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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 18.1897

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Ilg, Albert: Mathias Steinle
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5779#0200
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i68

Dr. Friedrich Kenner.

30. Garzia,

am i. Juli 1547 geboren, 1560 Commandant der päpstlichen Galeeren, starb schon am 6. December 1562 in Pisa
an einem heftigen Anfalle von Sumpffieber, den er sich am 16. November bei den Jagden in den pisanischen
Maremmen zugezogen hatte.1

Aufschrift in gelber Oelfarbe: FlGLIOL DI COSSIMO j GRA DVCHA Jugendliches Brustbild
links, fast von vorne, unbärtig, Augen und Brauen, das reiche lockige Haupthaar schwarz, Mund und

Kinn voll und zurücktretend, langes schmales Ge-
sicht, schmächtige Büste in grünem Rocke, Brust
und Aermel mit in Gold verzierten Nähten und
zahlreichen Querstreifen geschmückt und mit einer
Knopfreihe geschlossen, der breite Hemdkragen
umgeschlagen und mit Spitzen besäumt. Grund
graubraun, ins Lichtere spielend. Auf Holz auf-
gezogen. — Copist A. — Katalog Nr. 3gg.

Während die bekannteren Bildnisse von
Bronzino in den Uffizien2 und im Palazzo Pitti3
den Prinzen noch als Kind darstellen, gibt ihn
unser Porträt als Jüngling etwa aus der Zeit vor
seinem unvermutheten Tode, bei welchem er im
16. Lebensjahre stand. Das Original ist sicher
auch von Bronzino gemalt, der, wie Vasari sagt,
Garzia »in piü quadri« dargestellt hat.4

31. Ferdinando I.,
geboren 3o. Juli 1549, von Papst Pius IV. am 2. Jänner
1565 zum Cardinal promovirt, ohne dass er jemals geist-
liche Weihen empfangen hätte, ging 156g nach Rom,
wo er, ein entschiedener Gegner von Bianca Capello,
fortan zumeist verblieb. Er erbaute dort die Villa Me-
dici, machte bedeutende Erwerbungen an antiken Kunst-
werken und gewann sich durch Freigebigkeit und edle
Bildung die Achtung und Zuneigung des Volkes. Im
Jahre 1587 auf den Thron gelangt, legte er 1589 den Car-
dinalspurpur ab. Er änderte vollständig die Politik seines
Vaters und trat, um das Uebergewicht Spaniens in Italien zu beseitigen, auf die Seite Heinrich IV. von Navarra,
der anfänglich in manchen Angelegenheiten seinen Rathschlägen folgte, erreichte aber sein Ziel nicht, zumal als
die Freundschaft für Frankreich erkaltete und Spanien grosse Anstrengungen machte, durch Besetzung wichtiger
Plätze seine Stellung zu sichern. Im Inneren galt seine Regierung als vortrefflich in Folge der Hebung des
Handels (er ist der eigentliche Begründer von Livorno),5 des Ackerbaues (Austrocknung der Maremmen),
der Industrie, der freigebigen Unterstützung des Volkes in Unglücksfällen, endlich durch Errichtung gemein-
nütziger und wohlthätiger Anstalten in Arezzo, Siena, Pisa6 und Florenz. Er starb am 6. Februar 1609 und

1 Die Feinde des Hauses Medici streuten das Gerücht aus, Garzia habe auf der Jagd in Folge eines Wortwechsels
seinem Bruder, Cardinal Giovanni, dem Liebling des Cosimo I., eine Wunde beigebracht, an welcher dieser gestorben sei;
in blinder Wuth darüber habe der Vater den Garzia erdolcht. Diess steht in völligem Widerspruch mit den Berichten der
Geschichtschreiber Adriani (XVII, 4) und Scip. Ammirato (II, 534) sowie mit Cosimo's eigenen Briefen an seinen Sohn
Francesco, der damals in Madrid lebte. Vgl. A. von Reumont, Geschichte Toscanas unter den Medici 1876, S. 235 f.

2 Abgebildet bei Allegrini (Medici) und bei E. Müntz, a. a. O. III, p. 211.

3 Bardi, Tom. II, ohne Tafelnummer, Halbfigur eines etwa 8- bis 10 jährigen Knaben mit Köcher und Bogen. Das
Bildchen ist nur 6 Zoll 9 Linien breit und 8 Zoll 7 Linien hoch.

4 Vasari-Milanesi VII, p. 598.

' Die ihm daselbst 1608 noch bei seinen Lebzeiten errichtete Marmorstatue, eine Arbeit von Giovanni delle opere,
wurde von den Franzosen Ende des XVIII. Jahrhunderts der bronzenen Beigaben (Trophäen, Inschriften) beraubt und diese
nach Metallgewicht verkauft. Abgebildet bei Litta, tav. 5.

6 Unter anderen wird die Wiederherstellung des durch einen Brand zerstörten Domes 1594 und die Begründung
eines naturhistorischen Museums, des ersten in Toscana, erwähnt. — Auf der Piazza San Niecola steht die von einem
Schüler des Giovanni da Bologna, Francavilla, gearbeitete Statue des Grossherzogs.
 
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