Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.
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69. Paulus de Castro oder Castrensis,
Sohn armer Eltern, geboren in Castro, Schüler des Baldus von Perugia (Nr. 47), wurde in Avignon promovirt
und begann seine Lehrthätigkeit daselbst, docirte i3go in Siena, 1394—1412 in Avignon, endlich 1439—1441 ;n
Padua; in der Zwischenzeit war er Auditor des Cardinais Zabarella in Rom, dessen Generalvicar in Florenz und
Rechtslehrer in Florenz und Perugia, ohne dass sich für diese Thätigkeit ein bestimmter Zeitpunkt angeben
Hesse.1 F.r starb am 20. Juli 1441 und liegt in der Kirche der Serviten in Padua begraben; über dem Grabe er-
richtete sein Urenkel Niccolö ein Grabmal mit einer Inschrift, welche einzelne Daten seines Lebens angibt. Der
»famosissimus juris utriusque monarca«, wie ihn einer seiner Hörer nennt, hatte mehrere später berühmt ge-
wordene Schüler, unter welchen vorzüglich Cae-
polla (Nr. 64), Tartagni (Nr. 135) und Mincucci
zu grossem Rufe gelangten.
Zierliche Goldschrift: PAVrvs (sie) DE
CASTRO. Brustbild rechts, im Profil, das Ge-
sicht aufwärts gerichtet, unbärtig, die kleinen
Augen und die Brauen braun, die Nase lang
und so wie die Unterlippe und das spitzige
Kinn vorspringend; in rother Haube, deren
mit lichtem Pelz verbrämter Rand umge-
schlagen ist, mit tief herabhängendem Nacken-
schutz, in rothem Unterkleide mit schmalem
weissen Halsstreif und gelbem, vorne offenem
Oberkleide, darüber ein hochrother Mantel.
Grund dunkelbraun. Auf Pappe aufgezogen.
— Copist S. 177, Note 10. — Katalog Nr. 481.
M. Mantua, Taf. 5 (im Gegensinne);
dort ist das Jahr 1467 (sie) statt 1457 ange-
geben ,2 was mit dem oben angeführten
Todesjahre nicht übereinstimmt. — Bei Gal-
laeus, tav. ig, im Gegensinne, sehr entstellt.
■— Bei Boissard [, tav. 15, p. 120, ähnlich,
mit Pelzkragen.
Ein anderes Bildniss des gelehrten Ju-
risten als das eben genannte, mit welchem Nr. 69.
auch unser kleines Gemälde übereinstimmt,
ist nicht bekannt. Es beruht auf dem Grabrelief, welches 1492 Bartolommeo Bellano in Padua in
Bronze ausführte. Dieses zeigt unter der Muttergottes einen Engel, der den beiden darunter dargestell-
ten Rechtslehrern, unserem Paolo und dem Sohne Angelo, ein Buch darreicht. Paolo, in der Haltung
und in der Wendung des Kopfes wie in Costüm und Gesichtszügen unserem Bilde ähnlich, sieht zum
Engel empor und erhebt die rechte Hand, um das Buch in Empfang zu nehmen.3 Daraus erklärt sich
in unserem Bilde die Wendung des Gesichtes nach oben.
Da das Grabmal erst 51 Jahre nach dem Tode des Dargestellten entstand, muss Bellano ein altes
Gemälde benützt haben. Pancirolus (p. 189) erwähnt nun der Erzählung, Sigismondo und Pandolfo
Malatesta hätten dem Jacopo Roselli im Jahre 1435 den Auftrag gegeben, das Bildniss des Paolo in
dem Palaste zu Cesena malen zu lassen. Dort existire es noch. Paolo erscheine dort alt, von gebräun-
ter Gesichtsfarbe, mager, mit Adlernase und unbärtig, einen rothen Hut mit herabfallender Binde auf
1 Für seine Bedeutung ist das von Benavidius, Epitome (bei Pancirolus), p. 484, erwähnte, von allen Juristen ge-
theilte und daher sprichwörtlich gewordene Unheil bezeichnend »adeo textum bene enucleasse glossas et caetera, ut dica-
tur, si non esset Bartolus, quod esset Paulus«.
2 In der Epitome (Pancirolus), p. 484, gibt Benavidius die Blüthezeit »quiequid dicatur« mit 1457 an, während Sa-
vigny das Jahr 1441 festgestellt hat.
3 Bode im Archivio storico IV (1891), p. 405 u. 406 mit Abbildung.
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69. Paulus de Castro oder Castrensis,
Sohn armer Eltern, geboren in Castro, Schüler des Baldus von Perugia (Nr. 47), wurde in Avignon promovirt
und begann seine Lehrthätigkeit daselbst, docirte i3go in Siena, 1394—1412 in Avignon, endlich 1439—1441 ;n
Padua; in der Zwischenzeit war er Auditor des Cardinais Zabarella in Rom, dessen Generalvicar in Florenz und
Rechtslehrer in Florenz und Perugia, ohne dass sich für diese Thätigkeit ein bestimmter Zeitpunkt angeben
Hesse.1 F.r starb am 20. Juli 1441 und liegt in der Kirche der Serviten in Padua begraben; über dem Grabe er-
richtete sein Urenkel Niccolö ein Grabmal mit einer Inschrift, welche einzelne Daten seines Lebens angibt. Der
»famosissimus juris utriusque monarca«, wie ihn einer seiner Hörer nennt, hatte mehrere später berühmt ge-
wordene Schüler, unter welchen vorzüglich Cae-
polla (Nr. 64), Tartagni (Nr. 135) und Mincucci
zu grossem Rufe gelangten.
Zierliche Goldschrift: PAVrvs (sie) DE
CASTRO. Brustbild rechts, im Profil, das Ge-
sicht aufwärts gerichtet, unbärtig, die kleinen
Augen und die Brauen braun, die Nase lang
und so wie die Unterlippe und das spitzige
Kinn vorspringend; in rother Haube, deren
mit lichtem Pelz verbrämter Rand umge-
schlagen ist, mit tief herabhängendem Nacken-
schutz, in rothem Unterkleide mit schmalem
weissen Halsstreif und gelbem, vorne offenem
Oberkleide, darüber ein hochrother Mantel.
Grund dunkelbraun. Auf Pappe aufgezogen.
— Copist S. 177, Note 10. — Katalog Nr. 481.
M. Mantua, Taf. 5 (im Gegensinne);
dort ist das Jahr 1467 (sie) statt 1457 ange-
geben ,2 was mit dem oben angeführten
Todesjahre nicht übereinstimmt. — Bei Gal-
laeus, tav. ig, im Gegensinne, sehr entstellt.
■— Bei Boissard [, tav. 15, p. 120, ähnlich,
mit Pelzkragen.
Ein anderes Bildniss des gelehrten Ju-
risten als das eben genannte, mit welchem Nr. 69.
auch unser kleines Gemälde übereinstimmt,
ist nicht bekannt. Es beruht auf dem Grabrelief, welches 1492 Bartolommeo Bellano in Padua in
Bronze ausführte. Dieses zeigt unter der Muttergottes einen Engel, der den beiden darunter dargestell-
ten Rechtslehrern, unserem Paolo und dem Sohne Angelo, ein Buch darreicht. Paolo, in der Haltung
und in der Wendung des Kopfes wie in Costüm und Gesichtszügen unserem Bilde ähnlich, sieht zum
Engel empor und erhebt die rechte Hand, um das Buch in Empfang zu nehmen.3 Daraus erklärt sich
in unserem Bilde die Wendung des Gesichtes nach oben.
Da das Grabmal erst 51 Jahre nach dem Tode des Dargestellten entstand, muss Bellano ein altes
Gemälde benützt haben. Pancirolus (p. 189) erwähnt nun der Erzählung, Sigismondo und Pandolfo
Malatesta hätten dem Jacopo Roselli im Jahre 1435 den Auftrag gegeben, das Bildniss des Paolo in
dem Palaste zu Cesena malen zu lassen. Dort existire es noch. Paolo erscheine dort alt, von gebräun-
ter Gesichtsfarbe, mager, mit Adlernase und unbärtig, einen rothen Hut mit herabfallender Binde auf
1 Für seine Bedeutung ist das von Benavidius, Epitome (bei Pancirolus), p. 484, erwähnte, von allen Juristen ge-
theilte und daher sprichwörtlich gewordene Unheil bezeichnend »adeo textum bene enucleasse glossas et caetera, ut dica-
tur, si non esset Bartolus, quod esset Paulus«.
2 In der Epitome (Pancirolus), p. 484, gibt Benavidius die Blüthezeit »quiequid dicatur« mit 1457 an, während Sa-
vigny das Jahr 1441 festgestellt hat.
3 Bode im Archivio storico IV (1891), p. 405 u. 406 mit Abbildung.
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