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Friedrich Dörnhöffer.
Auf ein anderes Werk1 hat zuerst Schmid2 hingewiesen. Es ist eine Reisebeschreibung voll der
seltsamsten Abenteuerlichkeiten. Die Reise geht durch den ganzen Orient, Aegypten, Syrien, Arabien,
Persien, Indien und Aethiopien, wo der kühne Fahrer viel Fremdartiges an Menschen und Thieren
gesehen und erfahren hat. Veranschaulicht wird die Erzählung durch 46 Holzschnitte (deren drei sich
wiederholen), die nicht signirt sind
aber unzweifelhaft von Jörg Breu
herstammen. Es sind kleine, in den
Text gestellte Täfelchen (ca. 10 Cm.
breit, 6 Cm. hoch), die mit grosser
Lebendigkeit auf den phantasie-
vollen Ton des Textes eingehen.
Indien und Aethiopien hat der Zeich-
ner natürlich nicht gesehen aber um
so sicherer Venedig, an das ganz
unverkennbare Reminiscenzen in
grosser Zahl auftreten.3 Dazu eine
Titeldarstellung, auf der der Ritter
Vartoman der thronenden, vom Hof-
staate umgebenen Frau Anguesina,
Herzogin von Urbino, sein Werk
überreicht (Fig. 3).+
Die Zeichenweise ist unver-
kennbar: mittelgrosse Gestalten, in
der Regel gut proportionirt, ausser
dass die Beine bisweilen zu stämmig
und kurz gerathen; immer sind an
den Armen und Beinen die Muskeln
und Knochen genau bezeichnet, was
ein Hauptcharakteristicum Breu-
scher Art ist; die Köpfe oft in
scharfem Profil, mit besonderer Vor-
liebe vorne abwärts geneigt, so dass
sich die Gesichter in Verkürzung
zeigen, die Haare meist in Umrissen
auf den Schädel eingezeichnet; tief-
liegende Augen; durch einen Strich
vom äusseren Augenwinkel der
Backenknochen markirt; Vorliebe,
die Gesichter theilweise oder ganz
durch schräge Schraffen in Schatten zu legen; ein eigenthümlich wirres Gefältel im Ellenbogen; aus-
drucksvolle Sprache der Glieder und Hände; Baumschlag endlich und Architektur ganz wie auf den
Münchener Zeichnungen. Die oben gegebene Charakteristik dieser Zeichnungen zu der eben versuchten
der Holzschnitte gehalten, lässt wohl die Identität des Urhebers nicht bezweifeln. An besonders auf-
Fig. 2. Verspottung Christi.
(Holzschnitt von Jörg Breu.)
1 »Die ritterlich und lobwirdig wais des gestrengen und überall ander weit erfarnen ritters und landfarers herren
Ludovico Vartomans von Bolonia.....in Verlegung des ersamen Hansen Millers der jarzal Christi 1515•*
2 A. a. O., p. 22.
3 So: Olli, RHv, Till und an vielen Stellen.
4 Vgl. Einleitung.
Friedrich Dörnhöffer.
Auf ein anderes Werk1 hat zuerst Schmid2 hingewiesen. Es ist eine Reisebeschreibung voll der
seltsamsten Abenteuerlichkeiten. Die Reise geht durch den ganzen Orient, Aegypten, Syrien, Arabien,
Persien, Indien und Aethiopien, wo der kühne Fahrer viel Fremdartiges an Menschen und Thieren
gesehen und erfahren hat. Veranschaulicht wird die Erzählung durch 46 Holzschnitte (deren drei sich
wiederholen), die nicht signirt sind
aber unzweifelhaft von Jörg Breu
herstammen. Es sind kleine, in den
Text gestellte Täfelchen (ca. 10 Cm.
breit, 6 Cm. hoch), die mit grosser
Lebendigkeit auf den phantasie-
vollen Ton des Textes eingehen.
Indien und Aethiopien hat der Zeich-
ner natürlich nicht gesehen aber um
so sicherer Venedig, an das ganz
unverkennbare Reminiscenzen in
grosser Zahl auftreten.3 Dazu eine
Titeldarstellung, auf der der Ritter
Vartoman der thronenden, vom Hof-
staate umgebenen Frau Anguesina,
Herzogin von Urbino, sein Werk
überreicht (Fig. 3).+
Die Zeichenweise ist unver-
kennbar: mittelgrosse Gestalten, in
der Regel gut proportionirt, ausser
dass die Beine bisweilen zu stämmig
und kurz gerathen; immer sind an
den Armen und Beinen die Muskeln
und Knochen genau bezeichnet, was
ein Hauptcharakteristicum Breu-
scher Art ist; die Köpfe oft in
scharfem Profil, mit besonderer Vor-
liebe vorne abwärts geneigt, so dass
sich die Gesichter in Verkürzung
zeigen, die Haare meist in Umrissen
auf den Schädel eingezeichnet; tief-
liegende Augen; durch einen Strich
vom äusseren Augenwinkel der
Backenknochen markirt; Vorliebe,
die Gesichter theilweise oder ganz
durch schräge Schraffen in Schatten zu legen; ein eigenthümlich wirres Gefältel im Ellenbogen; aus-
drucksvolle Sprache der Glieder und Hände; Baumschlag endlich und Architektur ganz wie auf den
Münchener Zeichnungen. Die oben gegebene Charakteristik dieser Zeichnungen zu der eben versuchten
der Holzschnitte gehalten, lässt wohl die Identität des Urhebers nicht bezweifeln. An besonders auf-
Fig. 2. Verspottung Christi.
(Holzschnitt von Jörg Breu.)
1 »Die ritterlich und lobwirdig wais des gestrengen und überall ander weit erfarnen ritters und landfarers herren
Ludovico Vartomans von Bolonia.....in Verlegung des ersamen Hansen Millers der jarzal Christi 1515•*
2 A. a. O., p. 22.
3 So: Olli, RHv, Till und an vielen Stellen.
4 Vgl. Einleitung.