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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 20.1899

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II. Theil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
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Luschin von Ebengreuth, Arnold: Die ältesten Beschreibungen der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5730#0603
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CXCVI

Die ältesten Beschreibungen der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien.

Deß General Tilly Degen in einer rothen Scherpe.

Deß General Alt(r)ingers Huth, mit einer Ca-
nonen durchschoßen ohne deß Haupts Verletzung.

Des Obrist Schlangen hölzerne Hand, so er in
der Schlacht von Leibzig verlohren.

An der Mauer gegen den Fenster über stehet ein
groser Altar von Silber.

Item allerhand künstliche gemahlte Poetische Bil-
der, künstliche Lampet (sie), Schalen und Becher von
Helffenbein, aus Tyrohl gebracht.33

12'.

Die geistliche Schaczkammer.

Von dannen gehet man wider in den langen Saal
und fast in der Mitten desselben oben durch die Thür,
wann man anfangs hinein kommt, wieder hinauß gleich
gegenüber auf der rechten Seyten und kombt also zu
einer Thür hinein in die geistliche Schaz-Cammer, so
24 Schritt lang und 12 Schritt brait, habend 5 Fenster,
zwey auf den Burg Platz hinaus und 3 auser denselben
auf den Kohlenmarck. Inn diesen sind unterschiedliche
Schrancken mit Vorhängen behänget, worinnen aller-
hand Reliquise Sanctorum, Heiligthumer, Monstranzen,
köstliche Meßgewand und andere Kirchen Geräth, viel
Kelch und Becher von Silber und Gold, mit Perlein
besezet, daß es zu verwundern.

In der Mitten sind 5 Tisch aneinander nach der
Läng gesteh, deren 2 über die Quer, einer oben, der
ander unten, alle mit rothen Tuch bedecket, und son-
derlich auf der obersten Taffei ein Crucifix, ein rothes
Bild an Creuz, einer Spannen lang, so auß einer Kohl-
stauden gewachsen, welches in einen verzogenen Glaß
ist und hoch venerirt und sestimiret wird. Es ist aber
bemeltes Bildt dergestalt gefunden worden: Es sind in
i3. Vbberdorf nahe bey Hamburg zwey Schwestern ge-
wesen, davon die eine communiciret und die Hostien
zu sich gestecket hat und selbige nachmahlen in ihren
Garten vergraben, ihn dadurch fruchtbar zu machen.
Die andere hat mit Verwunderung gesehen, daß ihrer
Schwester Kraut allzeit so bald zeitig wird, und endlich
die Schwester gefraget, welche ihr die beschriebene
Manier geoffenbaret und sie dergleichen zu thun ver-
mahnet. Die andere Schwester hat diesen Rath auch
gefolget und es also gemacht. Weiln aber die benach-
barten Gärtners Knecht an einen gewiesen Ort deß
Gartten allezeit viel Lämplein brennen gesehen, haben
sie solcher Ursach fleißig nachgeforschet und an diesen
Ort obiges Creutz gefunden, welche hernachmahl Ihrer
Kayserlichen Mayestät verehret worden.

Auf der lincken Hand an der Wandt deß Eingangs

der Quer nach sind 2 Abtheilungen Repositorien, in

welchen sonderlich der Nagel, so Christo am Creuz durch

die rechte Hand geschlagen worden, welcher Ferdi-

i3\ nando III. von einen Weib von Nürnberg verehrt

worden. Weilen man aber gezweiffeit daran, ist er
einen Beseßenen Menschen auff die Zungen gehalten
worden, davon der Teuffei alsobaldt mit sehr schröck-
lichen und grosen Geschrey außgefahren.

Ein Dorn von der Cron Christi, in einen herrlichen
Geheuß von Goldt und Edelgesteinen eingefasset,
welches auff 3 Tonnen Goldes geschäezt wird.

Ein Creucz, von Silber und Kleinodien eingefaßet,
darinnen ein Stuck Holtz von Creuz Christi.

Nach der Lenge gegen den Fenster über sind 4 Ab-
theilungen mit allerhand Reliquien und Heiligthumbern,
in Goldt eingefast, guldine und silberne Crucifix, Kelch
und Leuchter, unter andern absonderlich:

Ein Crucifix, aus einer Wurzel gewachsen, mit
Haar und Bart, einer Spannen lang.

Neben des Zimmers der Quehr nach sind wiederum
2 Abtheilungen dergestalten, daß auf solchen zu sehen
allerhand kostbahre Mäßgewändt, alte Kanczeltücher,
auch andere Kirchen-Zirathen, darunter fürnemlich:

Ein Meßgewand mit der Inful und andere Apper-1
tinentien, über und über mit lauter klaren und schönen
Perlein gestücket.

An den Seyten und Pfeilen siehet man vor andern
ein Altar mit vier Zuschlägen, darinnen alle Evangelia
durchs ganze Jahr angemahlet von Albrecht Dürrer,
da er sich in der Mitte desselben gar künstlich selbst
abgemahlet.

Sebastiani Histori von erstgedachten Dürrer, so
in Holz geschnitten.

Christi Geburth in Helffenbein, mit subtiler in-
dianischer Goldtarbeith überzogen.

Ignis sacer Aetery (sie).

Viel Kasten, mit Diamanten verseezet, in welchen
Reliquiae Sanctorum, Todtenköpff, mit Goldt und Per-
lein eingefasset.

Item die allerschönste Gemähidt geistlicher Histo-
rien und andere Mahlereyen, dergleichen nirgend ge-
funden worden, andere unzehlbare Sachen zu ge-
schweigen, so in obbenannten dicken mit rothen
Sammet eingebundenen Buch speeificirt zu finden.

33 Von den Raritäten, die Brown anführt, seien noch er-
wähnt: Ein curioses Crucifix von Holtz, von Albrecht Dürer ge-
macht. Das Haubt Caroli des I. Königs von Engelland aus weissen
Marmor. Das Conterfait von s. Catharina von Siena, gemacht von
Sigismundo, König in Polen. — Zu welchen herrlichen Raritäten

noch gekommen ist die vortreffliche perlene Kette von 8 Elen lang,
so dem Graf Tekely genommen worden, in dem letzten ungarischen
Krieg, wie ich bei meiner Wiederkunft vernommen habe.
— Dürfte wohl auf die Erbeutung des Tbköly'schen Lagers durch
General Schult^ Ende 16S4 f« beliehen sein. Horvdth, Geschichte
der Ungarn II, 3o3.

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