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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 18.1897

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Abhandlungen
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Ilg, Albert: Ein Schreiben Heinrich Friedrich Füger's
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https://doi.org/10.11588/diglit.5779#0084
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Ein Schreiben Heinrich Friedrich Füger's.

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»beim abc und bei den leichteren Sätzen an, warum eben in der Malerei beim Ende und
»da, wo sie am schwersten ist? Wir müssen die Treppe, die zum Tempel der Wahrheit
»führt Stufe vor Stufe von unten auf steigen, nur wenigen glücklichen Sterblichen ist es
»vergönnt, gleich mit den ersten Schritten bis oben zu gelangen und in das helle Licht der
»Wahrheit zu sehen.

»Noch zur Zeit habe ich keine Nachricht erhalten, ob unsere Arbeiten in Wien an-
gekommen sind. Ich vermuthe aber, daß sie längst da sind und daß Sie sie auch längst
»gesehen haben. Von meiner Zeichnung muß ich nur soviel sagen, daß ich sie wegen der
»Entfernung meines Originals, das in einem dunkeln Zimmer über einem hohen Fenster
»Gemalt ist, nicht anders als durchs perspectiv kopiren und also ohnmöglich mehr als in
»Ansehung der Composition Rechenschaft davon geben konnte. Jetzo bin ich bereits mit
»der zweiten Aufgabe beschäftigt, die in einem Gemälde besteht. Der Carton ist fertig und
»ich bin neugierig, wenn Sie das Bild sehen werden, ob Sie finden, daß ich nach Ihrem
»Sinne denke oder nicht.

(4. Seite.) »Von kleinen welschen Bildergen wäre wohl allerlei hier zu haben, daß Ihnen ein-

»leuchten würde, aber der Fehler ist nur der, daß die Bilder hier, Sie hingegen in Wien
»sind. Bis da hin und hergeschrieben, hin und her deliberirt und hin und her geboten
»wird, derweilen sind die Antiquare zehnmal hinter her und fischens weg. So wurde mir neu-
»lich ein kleines Bildgen von Annibal Carracci ins Hauß gebracht, um weil man noch über
»den Meister zweifelhaft war, meine Meinung zu sagen. Ich riet auf annibal und H. Tisch-
»bein, der soeben aus Paris hieher gekommen (ein Neffe von dem in Cassel) erkannte es
»für die ausgeführte Skizze von einem grossen Gemälde des Annibal im Palais royal. Man
»redete von 40 Ducaten, ich konnte nicht soviel daran wenden, das Bildgen, das kaum über
»eine Spanne im Gevierte hielt und auf Probierstein gemalt war, wanderte zu einem Engl.
»Antiquar, Jenkins, der kaufte es gleich, und ich hatte das Nachsehen. Eine sehr reiche
»Sammlung von Gemälden wird vielleicht bald verkauft werden, weil der Pabst selbst
»Liebhaber ist und viel vor die Päbstliche Sammlung kauft, so glaubt man, wird er die
»Hand darauf decken. Es ist die hinterlassene Sammlung des verstorbenen Duca di Caserta,
»die durch seinen Tod an seine Erben in Napoli fallen (sie), die als gute Neapolitaner lieber
»das Geld dafür genommen hätten. Sie ist besonders reich an kleinen ausgeführten Cabinet-
»stücken von den großen Welschen Malern. Es sind Guercinos, Carracci, Schidone's da
»zum Entzücken schön. Auch viele Niederländer von der Zeit, da sie sich in Rom auf-
»gehalten haben, als Berghem, Peter de Laars. Von diesem besonders habe ich eine be-
»trächtliche Anzal bemerkt. Ich werde suchen einen Catalogum davon zu bekommen und
»ihn Ihnen sogleich (mit Gelegenheit versteht sich) communiciren. Von Kupfern ist sehr
»selten noch etwas vernünftiges zu haben. Ich nehme mir gar die Mühe nicht mehr darnach
»zu sehen, da ich schon soviele Meister vergeblich durchwühlt habe. Volpati hat neuerlich
»die Atheniensische Schule auf großem folio format in Kupfer geäzt. Es ist das beste
»Kupfer, was ich noch davon gesehen habe. Er ist mit dem Streit übers heil. Sacrament
»beschäftigt und wird das Blatt vor 1 Zechin verkaufen. Haben Sie Lust dazu, so haben
»Sie nur zu befehlen und ich schicke sie Ihnen auf den Herbst warm von der Presse. Viel-
»leicht auch Abdrücke von zwei neuen erst dieser Tage gefundenen, antiken Gemälden aus
»der Villa Negroni, die der aldobrandinischen Hochzeit nichts nachgeben.

(5. Seite.) »Weil ich schon einmal im Plaudern bin, so werden Sie mirs zu gut halten, daß

»ich noch ein Blatt anfange, pictoribus atque poetis multa licent — Ist immer mein
»Wahlsprüchlein, wenn ich merke, daß ich irgend wozu eine Entschuldigung bedarf. Doch
»wenn ich Ihnen von Mengs erzäle, so hoffe ich, werde ichs nicht nötig haben. Dieser
»ausserordentliche Mann ist nun seit geraumer Zeit wieder hier und arbeitet an dem Ent-
»wurf zu dem grossen Altarblatt für die Peterskirche, wo er seinem Nahmen ein Denk-

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