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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 18.1897

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Ilg, Albert: Mathias Steinle
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5779#0204
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Dr. Friedrich Kenner.

und dem früher in Ambras befindlichen1 keinerlei Zusammenhang, ausser etwa, dass Vittoria in diesen,
in verschiedenen Lebensaltern entstandenen Porträten dasselbe grosse Kreuz an der Brust trägt. Nach
der Aehnlichkeit der Auffassung und nach der Zeit, in welcher unser Bild entstand, ist es sehr wahr-
scheinlich als ein früheres Werk des obengenannten Soetermans zu bezeichnen.

36. Gian Giacomo di Medici-Marignano,
Sohn des Bernardino Medici, aus einem angeblich nach Mailand ausgewanderten Zweige der Medici, geboren da-
selbst 1498, Bruder des nachmaligen Papstes Pius IV., flüchtete sich nach der mit Wissen des Herzogs Francesco

Sforza II. vollbrachten Ermordung des Astore Visconti
an den Comosee, eroberte Musso und vertauschte
dieses Castell sowie Landstriche im Veltlin, die er den
Graubündtnern abgenommen, gegen Marignano. Im
Jahre 1526 erwarb er sich im Kampfe der Liga gegen
Kaiser Karl V. so grossen Ruhm durch seine Tapfer-
keit, dass ihn Letzterer auf Empfehlung Leva's zum
Markgrafen ernannte und in seine Dienste nahm. Er
zeichnete sich in fast allen Kämpfen des Kaisers gegen
die Türken (1542), in Deutschland (1546), gegen
Frankreich und in Italien aus, führte siegreich im
Kriege um Siena (1554) die Truppen des Herzogs Co-
simo I.2 und war nahe daran, von König Philipp II.
zum Statthalter von Mailand ernannt zu werden, als
er im 58. Lebensjahre am 8. November 1555 vom Tode
hinweggerafft wurde. Sein Grabmal in der Capella
Medici im Dome von Mailand ist im Auftrage des
Papstes Pius IV. nach einem aus dem Jahre 1560 stam-
menden Entwürfe des Michelangelo von Leone Leoni
ausgeführt; es enthält zwischen kostbaren Säulen die
überlebensgrosse Porträtstatue des Verstorbenen aus
Bronze und die Statuen der Pax, Virtus, Providentia
und Fama.3

Aufschrift in Silber: 10. IA. MEDICI. M. G.
MARIGNANO.4 Brustbild rechts, im Profil, fast bis
zur Hüfte reichend, mit dunkelbraunen Augen,
die weitgeschwungenen Brauen, das Haupthaar
und der kurze Vollbart lichtbraun, mit Grau ge-
mischt, in schwarzer Rüstung mit gelben Rändern
und Knöpfen, die Harnischbrust gekehlt, über
dem Halsberg der glatte Hemdkragen. Grund
schwarzbraun. Auf Pappe aufgezogen. — Katalog Nr. 724.

Florenz 215. — Schrenk, Tab. 43, und Köhler, Taf. 42, im Gegensinne, Rüstung verschieden.
— Totti, p. 233 (im Gegensinne).

Das im Jahre 1581 von Jakob Hannibal von Hohenems5 dem Erzherzog Ferdinand übersendete
Bildniss ist dem Gemälde Tizian's in der Biblioteca Ambrosiana6 in den einzelnen Zügen und in der
Wendung sehr ähnlich und nur darin verschieden, dass er auf unserem Täfelchen in der Rüstung ohne
Waffenrock erscheint, eine Abänderung, welche einem der Copisten zugeschrieben werden muss. Das
Original stammt wohl aus dem Besitze der mit Papst Pius IV., den Medici-Marignano und den Hohenems

1 Jetzt im Saal XIV des Hochpaterres des kunsthistorischen Hofmuseums; auf der Rückseite steht: di mano di Casini.

2 Darauf bezieht sich die grosse Medaille von Sangallo vom Jahre 1555, Rs. Senis receptis.

3 Vasari-Milanesi VII, p. 398; vgl. p. 257 und 539. — Le tombe ed i monumenti illustri d'Italia von Niccolö Bettoni,
tav. I, p. 9.

4 Die unsichere Silberschrift ist in deutscher Sprache gedacht, wie die Siglen M G, d. i. Markgraf, zeigen. Sie ist
wohl erst in Ambras aufgemalt worden.

* J. Bergmann, Die Edlen von Embs zu Hohenembs, Denkschriften der k. Akademie der Wissenschaften X (1860),

S. 191.

6 Cavalcaselle im Archivio storico IV (1891), p. 4.
 
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