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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 11.1890

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Abhandlungen
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Benndorf, Otto: Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5770#0051
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Otto Benndorf.

der Tracht nach weibliche Gestalten. Die zur Linken hält eine Leier schräg nach oben auffällig hoch auf
der linken Brust, so dass der eine Arm des Instrumentes ihren Backen berührt haben muss; die zur Rechten
bläst die Doppelflöte. Die letztere hat einen langen Chiton mit hangenden Halbärmeln und ein nicht mehr
deutlich verfolgbares Obergewand. Auch die andere hat einen bis zu dem Boden reichenden Chiton und ein
Obergewand, dessen unteren Saum man unterhalb des Kniees annähernd horizontal nach rechts verlaufen sieht.

Tafel XIX 17, 18. Das Bett gleicht denen der Südwand und greift mit dem unteren Ende auf 17
über. Der diesseits liegende Mann hat das gebeugte Aufstützen des linken Armes aufgegeben und sich zu
sitzender Stellung aufgerichtet, um mit der rechten Hand sein Kissen auf dem Bette zurechtzurücken. Sein
Nachbar scheint dies als Störung zu empfinden und ihn mit der rechten Hand im Rücken zu berühren.
Links vom Bette stehen nebeneinander in Vordersicht auf dem rechten Beine, das linke schräg zur Seite
gesetzt, zwei jugendlich männliche Figuren, welche beide einen augenscheinlich ungegürteten kurzen Chiton
tragen. Der zur Linken hat den Kopf im Profil nach links gewandt, lässt den linken Arm am Körper
herabhangen und hält mit der rechten Hand einen undeutlichen, links abgebrochenen Gegenstand in Brust-
höhe weit von sich ab. Der Gegenstand bildet, soweit er erhalten ist, eine Masse von der Dicke eines
menschlichen Thorax, rechts ungefähr halbmondförmig endigend, aus deren Mitte ziemlich horizontal ein
Stab absteht, den die rechte Hand genau an seinem Ende erfasst. Der Jüngling rechts macht den Eindruck
eines müssig Zuschauenden, der Kopf ist linkshin etwas geneigt, der linke Arm lässig am Körper gesenkt,
die andere Hand verwandt eingestemmt an der Hüfte. Unterhalb des räthselhaften Gegenstandes sind noch
dürftige Reste einer knabenhaften Figur sichtbar, welche nach links wahrscheinlich kniete (vergl. z. B.
Fig. i5i); man erkennt in Grundzügen Kopf, Hals, ein Stück des Leibes und einen rechtwinklig gebeugten
Arm, dessen Hand in Schulterhöhe nach links erhoben war: wahrscheinlich ein »puer sufflans languidos
ignes« oder dergleichen; denn dass sein Nachbar ein Thier am Spiesse brät und der andere, vielleicht als
Ersatzmann für das mühselige Geschäft des Bratendrehens, ihm dabei zusieht, scheint mir die natürlichste
Auffassung der fraglichen Gruppe.

Die Friese der Eingangsfront sind am ärgsten verwittert und zeigen einen Grad von Zerstörung, den
in der Nähe zu betrachten Ueberwindung fordert. Ueberall sind die ursprünglichen Flächen tief weg-
gefressen, die Gestalten meist wie zu Gerippen abgezehrt, Gesichtsformen bestenfalls in leisen Grundzügen
unterscheidbar; ob z. B. eine männliche Gestalt Bart hatte, ist nicht immer, ob sie bartlos war, nie festzu-
stellen. Trotz dieser Entstellung sind aber die Figuren merkwürdigerweise doch noch immer nach Bewe-
gung, Tracht, Gruppirung, oft selbst nach den Geschlechtszeichen zu bestimmen; ja bei angelegentlichem
Durchprüfen haben sich so viele Einzelheiten herausgestellt, dass man über die Absicht der Erfindung
kaum irgendwo im Ungewissen bleibt und in der verfolgbaren Ausführlichkeit des Sachlichen eine beson-

151. Schale im Museum zu Chiusi.

10. Amazonenkampf.

(Tafel XXI, A 2, 3.)
 
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