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Julius von Schlosser.
au Cygne) und der fabelhaften Ahnengeschichte Gottfrieds von Bouillon zusammenhängt: Helias. Er
liegt in zwei verschiedenen Fassungen vor, von denen sich die jüngere (Ms. 7192 der Pariser Natio-
nalbibliothek) am meisten unseren Reliefs nähert, obwohl diese ein Hauptmotiv (an das durch Schwind
nachmals so berühmt gewordene Märchen von den sieben Raben anklingend), nämlich die Verwandlung
der ausgesetzten Kinder in Schwäne, unterdrücken.1 Der Stoff muss ungemein populär gewesen sein;
Fig. 26. Kästchen (Nr. 77).
(Mus£e Cluny. Nach der Zeitschrift des Ferdinandeums 1896, Taf. VIII.)2
noch Rabelais spielt wiederholt auf ihn an3 und einer freundlichen Mittheilung Prof. W. Creizenachs
in Krakau verdanke ich die Kenntnis eines altflandrischen Teppichs aus dem XV. Jahrhundert, heute
in der Katharinenkirche zu Krakau befindlich, der in vier Abtheilungen Darstellungen aus dem Helias-
roman, durch französische Inschriften erläutert, enthält.4 In Italien ist der Stoff namentlich durch das
oft aufgelegte Volksbuch von der Königin Stella und der Mattabruna populär geworden;5 übrigens
weicht dessen Fassung stark von der Relieferzählung ab.
1 Ausführliche Inhaltsangabe in der Hist. litt, de la France, vol. XXII, p. 38g ff.
2 Das Cliche wurde uns von der Redaction der Ferdinandeums-Zeitschrift freundlichst zur Verfügung gestellt.
3 Gargantua und Pantagruel, BuchII, Prolog (neben dem Orlando furioso, Fierabras etc. erwähnt); ibid., cap. 3o (Matta-
bruna als Waschweib in der Unterwelt neben Helena, Dido, Lucretia etc.); vgl. Buch V, cap. 2 (siehe dazu Hist. litt.,
a. a. O.).
4 Der Teppich, von ziemlich bedeutender Grösse (ca. 5*6 m. breit und ca. 3'7 m. hoch), ist von General Görski nach
den Napoleonischen Kriegen mit noch zwei anderen, den Cyklus ergänzenden Stücken (die vermuthlich im polnischen Auf-
stande 1863 verloren gegangen sind), nach Polen gebracht worden und wurde von seinem noch lebenden Sohne Herrn
Stanislaus v. Görski an das Augustinerkloster in Krakau geschenkt (Mittheilung Prof. Creizenachs). Eine vortreffliche Photo-
graphie des interessanten Stückes verdanke ich der Liebenswürdigkeit Hofrath v. Sokolowskis. Im österreichischen Museum
für Kunst und Industrie befindet sich ein vollkommen übereinstimmender Arazzo, theilweise durch Brand zerstört, der
augenscheinlich der gleichen Serie angehört und den Anfang der Mattabrunageschichte enthält. Er wurde 1873 von einem
holländischen Kunsthändler erworben und ist vielleicht mit einem der obenerwähnten i863 in Verlust gerathenen Stücke
identisch.
5 Siehe darüber D'Ancona, Sacre rappresentationi dei secoli XIV. ecc, vol. III, 319; von der Hagens Briefe in die
Heimat III, 106. Eine Inhaltsangabe der italienischen Version gibt Sant' Ambrogio, Le due arche ecc, p. 21 ff.
Julius von Schlosser.
au Cygne) und der fabelhaften Ahnengeschichte Gottfrieds von Bouillon zusammenhängt: Helias. Er
liegt in zwei verschiedenen Fassungen vor, von denen sich die jüngere (Ms. 7192 der Pariser Natio-
nalbibliothek) am meisten unseren Reliefs nähert, obwohl diese ein Hauptmotiv (an das durch Schwind
nachmals so berühmt gewordene Märchen von den sieben Raben anklingend), nämlich die Verwandlung
der ausgesetzten Kinder in Schwäne, unterdrücken.1 Der Stoff muss ungemein populär gewesen sein;
Fig. 26. Kästchen (Nr. 77).
(Mus£e Cluny. Nach der Zeitschrift des Ferdinandeums 1896, Taf. VIII.)2
noch Rabelais spielt wiederholt auf ihn an3 und einer freundlichen Mittheilung Prof. W. Creizenachs
in Krakau verdanke ich die Kenntnis eines altflandrischen Teppichs aus dem XV. Jahrhundert, heute
in der Katharinenkirche zu Krakau befindlich, der in vier Abtheilungen Darstellungen aus dem Helias-
roman, durch französische Inschriften erläutert, enthält.4 In Italien ist der Stoff namentlich durch das
oft aufgelegte Volksbuch von der Königin Stella und der Mattabruna populär geworden;5 übrigens
weicht dessen Fassung stark von der Relieferzählung ab.
1 Ausführliche Inhaltsangabe in der Hist. litt, de la France, vol. XXII, p. 38g ff.
2 Das Cliche wurde uns von der Redaction der Ferdinandeums-Zeitschrift freundlichst zur Verfügung gestellt.
3 Gargantua und Pantagruel, BuchII, Prolog (neben dem Orlando furioso, Fierabras etc. erwähnt); ibid., cap. 3o (Matta-
bruna als Waschweib in der Unterwelt neben Helena, Dido, Lucretia etc.); vgl. Buch V, cap. 2 (siehe dazu Hist. litt.,
a. a. O.).
4 Der Teppich, von ziemlich bedeutender Grösse (ca. 5*6 m. breit und ca. 3'7 m. hoch), ist von General Görski nach
den Napoleonischen Kriegen mit noch zwei anderen, den Cyklus ergänzenden Stücken (die vermuthlich im polnischen Auf-
stande 1863 verloren gegangen sind), nach Polen gebracht worden und wurde von seinem noch lebenden Sohne Herrn
Stanislaus v. Görski an das Augustinerkloster in Krakau geschenkt (Mittheilung Prof. Creizenachs). Eine vortreffliche Photo-
graphie des interessanten Stückes verdanke ich der Liebenswürdigkeit Hofrath v. Sokolowskis. Im österreichischen Museum
für Kunst und Industrie befindet sich ein vollkommen übereinstimmender Arazzo, theilweise durch Brand zerstört, der
augenscheinlich der gleichen Serie angehört und den Anfang der Mattabrunageschichte enthält. Er wurde 1873 von einem
holländischen Kunsthändler erworben und ist vielleicht mit einem der obenerwähnten i863 in Verlust gerathenen Stücke
identisch.
5 Siehe darüber D'Ancona, Sacre rappresentationi dei secoli XIV. ecc, vol. III, 319; von der Hagens Briefe in die
Heimat III, 106. Eine Inhaltsangabe der italienischen Version gibt Sant' Ambrogio, Le due arche ecc, p. 21 ff.