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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 18.1897

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Ilg, Albert: Mathias Steinle
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5779#0265
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232

Dr. Friedrich Kenner.

bei Piacenza (1515) verhinderte und in bedeutender Weise zu Gunsten der Franzosen in die Schlacht bei Ma-
rignano eingriff. Er starb bald darauf zu Ghedda am Oglio noch im Jahre 1515 an einer Krankheit in Folge der
Strapazen des Feldzuges Er war vermählt mit Bartolommea, der Schwester seines Gönners Virginio Orsini,
welche selbst im Jahre 1497 Bracciano längere Zeit gegen die Truppen des Papstes tapfer vertheidigt hatte, bis
weitere Hilfe kam, welche die Stadt vor dem Falle bewahrte.

Kleine Silberschrift: BARTOLOMEVS LIVIANVS. Brustbild rechts, im Profil, unbärtig, die kleinen
Augen schwarz, die Brauen braun, das lange, unten eingerollte Haupthaar grau, Nase fast gerade und
kräftig vortretend, Mund und Kinn klein, letzteres und die Unterlippe zurücktretend; auf dem Kopfe

ein breiter niederer Hut von hochrother Farbe mit
aufgestülpter Krampe; im Harnisch, dessen Hals
roth vorgestossen ist, darüber ein Waffenrock aus
Goldstorf, über letzterem Eisenachseln, deren
Flüge auf die Brust herabreichen; an jenem der
linken Seite ist mit rothem Bändchen eine innen
rothe Tartsche festgebunden. Grund schwarz-
braun. Auf Pappe aufgezogen. — Copist F. —
Katalog Nr. 698.

München, Fickler, Nr. 2757. — Van Roo,
p. 437, nach Jovius II, p. 143, nur wenig in der
Rüstung verschieden. — Aliprando Capriolo,
Nr. 88, und Totti, p. 16g, ganz verschieden, im
Gegensinne, einen Helm mit langem Nacken-
schutz auf dem Kopfe. — Die Medaillen unserem
Bilde gleich.1

Von den angeführten Bildnissen ist jenes
bei Giovio authentisch; wie er selbst sagt, kannte
er Liviano vom Sehen und bezeugt die Echtheit
des Bildes.2 Namentlich durch die an ihrem Ende
etwas nach aufwärts gerichtete Nase ist das Bild-
niss charakterisirt. Auch die alte, nach seinem
Tode geprägte Medaille bringt das gleiche Bild-
niss, während die Züge bei Capriolo ein ver-
schönertes regelmässiges Profil zeigen. Giovanni
Bellini malte sein Porträt, das Vasari von vielen
anderen hervorhebt.3 Es ist wahrscheinlich, dass Giovio's und unser Bild auf diesem Originale beruhen.

99. Mainus Jason,

Rechtsgelehrter, natürlicher Sohn des Andreoti de Maino, eines vornehmen Mailänders, geboren in Pesaro 1435,
studirte in Pavia unter Tartagni und trat hier die erste Professur an, die er von 1467 bis 1485 versah; ihr folgten
jene in Padua (bis 1488) und Pisa (1489), endlich jene von Pavia, die er bis zu seinem Tode innehatte. Ein
ausgezeichneter Redner, trat er vielfach bei Gesandtschaften und Festen als solcher auf, unter anderen auch bei der
Vermählung des Königs Maximilian mit Bianca Maria Sforza (1494); er wurde dafür zum Ritter und Pfalzgrafcn
erhoben, von Lodovico Moro zum Senator und Patricier (1495) ernannt. König Ludwig XII. von Frankreich be-
lehnte ihn nach der Einnahme von Mailand mit dem Schlosse Piopera4 und verlieh ihm den französischen Ritter-
stand. Auf des Königs Anliegen nahm er die wegen Augenschwäche neun Jahre unterbrochenen Vorlesungen
wieder auf und setzte sie bis 1511 fort. In dieser Zeit verfasste er seine meist exegetischen Werke, welche wegen
der Klarheit und Sorgfalt in der Sammlung und Darstellung der Ansichten hervorragender Fachschriftsteller und

1 Sammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses. — Armand II, p. 117, Nr. 46—48 und III, p. 200, P.

2 »In Bartholomaeo Liviano, sicuti nos vidimus et ex hac vera imagine conjectari licet, quamquam ab humili
corporis statura, ac ignobili subagrestis acerbique oris duetu nulluni ipso dignum personae decus emineret etc.«

3 Vasari-Milanesi III, p. 176.

4 Das Schloss wurde ihm sehr bald widerrechtlich entzogen, so dass er von den reichen Einkünften, die es ergeben
sollte, wie er selbst sagt, nie etwas genoss.
 
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