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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 11.1890

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Abhandlungen
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Chmelarz, Eduard: König René der Gute und die Handschrift seines Romanes "Cuer d'amour espris" in der k. k. Hofbibliothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.5770#0131
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KÖNIG RENE DER GUTE UND DIE HANDSCHRIFT SEINES ROMANES

»CUER D'AMOURS ESPRIS« IN DER K. K. HOFBIBLIOTHEK.

Von

Eduard Chmelarz.

I.

Biographie und Charakteristik Rene's.

a König Rene der Gute bereits in die Weltliteratur Eingang gefunden hat, so kann
derselbe keinem Gebildeten mehr eine ganz unbekannte Persönlichkeit sein. Hat ihm
doch Schiller in seiner »Jungfrau von Orleans« so herrliche Verse gewidmet, ihm,
dem heiteren Greise, der »will die alten Zeiten wieder bringen, wo zarte Minne herrschte,
wo die Liebe der Ritter grosse Männerherzen hob, und edle Frauen zu Gerichte sassen,
mit zartem Sinne alles Feine schlichtend«. Auch Walter Scott hat in seinem
Romane »Anna von Geierstein« das Schalten jenes liebenswürdigen Fürsten ge-
schildert, aber in greller, unangenehmer Beleuchtung, um die Heldengestalt von Renes Tochter Marga-
rethe desto besser hervortreten zu lassen. Und vollends, wem hätte sich die dramatische Idylle des
Hendrich Herz, »König Renes Tochter«, mit ihrer gesprochenen Musik und mit ihrem orientalischen
Wundergarten voll Blumenpracht und Liebesdämmerung nicht wenigstens für einige Zeit in das Gemüth
eingeschlichen. An dieses überzarte Gebilde darf man allerdings gar nicht rühren, aber auch darauf ist auf-
merksam zu machen, dass zur Zeit, in welcher Schiller durch König Karl den oben citirten Ausspruch
thun lässt, Rene nicht ein Greis, sondern ein junger Mann von zwanzig Jahren war, kraftsprühend und voll
Thatendurst und Kampfeslust, als gelte es eine Welt zu erobern. Auch Margarethe stirbt nicht, wie bei
Walter Scott zu lesen, inmitten eines Festes, welches ihr angeblich schwachsinniger Vater ihr zu Ehren
veranstaltete und damit ihr, der namenlos Unglücklichen, das Herz zerriss. Vielmehr überlebte sie ihren
Vater um zwei Jahre, allerdings in Verlassenheit, Entmuthigung und Lebensüberdruss, der ihr einen frühen
Tod erwünscht gemacht hatte.

Doch was verschlägt dies ? So wenig wir uns durch Rafael's » Schule von Athen« über die Philosophen des
Alterthums wollen belehren lassen, so wenig sind die Dichtwerke berufen, uns Geschichtsunterricht zu er-
theilen. Hier genügt es, wenn die Geschichte, welche der Dichter uns erzählt, wahr scheint; die Wahrheit selbst,
Richtigkeit der Darstellung fordern wir von den Historikern. In unserem Falle zeigten sich jedoch auch
diese ihrer Aufgabe durch lange Zeit nicht gewachsen. Bis in die neueste Zeit wurde die Geschichte Rene's
zumeist von Panegyrikern geschrieben, welche ihrem Helden neben bewegter politischer Thätigkeit noch die
Müsse und das Talent schenkten, auf allen Gebieten der schönen Künste die höchste Stufe zu erreichen. Sie
erhoben ihn zum ersten Dichter seiner Zeit und Hessen ihn Architektur, Sculptur, Malerei, Goldschmiedekunst
und Musik in gleich ausgezeichneter Weise umfassen.1 Die Reaction blieb nicht aus und erst in neuester

i Quatrebarbes, Comte. de: Oeuvres completes du Roi Rene, avec une biographie et des notices, quatre volumes,
Angers, 1846. Fol.
 
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