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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 11.1890

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Abhandlungen
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Benndorf, Otto: Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5770#0006
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DAS HEROON VON GJÖLBASCHI-TRYSA.

Von

Otto Benndorf.

(Fortsetzung.)

Mm

mm

n der gegebenen Beschreibung, welche der Deutung nicht vorgreifen sollte, ist doch
die Deutung durchgehend schon enthalten. Eine Flotte die ein Griechenheer gelandet
hat, eine Schlacht die dieses Griechenheer von der Küste her bis zu einer wohl-
befestigten Bergstadt führt und mit einem Angriff auf ihre Mauern und Thore ver-
bindet, diese Stadt selbst von Orientalen vertheidigt, ein über ihren Zinnen thronender
betagter Herrscher, dem nach Art des Grosskönigs aufgewartet wird, ihm zugesellt
nicht wie eine Gemahlin sondern dominirend über ihm im Mittelpunkte des Ganzen
wie eine Göttin ein schönes Weib, das von höchster Stelle Freund und Feind übersieht, ein Kampf von
Griechen und Amazonen, der die Stadt landeinwärts umgibt, dazu die Bedrängniss der Belagerten und die
gewissen Anzeichen ihres endlichen Unterliegens,
da das Volk schon sich ins Gebirge rettet, das schöne
Weib mit ihrem Ritter abzieht — aus allen Theilen
der ausgebreiteten Erfindung spricht die Idee des
troischen Krieges. Klar war sie dem unbefangenen
Blicke des Entdeckers aufgegangen (vgl. Jahrbuch
Bd. IX, S. 8 f.), und auch uns hat sie sich über zeit-
weilige Zweifel hinweg befestigt und im fortschrei-
tenden Verständniss unsicherer oder dunkler Ein-
zelheiten bestätigt.

Zweifel hatte der vorläufige Bericht geäussert,
ohne sich für eine Deutung zu entscheiden, da es zu-
nächst mit dem Thatsächlichen bekannt zu machen
galt. Es hatte befremdet, dass sich Beziehungen zu

dem grossen Kreise troischer Darstellungen und seiner in einheitlicher Tradition gewonnenen reich aus-
gebildeten Typik nur in Nebendingen ergeben wollten, während Einzelheiten von localem Charakter zu
zeigen schienen, dass es sich wie in den Relieffriesen des Nereidenmonumentes von Xanthos möglicher
Weise um lykische Landesgeschichte handeln könne. Indessen hätte jenes Befremden eher an den leitenden
kunstgeschichtlichen Voraussetzungen als an einer klar angezeigten Erklärung beirren dürfen, um so mehr,
als auch jenes landschaftlich Individuelle sich bei näherer Prüfung als täuschend oder belanglos erwies.

Die Gestalt der Stadtthore hatte an die Spitzbogenform der Sarkophage erinnert, die ja zu den auf-
fälligsten Eigenthümlichkeiten der lykischen Denkmälerwelt gehört. Vielleicht ist aber nicht einmal voll-
kommen sicher, ob diese spitzbogig erscheinenden Thore spitzbogig gebaut sein sollten. Es wäre immerhin
denkbar, dass nur ein unvollkommener Versuch vorläge, Rundbogen in perspectivischer Ansicht zu zeichnen
(s. Jahrbuch Bd. IX, S. 124), wenigstens ist an dem schon erbrochenen offenen Thore bei Thurm V in

XI.

125. Sog. Stamnos im britischen Museum.
 
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