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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 18.1897

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Abhandlungen
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Ilg, Albert: Ein Schreiben Heinrich Friedrich Füger's
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https://doi.org/10.11588/diglit.5779#0087
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Albert Hg.

Giovanni Volpato's Stich der Schule von Athen kam eigentlich erst das folgende Jahr, da Füger
von dem Gegenstande berichtet, 1778, heraus.

Die antiken Malereien der Villa Negroni-Paretti, welche 1777 entdeckt wurden, existiren in einer
kostbaren, seltenen Kupferstichpublication: Picturae parietinae inter Equilias et Viminalem collem
superiori anno detectae. Mehrere Tafeln hat Mengs, andere sein Schwager Anton von Maron (geb. zu
Wien 1733, gest. zu Rom 1808) gezeichnet. Mengs gab den Anstoss zu der Veröffentlichung. Den
Grundriss lieferte der Architekt Buti. Stecher waren Pietro Vitali, Carattoni und Angelo Campanella,
letzterer ein Schüler des Volpato. Es erklärt sich daher sehr einfach, dass Füger, Maron's College bei
Mengs und Befreundeter Volpato's, an der Sache so viel Interesse nahm.1

Der englische Kunsthändler Jenkins ist wohlbekannt. Sein Commis, Namens Ricci, ein Mai-
länder, war der Bruder jenes schönen Mädchens Maddalena Ricci, für welche Goethe bei seinem Auf-
enthalt in Rom 1787, also zehn Jahre nach dem Briefe Füger's, eine so zarte Leidenschaft gefasst
hatte. Darüber sind erst in der allerjüngsten Zeit durch einen Beamten der Biblioteca Vittorio Ema-
nuele, Signore Valeri, interessante Forschungen angestellt worden. Goethe selbst erzählt, dass Angelica
Kauffmann die reizende Mailänderin zur Freundin erwählt hatte. Mit Jenkins und Volpato stand sie
gleichfalls im Verkehr und bald, nachdem Goethe im April 1788 Rom verlassen hatte, heiratete sie
der Sohn des in diesem Schreiben Füger's gleichfalls genannten Kupferstechers Volpato. Jenkins war
sehr wohlhabend und bewohnte in Castel Gandolfo die ehemalige Villa des Generals der Jesuiten, wo-
selbst ausgezeichnete Fremde zusammenkamen und Goethe auch die Geliebte kennen gelernt hatte.

Der Tischbein, welchen Füger hier den aus Cassel nennt, ist Johann Heinrich der Aeltere (geb.
3. October 1722 zu Haina in Hessen, gest. in Cassel am 22. August 1789). Der damals aus Paris ge-
kommene Neffe desselben ist das berühmteste Mitglied der vielverzweigten Künstlerfamilie, der Maler
Heinrich Wilhelm, der Neapolitaner, wie man ihn später nannte, als er 1790 an der dortigen Akademie
Director geworden war; es ist der von Goethe so viel genannte und ziemlich überschätzte Maler. Unsern
bei Weitem geistreicheren, fähigeren und viel geschmackvolleren Füger hat der in Kunstsachen doch
bisweilen unsichere grosse Mann recht spröde und, Tischbein gegenüber, ungerecht abgethan. Der
»Neapolitaner«, Heinrich Wilhelm, war der Neffe des Casseler Tischbein, Johann Heinrich des Ael-
teren, indem der Bruder desselben, Johann Konrad, Kunsttischler in Haina, gest. 1778, sein Vater
war. Heinrich Wilhelm war in diesem Orte am 15. Februar 1751 geboren, starb in Eutin am 26. Juli
1829.

Herr Linder endlich, der sich durch den Briefschreiber seinem Gönner Birckenstock empfiehlt,
ist der Maler und Stecher Franz der Aeltere, geb. in Klagenfurt 1738, welcher, wie schon erwähnt, mit
Füger, Zauner, Maurer und Nigelli damals als Wiener Akademiker gleichzeitig nach Rom entsendet
worden war. Er hatte zuerst in Laibach und Venedig gelernt, ging dann nach Wien, wohin er von
Rom 1780 wieder zurückkehrte. Er malte gut getroffene Bildnisse der königlichen Familie von Neapel,
Kaisers Joseph II., Erzherzogs Maximilian, Hoch- und Deutschmeisters und Cardinal-Erzbischofs von
Köln, des Grafen Zinzendorf, Gouverneurs von Triest, des Cardinal-Fürstbischofs von Gurk, Fürst Salm
etc. Für die Kirche Maria Stiegen in Wien malte er einen Gekreuzigten, dasselbe Sujet (noch vor-
handen) für die protestantische Kirche A. C. daselbst; in der Esterhäzy-Galerie befand sich Zeus und
Ganymed; für Linz malte er mehrere Altarblätter; die akademische Galerie in Wien besitzt von ihm
das Bild: Beiisar als blinder Bettler; das genannte Ganymedbild war sein am 27. August 1783 über-
reichtes Aufnahmswerk für diese Akademie, welche ihn als Schutzverwandten, Mitglied und Rath an-
nahm. Nach einem verschollenen Gemälde des Künstlers (der auch Lindrer, Linderer, Lindner ge-
schrieben erscheint), darstellend eine nackte Frau, la vanite, hat A. Geiger ein Schabblatt geliefert
(Auction Bergmann, Wien 1887, 23o). Auf der historischen Ausstellung der Stadt Wien 1873 (Kata-
log 997) befand sich das von Fr. John (nicht Jahn!) punctirte Porträt des Büchercensors Freiherrn von

1 Siehe Mau, Geschichte der decorativen Wandmalerei in Pompeji, p. 456. — Notizie istorice della villa Massimo,
p. 2i3 ff. — Die Angaben in Engerth's Katalog der kais. Gemäldegalerie, 1886, III, p. 158, unrichtig.
 
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