall und dem in Stein gearbeiteten besonders zu handeln.

Die beiden grösseren Stücke sind oblong überhöhten Formats. Das eine misst
13*7 Cm. Höhe, 10 Cm. Breite, das andere 13-7 und io-i Cm.; jenes hat die Geisse-
lung Christi zum Gegenstande, dieses die thronende Madonna, von verschiedenen Heiligen umgeben. Die
Reliefbildung steigt bis zu 8 Mm. Höhe. Den Hintergrund der Geisselungsscene bildet eine zweibogige
Renaissancearchitektur. Es sind zwei Archivolten, über quadratischem Grundriss auf vierseitigen Pilastern
ruhend, über welchen das Gewölbe sich erhebt. Jedes dieser Gewölbe ist an der Decke durch eine kreis-
runde Oeffnung durchbrochen; das eine zeigt am vorderen Bogen die Spuren des beginnenden Einsturzes.
Dem etwas breiteren Pfeiler in der Mitte beider Bogenstellungen ist die Säule vorgelegt, an welche der
Heiland gebunden erscheint. Sie steht auf einem Sockel mit breiter Plinthe, welch' letztere die Worte:

• OP • MODERNI

trägt. Durch die hohen Bogen sieht man in leere Luft hinaus; die ganze untere Hälfte der Darstellung
nehmen in dichter Gruppirung die Gestalten Christi und seiner Peiniger ein. Im Vordergrunde werden drei
Figuren beinahe in allen Theilen sichtbar, Christus und neben ihm rechts ein Behelmter, die Geissei hoch
schwingend, links ein ganz nackter Jüngling in kühn nach dieser Seite hin ausschreitender Stellung. Er
wendet den Kopf nach dem Heiland zurück, hält in der gesenkten Rechten gleichfalls eine Geissei und
hebt auch den linken Arm zum Schlage auf. Die Füsse des Erlösers ruhen auf der Inschriftplatte; er
nimmt genau die Pose des Laokoon von der berühmten Gruppe der rhodischen Schule ein. In zweiter
Reihe kommen hinter den beiden geisselnden Soldaten drei Männer zum Vorschein, zwei hinter dem mit
dem Helme, einer hinter dem Nackten. Alle drei kauern auf der Erde, ja der eine liegt fast auf dem Rücken.
Er ist mit einem Harnisch angethan, sonst unbekleidet, jener hinter ihm trägt einen römischen Panzer,
ebenso der auf der andern Seite einen antiken Schuppenpanzer und das Paludamentum. Die Figuren
dieser drei bärtigen Krieger sind von viel kürzeren Proportionen als die der stehenden, derjenige links
auch ganz unverständlich componirt, so dass man nicht ersieht, wo seine Beine sich befinden können.
Nun folgt noch im Hintergrunde eine dritte Reihe, und zwar aufrecht stehende Gestalten; rechts von der
Säule zwei, links vier, selbstverständlich von den vorderen Figuren zum Theile gedeckt. Rechts steht ein
Bärtiger en profil, wieder im antiken Panzer; dann sieht hinter der Säule ein Reiter herein, so dass mang
nur Kopf, Hals und Brust des Rosses wahrnehmen kann, von dem Manne aber blos den behelmten Kopfg
und den zum Geissein erhobenen nackten rechten Arm. Auf der andern Seite tritt hinter der Säule eins
Geharnischter hervor, mit Helm, Schuppenpanzer und Lorica; er streckt den linken Arm gegen die Hüfte J
 
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