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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 20.1899

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I. Theil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Die Werkstatt der Embriachi in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.5730#0264
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2 2 8 Julius von Schlosser.

68. Mailand, Palazzo Cagnola (vgl. Taf. XXXVI und XXXVII). Hier befindet sich das Haupt-
stück der ganzen Gattung: Die Platten zweier grossen Truhen (ehemals in der Certosa von Pavia), mit
denen jetzt ein kleines Bibliothekscabinet verkleidet ist. Das Material ist angeblich Nilpferdbein; die
alte Vergoldung und Musterung ist stellenweise wohl erhalten. Bei der Adaptirung sind indessen ein-
zelne Stücke verstellt worden, worüber später. Im Ganzen sind folgende Bruchstücke erhalten:

i—4: Vier grosse Längstafeln mit je acht Abtheilungen (je 20 Cm. breit, 10 Cm. hoch),
eingerahmt von ehemals wohl auf den Deckeln der Truhen befindlichen Reliefstreifen (im
Ganzen circa 120 Cm. hoch, 40 Cm. breit). Diese zeigen einerseits (bei 1 und 2) Hirsche,
Rehe, Hasen, verfolgt von Hunden, auf dem gewöhnlichen Grunde von Rosenblättern,
anderseits (3 und 4) nackte geflügelte Amoretten, die theils paarweise leere Wappenschilde
halten, theils im Laubwerk des Grundes (mit piqueförmigen Blättern) nach Schmetterlingen
und Heuschrecken haschen, alles in feiner und sorgfältiger Ausführung. Ebenso trefflich sind
die figurenreichen, in starkem Relief behandelten, erzählenden Darstellungen, die (Nr. 1
und 2) einen noch zu deutenden Roman und die Geschichte der bösen Mattabruna so-
wie (3 und 4) den Schwank vom goldenen Adler bringen.

5 und 6: Zwei Längsstreifen mit reichem, marquetirtem Grunde, in den je vier Acht-
pässe eingelassen sind. Deren Darstellungen weisen auf: (5; vgl. Fig. 1) die Temperantia
(1 Relief), Theseus und Helena(?) (1 Relief), Hero und Leander (2 Reliefs); (6; vgl. Fig. 2)
Pyramus und Thisbe (4 Reliefs).1 Einrahmung durch Streifen mit plastischen Lilien.

7 und 8: Zwei Querstreifen, ebenfalls von Lilien eingerahmt. Der eine zeigt in acht Com-
partimenten, deren halbrunder, sonst nicht vorkommender Abschluss nach oben bemerkens-
werth ist und offenbar einer bestimmten tektonischen Eintheilung (Arcaden? siehe Nr. 76 im
Musee Cluny) entsprochen haben wird, die Jugendgeschichte des Paris. Einzelne Beinstücke
gehören nicht in diese Reihe (siehe unten). Der andere Streifen, der sich schon durch die un-
verhältnismässige Roheit der beiden äussersten (offenbar später einmal ergänzten) Gruppen
als ein Pasticcio aus heterogenen Stücken erweist, zeigt fünf, durch magere Spiralsäulchen
und durch Blätterpfeiler geschiedene Compartimente. Das mittelste, die feierliche Taufe und
Schwertleite eines ritterlichen Jünglings zeigend, gehört vielleicht zu Nr. 1 (siehe unten). Die
übrigen stellen paarweise en face stehende Gestalten, Frauen und Männer, dar. (Ia).

69. Meaux, Sammlung dAssy: Sechseckiges (?) Kästchen, angeblich vollkommen mit dem der
Pariser Nationalbibliothek (Nr. 75) übereinstimmend. Lenormant, Tresor de numismatique et de
glyptique, Basreliefs et Ornements, 2e partie, p. 17; Semper IV, 19. (Ia).

70. Modena, R. Galleria (Nr. 2426): Rechteckiger Cofano, ziemlich gross (circa 52 Cm. lang,
33 Cm. hoch). Auf dem Deckel bekleidete Amoretten mit Wappenschilden. Geschichte der Susanna,
aber vielfach ohne Zusammenhang. Einzelne Reliefs wiederholen sich. (I b).

71. Monza, Schatz der königl. Basilika: Kamm mit Darstellungen der Verkündigung und der
drei Könige. Molinier, Catalogue des Ivoires, Nr. i3o, p. 264. (III).

72. München, Bairisches Nationalmuseum: Spiegelrahmen, ganz ähnlich dem unter Nr. 6 beschrie-
benen. Bekleidete Genien. Hefner-Alteneck, Kunstwerke und Geräthschaften III, 40; Semper X, 9. (I b).

73. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: Rechteckiges Kästchen. Auf dem Deckel wappen-
haltende Putti, an den Wänden stehende Paare. An den vier Ecken Wächter mit Keulen und Schilden.
Abbildung in den »Cultur- und kunstgeschichtlichen Denkmälern des Germanischen Nationalmuseums«
(Photographien, Nürnberg, Soldan), Abth. II, A III. (Ia).

74. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: Flaches Kästchen ohne Marqueterie, ganz über-
einstimmend mit Nr. 59, 60. Auf dem Deckel in acht Abtheilungen Tänzer, ein Narr, Musiker mit Hand-
trommel und Pfeife. An den Wänden Jagddarstellungen. An der linken Langseite (Reh und Hund)
ist das Datum 1425 eingeritzt. Hefner-Alteneck, Kunstwerke und Geräthschaften II, Taf. 22. (III).

1 Die beiden mittleren Reliefs sind gleichfalls verstellt; das dritte (von oben) gehört vor das zweite.
 
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