212
August Schestag.
(Taf. XXVII, 5). Diese Gruppe ist in der Roussillonhandschrift auf fol. 108' vollständig wiederholt
(Fig- 7)-
Auf fol. 6' der Chronik von Jerusalem, auf dem zweiten Bilde der ersten Colonne, flüchtet eine
Familie aus der eroberten Stadt (Fig. 8). In der Roussillonhandschrift finden wir dieselbe Gruppe auf
fol. 3g (Fig. 9); doch ist der Trupp der in die Stadt einziehenden Krieger etwas verändert.
Auf fol. 6' der Chronik von Jerusalem und fol. 34 der Roussillonhandschrift ist jedesmal ein
Reiter dargestellt, der einem Manne einen Beutel Goldes übergibt. Auch die Gruppe des Gefolges ist
theilweise gleich.
Auf fol. 9 der Chronik von Jerusalem und fol. 160 der Roussillonhandschrift spaltet ein Ritter
mit dem Schwerte den Körper seines Gegners. Dieser sowohl wie einzelne Reiter des Gefolges zeigen
grosse Aehnlichkeit in der Composition.
>, .,..„L,t,—11 im m in 11 " "iwimwil——W^— Eine sich häufig wiederholende
Darstellung ist die des Baues einer Stadt
oder einer Festung. Es sind zwei Bil-
der in der Chronik fol. 12' und fol. 17
und ein grosses Landschaftsbild auf fol.
164 der Roussillonhandschrift (Fig. io\
die diesen Vorwurf behandeln. Die
Gruppe der beiden Steinarbeiter, der
Mörtelmischer, die eine schwere Last
tragende Figur kehren auf allen diesen
Miniaturen wieder.
So können wir aus den bespro-
chenen Miniaturbildern ersehen, dass
für Darstellungen, die häufig wieder-
kehrten und öfter benöthigt wurden,
wie z.B. die Ueberreichung einer Hand-
schrift an den Besteller, den Bau von
Städten und Festungen, den Kampf der
Krieger u. s. w. Mustercompositionen
vorlagen, die dann in jedem einzelnen
Falle abgeändert und dem Texte ange-
passt wurden.
Da wir sehen, dass das Figürliche
in unseren Miniaturen und in den Bil-
dern Rogers van der Weyden, wie er-
wähnt, grosse Uebereinstimmung zeigt,
fällt es ganz besonders auf, dass die Landschaft Rogers hinter der unserer Handschriften um Beträcht-
liches zurücksteht. Ein sehr gutes Beispiel für den Typus der Roger'schen Landschaft bietet das in der
Sammlung des kunsthistorischen Hofmuseums in Wien befindliche Kreuzigungsbild des Meisters. Der
Vordergrund ist von flachen, grünlichgelben Hügeln gebildet, deren Ränder senkrecht abfallen und
Felsformationen zeigen; niedriges Strauchwerk, nur selten höhere Bäume beleben die Landschaft. Der
Hintergrund, der in den Localtönen gegeben ist, hebt sich scharf vom Himmel ab; die Luftperspective
hat in die Kunst Rogers noch keinen Eingang gefunden.
Die hohe Entwicklung der Luftperspective in der Schule Vrelants lässt uns den bedeutenden
Unterschied zwischen der Miniatur- und der Tafelmalerei dieser Zeit erkennen. Wodurch aber die
Miniatoren dieser Schule eine so hohe Fertigkeit in der Darstellung der Landschaft erreicht haben, ob
sie von aussen beeinflusst wurden oder ob aus der Schule selbst diese Neuerung hervorgegangen ist,
das zu beurtheilen ist mir bei den zu Gebote stehenden Mitteln leider nicht möglich. Die Annahme
Fig.
Flucht einer Familie aus einer eroberten Stadt,
aus der Chronik von Jerusalem, fol. 6'.
August Schestag.
(Taf. XXVII, 5). Diese Gruppe ist in der Roussillonhandschrift auf fol. 108' vollständig wiederholt
(Fig- 7)-
Auf fol. 6' der Chronik von Jerusalem, auf dem zweiten Bilde der ersten Colonne, flüchtet eine
Familie aus der eroberten Stadt (Fig. 8). In der Roussillonhandschrift finden wir dieselbe Gruppe auf
fol. 3g (Fig. 9); doch ist der Trupp der in die Stadt einziehenden Krieger etwas verändert.
Auf fol. 6' der Chronik von Jerusalem und fol. 34 der Roussillonhandschrift ist jedesmal ein
Reiter dargestellt, der einem Manne einen Beutel Goldes übergibt. Auch die Gruppe des Gefolges ist
theilweise gleich.
Auf fol. 9 der Chronik von Jerusalem und fol. 160 der Roussillonhandschrift spaltet ein Ritter
mit dem Schwerte den Körper seines Gegners. Dieser sowohl wie einzelne Reiter des Gefolges zeigen
grosse Aehnlichkeit in der Composition.
>, .,..„L,t,—11 im m in 11 " "iwimwil——W^— Eine sich häufig wiederholende
Darstellung ist die des Baues einer Stadt
oder einer Festung. Es sind zwei Bil-
der in der Chronik fol. 12' und fol. 17
und ein grosses Landschaftsbild auf fol.
164 der Roussillonhandschrift (Fig. io\
die diesen Vorwurf behandeln. Die
Gruppe der beiden Steinarbeiter, der
Mörtelmischer, die eine schwere Last
tragende Figur kehren auf allen diesen
Miniaturen wieder.
So können wir aus den bespro-
chenen Miniaturbildern ersehen, dass
für Darstellungen, die häufig wieder-
kehrten und öfter benöthigt wurden,
wie z.B. die Ueberreichung einer Hand-
schrift an den Besteller, den Bau von
Städten und Festungen, den Kampf der
Krieger u. s. w. Mustercompositionen
vorlagen, die dann in jedem einzelnen
Falle abgeändert und dem Texte ange-
passt wurden.
Da wir sehen, dass das Figürliche
in unseren Miniaturen und in den Bil-
dern Rogers van der Weyden, wie er-
wähnt, grosse Uebereinstimmung zeigt,
fällt es ganz besonders auf, dass die Landschaft Rogers hinter der unserer Handschriften um Beträcht-
liches zurücksteht. Ein sehr gutes Beispiel für den Typus der Roger'schen Landschaft bietet das in der
Sammlung des kunsthistorischen Hofmuseums in Wien befindliche Kreuzigungsbild des Meisters. Der
Vordergrund ist von flachen, grünlichgelben Hügeln gebildet, deren Ränder senkrecht abfallen und
Felsformationen zeigen; niedriges Strauchwerk, nur selten höhere Bäume beleben die Landschaft. Der
Hintergrund, der in den Localtönen gegeben ist, hebt sich scharf vom Himmel ab; die Luftperspective
hat in die Kunst Rogers noch keinen Eingang gefunden.
Die hohe Entwicklung der Luftperspective in der Schule Vrelants lässt uns den bedeutenden
Unterschied zwischen der Miniatur- und der Tafelmalerei dieser Zeit erkennen. Wodurch aber die
Miniatoren dieser Schule eine so hohe Fertigkeit in der Darstellung der Landschaft erreicht haben, ob
sie von aussen beeinflusst wurden oder ob aus der Schule selbst diese Neuerung hervorgegangen ist,
das zu beurtheilen ist mir bei den zu Gebote stehenden Mitteln leider nicht möglich. Die Annahme
Fig.
Flucht einer Familie aus einer eroberten Stadt,
aus der Chronik von Jerusalem, fol. 6'.