Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa.
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146. Relief aus Kujundschik.
In der Schilderung des Bildes, die der Einzelbeschreibung vorausging, treten die Grundzüge der
Leukippidensage heraus. Wie mit ähnlicher Deutlichkeit die Vasenbilder1 dieses Sagenkreises, namentlich
die Meidiasvase, auch die einer anderen Version folgenden etruskischen Aschenkisten2 ausführen, rauben
die beiden Dioskuren Kastor und Polydeukes die schönen Töchter des Leukippos, Hilaeira und Phoibe,
aus dem Heiligthume einer weiblichen Gottheit, in welchem die Anverwandten und Gespielinnen zu fest-
lichem Reigen versammelt sind. Wie dort und wie überhaupt in den älteren Darstellungen, die ihre Ent-
stehung in der Glanzzeit der hippischen Agone nicht verleugnen, geschieht die Entführung zu Wagen, und
zwar wider den Willen der Mädchen, mit einem Feuer, welches an die Schilderung des Koreraubes im
homerischen Hymnus auf Demeter erinnert. Nach der Sage fand die Entführung an dem Tage statt, als
die Leukippiden ihren beiden Verlobten, den Söhnen des Aphareus, Lynkeus und Idas, vermählt werden
sollten, und setzten die Apharetiden den Räubern nach bis zum Grabe ihres Vaters, wo sich ein Kampf
entspann.3 So erklärt sich denn das Opfer als das bei Hochzeiten übliche grosse Opfer, von dem das
Hochzeitsmahl gehalten wurde, desgleichen der im Festreigen gestörte Chor der klagenden Mädchen, die
1 a. Rolle aus Terracotta im Cultusministerium in Athen mit Malerei auf weissem Grunde: Ecpriuxpl; apyaioXoYixr) 1885,
r.vi. 5, 1 a, S. 117 (Tsuntas); Matz bei Otto Jahn, Entführung der Europa, S. 45.
b. Rothfiguriger Krater aus Akragas der Sammlung Coghill: Millingen, Vases grecs de la collection Coghill, pl. I; Thiersch,
Veterum artificum opera, t. II; Archäologische Zeitung 1852, Taf. XLI, S. 436 f.; erklärt zuerst von Otto Jahn, Archäologische
Zeitung 1845, S. 27 f.
c. Hydria des Meidias mit Vergoldung der rothen Figuren im britischen Museum Nr. 1264: Gerhard, Abbildungen zu
den gesammelten akademischen Abhandlungen, Taf. XIII; Conze, Vorlegeblätter IV, 1; die Literatur bei Klein, Die griechischen
Vasen mit Meistersignaturen, S. 205.
d. Fragmente eines rothfigurigen Kraters aus Ruvo im Besitze Heinrich Heydemanns: Jahrbuch des archäologischen
Institutes I, Taf. 10, a—f; Archäologische Zeitung 1870, S. 82; erklärt von Luckenbach, Das Verhältniss der griechischen Vasen-
bilder zu den Gedichten des epischen Kyklos, S. 588, 1, und Kuhnert, Jahrbuch des archäologischen Institutes II, S. 271.
e. Rothfiguriger Krater aus Ruvo der Sammlung Jatta Nr. 1096: Monumenti inediti dell' instituto XII, 16; Annali 1885,
p. 158 f. (Heydemann). Das Idol auch bei Overbeck, Griechische Kunstmythologie III, S. 18 c.
f. Nolanische Hydria: E. Braun, Bullettino dell' instituto 1844, S. 86: »ritraente il ratto delle figliuole di Leucippo per i
fighuoli di Leda. Veggonsi fuggire le compagne di Ilaire e Febe da ambedue le bände e dietro il manico giä scorgesi quella che a
piede piü veloce raggiunse il vecchio genitore della rapita coppia, facendogli il racconto della funesta avventura«.
Ein glockenförmiger Krater aus Lokri in Karlsruhe (Winnefeld Nr. 209), welcher einerseits die beiden Dioskuren reitend,
anderseits einen Greis mit Scepter zwischen zwei davoneilenden Mädchen zeigt, wurde von Gerhard, Archäologischer Anzeiger
1851, S. 34, frageweise auf den Leukippidenmythos bezogen. Mit den Vasen stimmt in der Hauptsache das Holzgemälde eines
bei Pantikapaion gefundenen Sarkophages der kais. Ermitage zu St. Petersburg: Dubois de Montpereux, Voyage au Caucase III,
t. 25a; Aschiks russisches Werk über die Alterthümer von Kertsch, Taf. 211; Antiquite's du Bosphore Cimmerien III, pl. 83;
Archäologische Zeitung 1852, Taf. 40, 1. 2. Auch zwei architektonisch verwandte Marmorreliefs des Palazzo Colonna in Rom
(Matz-v. Duhn n. 3492) geben die Entführung zu Wagen. Die übrigen Monumente zeigen die Leukippiden von den Dioskuren
getragen, so die von Furtwängler gedeuteten Akroterien des Nereidenmonumentes (Archäologische Zeitung 1882, S. 347), eine
lerracottaplatte im Museo Gregoriano (Campana, Due sepolcri, tav.VIII B, Antiche opere di plastica II, 55, Archäologische Zei-
tung 1852, Taf. 40, 3), die zahlreichen Sarkophage, das Relief einer Silbervase (Chabouillet, Catalogue general des camees
Nr. 2808). Das Relief Archäologische Zeitung 1862, T. 166, n. 1, ist gefälscht, wie Engelmann a. a. O. 1873, S. 134, bemerkte.
2 Raoul-Rochette, Monuments inedits III, 75 und Taf. XXXVII und XXXVIII des zweiten Bandes der Urne etrusche,
deren Kenntniss ich der Freundlichkeit Körte's danke. Die Leukippiden tragen beide Götterbilder und erinnern so an Hygin
fab. 80, wo Phoibe Priesterin der Athena, Hilaeira Priesterin der Artemis ist.
Schol. A zu T 243. Schol. Pindar N. 10, 112 Lykophr. 544 f. Ovid Fast. 5, 699 f. Her. 16, 327. Propert. I 2, 15 f.
Hygin fab. 80. Lactant. I, 10, 2.
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146. Relief aus Kujundschik.
In der Schilderung des Bildes, die der Einzelbeschreibung vorausging, treten die Grundzüge der
Leukippidensage heraus. Wie mit ähnlicher Deutlichkeit die Vasenbilder1 dieses Sagenkreises, namentlich
die Meidiasvase, auch die einer anderen Version folgenden etruskischen Aschenkisten2 ausführen, rauben
die beiden Dioskuren Kastor und Polydeukes die schönen Töchter des Leukippos, Hilaeira und Phoibe,
aus dem Heiligthume einer weiblichen Gottheit, in welchem die Anverwandten und Gespielinnen zu fest-
lichem Reigen versammelt sind. Wie dort und wie überhaupt in den älteren Darstellungen, die ihre Ent-
stehung in der Glanzzeit der hippischen Agone nicht verleugnen, geschieht die Entführung zu Wagen, und
zwar wider den Willen der Mädchen, mit einem Feuer, welches an die Schilderung des Koreraubes im
homerischen Hymnus auf Demeter erinnert. Nach der Sage fand die Entführung an dem Tage statt, als
die Leukippiden ihren beiden Verlobten, den Söhnen des Aphareus, Lynkeus und Idas, vermählt werden
sollten, und setzten die Apharetiden den Räubern nach bis zum Grabe ihres Vaters, wo sich ein Kampf
entspann.3 So erklärt sich denn das Opfer als das bei Hochzeiten übliche grosse Opfer, von dem das
Hochzeitsmahl gehalten wurde, desgleichen der im Festreigen gestörte Chor der klagenden Mädchen, die
1 a. Rolle aus Terracotta im Cultusministerium in Athen mit Malerei auf weissem Grunde: Ecpriuxpl; apyaioXoYixr) 1885,
r.vi. 5, 1 a, S. 117 (Tsuntas); Matz bei Otto Jahn, Entführung der Europa, S. 45.
b. Rothfiguriger Krater aus Akragas der Sammlung Coghill: Millingen, Vases grecs de la collection Coghill, pl. I; Thiersch,
Veterum artificum opera, t. II; Archäologische Zeitung 1852, Taf. XLI, S. 436 f.; erklärt zuerst von Otto Jahn, Archäologische
Zeitung 1845, S. 27 f.
c. Hydria des Meidias mit Vergoldung der rothen Figuren im britischen Museum Nr. 1264: Gerhard, Abbildungen zu
den gesammelten akademischen Abhandlungen, Taf. XIII; Conze, Vorlegeblätter IV, 1; die Literatur bei Klein, Die griechischen
Vasen mit Meistersignaturen, S. 205.
d. Fragmente eines rothfigurigen Kraters aus Ruvo im Besitze Heinrich Heydemanns: Jahrbuch des archäologischen
Institutes I, Taf. 10, a—f; Archäologische Zeitung 1870, S. 82; erklärt von Luckenbach, Das Verhältniss der griechischen Vasen-
bilder zu den Gedichten des epischen Kyklos, S. 588, 1, und Kuhnert, Jahrbuch des archäologischen Institutes II, S. 271.
e. Rothfiguriger Krater aus Ruvo der Sammlung Jatta Nr. 1096: Monumenti inediti dell' instituto XII, 16; Annali 1885,
p. 158 f. (Heydemann). Das Idol auch bei Overbeck, Griechische Kunstmythologie III, S. 18 c.
f. Nolanische Hydria: E. Braun, Bullettino dell' instituto 1844, S. 86: »ritraente il ratto delle figliuole di Leucippo per i
fighuoli di Leda. Veggonsi fuggire le compagne di Ilaire e Febe da ambedue le bände e dietro il manico giä scorgesi quella che a
piede piü veloce raggiunse il vecchio genitore della rapita coppia, facendogli il racconto della funesta avventura«.
Ein glockenförmiger Krater aus Lokri in Karlsruhe (Winnefeld Nr. 209), welcher einerseits die beiden Dioskuren reitend,
anderseits einen Greis mit Scepter zwischen zwei davoneilenden Mädchen zeigt, wurde von Gerhard, Archäologischer Anzeiger
1851, S. 34, frageweise auf den Leukippidenmythos bezogen. Mit den Vasen stimmt in der Hauptsache das Holzgemälde eines
bei Pantikapaion gefundenen Sarkophages der kais. Ermitage zu St. Petersburg: Dubois de Montpereux, Voyage au Caucase III,
t. 25a; Aschiks russisches Werk über die Alterthümer von Kertsch, Taf. 211; Antiquite's du Bosphore Cimmerien III, pl. 83;
Archäologische Zeitung 1852, Taf. 40, 1. 2. Auch zwei architektonisch verwandte Marmorreliefs des Palazzo Colonna in Rom
(Matz-v. Duhn n. 3492) geben die Entführung zu Wagen. Die übrigen Monumente zeigen die Leukippiden von den Dioskuren
getragen, so die von Furtwängler gedeuteten Akroterien des Nereidenmonumentes (Archäologische Zeitung 1882, S. 347), eine
lerracottaplatte im Museo Gregoriano (Campana, Due sepolcri, tav.VIII B, Antiche opere di plastica II, 55, Archäologische Zei-
tung 1852, Taf. 40, 3), die zahlreichen Sarkophage, das Relief einer Silbervase (Chabouillet, Catalogue general des camees
Nr. 2808). Das Relief Archäologische Zeitung 1862, T. 166, n. 1, ist gefälscht, wie Engelmann a. a. O. 1873, S. 134, bemerkte.
2 Raoul-Rochette, Monuments inedits III, 75 und Taf. XXXVII und XXXVIII des zweiten Bandes der Urne etrusche,
deren Kenntniss ich der Freundlichkeit Körte's danke. Die Leukippiden tragen beide Götterbilder und erinnern so an Hygin
fab. 80, wo Phoibe Priesterin der Athena, Hilaeira Priesterin der Artemis ist.
Schol. A zu T 243. Schol. Pindar N. 10, 112 Lykophr. 544 f. Ovid Fast. 5, 699 f. Her. 16, 327. Propert. I 2, 15 f.
Hygin fab. 80. Lactant. I, 10, 2.