Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Chmelarz, Eduard: Eine französische Bilderhandschrift von Boccaccio's Theseide
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0348
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Eine französische Bilderhandschrift von Boccaccio's Theseide.

3ig

giösen Standpunkte denkbar grösste Unbill, welche seinen Standesgenossen widerfahren war, nicht
ungestraft lassen und entschliesst sich auch sofort zum Rachekrieg gegen den thebanischen Herrscher.
Derselbe wird besiegt und erschlagen und unter vielen Gefangenen werden Arcitas und Palemon, zwei
Jünglinge aus dem königlichen Geschlechte des Kadmos, in Gewahrsam nach Athen gebracht.

III. Buch. In dem Burggärtlein, das gerade vor dem Gefängnisse der beiden edlen Thebaner
liegt, ergeht sich jeden Morgen Emilia, die Schwester der Hippolyta, Liebeslieder singend und Kränze
windend, was zur natürlichen Folge hat, dass sich die beiden Gefangenen um die Wette in die junge
Prinzessin verlieben, die ihnen wie eine Erscheinung aus dem Paradiese und schöner denn jegliche
Göttin dünkt. In freundschaftlichstem Gedankenaustausche jammern die Armen über die Aussichts-
losigkeit ihrer Liebe und die Grausamkeit ihres Schicksals, welches sich nach Ansicht des Arcitas gar
nicht zum Besseren wendet, als er auf Verwendung des Peritoos von Theseus freigelassen wird. Geschah
dies doch nur unter der Bedingung, dass er bei Todesstrafe nicht mehr nach Athen zurückkehre; die
Trauer seines Abschiedes wird blos dadurch einigermassen gemildert, dass er vor dem Wegreiten noch
die Lichtgestalt der geliebten Emilia auf einem Balcone der Burg erblickt.

IV. Buch. Die Irrfahrten des Arcitas von einem Fürstenhofe zum andern sind nicht im Stande,
ihn von seinem Liebesgram zu heilen, so dass er schliesslich, zum Skelet abgemagert und entstellt, ent-
schlossen ist, lieber zu sterben, als solch ein Leben weiter zu führen, und sich nach Athen einschifft.
Apollo erhörte sein Flehen, dass er unerkannt unter dem Namen Penteus in die Dienste des Theseus
treten konnte, und so erholt er sich allmälig in der Nähe seiner angebeteten Emilia, die ihn wohl er-
kennt aber kluger Weise nicht verräth. Der verliebte Arcitas-Penteus schwärmt und schmachtet sich
ganze Nächte lang in einem Haine an murmelndem Bache aus, leider aber zu laut, so dass ihn eines
Morgens Panfilo, der Diener des noch immer gefangenen Palemon, belauscht und als Arcitas erkennt.

V. Buch. Die Mittheilungen seines Dieners wecken in Palemon die Eifersucht und, da unter
solchen Umständen im Kerker zu bleiben, hundert Tode an einem Tage sterben heisst, entflieht er mit
Hilfe seines Dieners und seines getreuen thebanischen Arztes Alimet und sucht wohlgewappnet in der
nächsten Nacht den Hain des Arcitas auf, mit ihm um die geliebte Emilia zu kämpfen. Trotz der nie-
mals erloschenen Freundschaft Beider und trotz aller vernünftigen Vorstellungen des Arcitas besteht
Palemon auf dem Zweikampfe und, weit entfernt, durch das zufällige Erscheinen der Emilia auf der
Falkenjagd getrennt zu werden, hauen die Gegner um so wüthender auf einander los, bis sie der herbei-
gerufene Theseus endlich beschwichtigt. Als er die Ursache ihres Kampfes und ihre Namen erfahren,
verzeiht er in Erinnerung der eigenen Jugend und Liebesthorheiten den beiden Thebanern ihre Ver-
gehen, dem Arcitas die Wiederkehr auf athenischen Boden und dem Palemon die Flucht aus dem
Kerker. Ueber den Besitz der Emilia soll nach seiner Bestimmung ein Massenzweikampf von je hundert
Rittern auf Seite des Arcitas und des Palemon im athenischen Theater entscheiden.

VI. Buch. Bis zu dem Marsfeste des nächsten Jahres, auf welchen Tag der Entscheidungskampf
angesetzt war, lebten die beiden Freunde, denen Theseus ihre eingezogenen Güter zurückgegeben hatte,
in Jubel und Siegeszuversicht, jeder sich durch Feste und Liebenswürdigkeit neue Anhänger werbend.
Allmälig rückten auch die durch eigene Boten in ganz Griechenland geladenen Gäste, Fürsten und Edle,
zu dem Kampfspiele daher; die homerischen Helden alle, damals zumeist noch junge Recken, ja selbst
Minos, Radamentes und Sarpedon fanden sich ein und rijgnals vorher und nie wieder nachher sah Athen
so viel Adel und Vornehmheit in seinen Mauern vereint.1' /.

VII. Buch. Theseus, der in der Ehrung seiner Gäste von seiner holden Gattin Hippolyta aufs
Beste unterstützt wird, hält in dem grossen Theater eine Fürstenversammlung ab, in welcher die Art
des Kampfspieles als eines »palestral giuoccj,amorosa battaglia, non odiosa« und d'e Vertheilung der
hundert Kämpfer auf jeder Seite bestimmt wird. Die Hauptbetheiligten wenden sich im Gebete zu den

i Die Aufzählung liest sich wie der Schiffskatalog in der Ilias und die Beschreibung der verschiedenen Trachten zurV.
Charakterisirung der einzelnen Persönlichkeiten und Landschaften ist in hohem Grade fesselnd und als Gradmesser von
Boccaccio's mythologischem und archäologischem Wissen sehr interessant.
 
Annotationen