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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Kallab, Wolfgang: Die toskanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0029
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Wolfgang Kailab.

fassung, die auf das Ganze einer bestimmten Gattung gerichtet wäre, ist verschwunden. In Einzelheiten
macht sich eine gewisse Kenntnis der Natur geltend, die jedoch mehr der Ornamentik zu Gute kommt.
Die Mängel perspectivischer Zeichnung äussern sich in flächenhafter Stilisirung. Die Typen der Vege-
tation unterliegen gleich jenen der Bodenform Schablonen, die sich zum Theile schon in der altchrist-
lichen Kunst finden und oft von reinen Ornamenten nicht weit entfernt sind. Mehr um ein Beispiel
der Stilisirung zu geben als den Formenvorrath erschöpfend aufzuzählen, seien hier die häufigsten Baum-
formen angeführt.

Nur ausnahmsweise werden Bäume in ihrer ganzen Gestalt der Natur abgelauscht, wie Cypressen,
Palmen, dürre Stämme.1 Andere, deren Gattung botanisch nicht bestimmbar ist, machen durch ihr

Fig. 12. Aus dem griechischen Menologium der vaticanischen Bibliothek.

buschiges Laub einen natürlichen Eindruck.2 Die meisten Formen sind Weiterbildungen antiker, wie
der Pilzbaum, der Knöspchenbaum. Der Stamm beider ist in regelmässiger Wellenlinie geschwungen.
Die Krone des ersteren besteht aus einer ovalen dunklen Scheibe, die mit radial gestellten Schüppchen
besetzt ist; zuweilen hängen schwarze Fransen von ihrem Rande herab.3 Der dünne Stamm des zweiten,
der wie eine antike Ranke emporwächst, trägt an seiner Spitze und den Enden der Aeste farbige
Blüthen.4 Andere Bäumchen gleichen einem in den Boden gesteckten Zweige oder gar nur einem lap-
pigen, von goldenen Adern durchzogenen Blatte, das mit schwarzen Wärzchen umsäumt ist.5

Ein ähnlicher Schematismus herrscht in der Wiedergabe von Kräutern und Blumen. Erstere
kriechen fast stets am Boden — ein Mangel der perspectivischen Zeichnung. Typisch ist die by-
zantinische Wiese, ein grüner Streifen, über den Stauden und Blümchen, letztere oft in regelmässigen

1 Gregor von Nazianz, Paris, Bibl. nat., Manuscr. Grecs, Nr. 510: Labarte, Album, pl. 81.

2 Vatican, Menologium: d'Agincourt, Peinture, pl. 3i, 10 und 15; pl. 32, 4; Psalter der Marciana.

3 Psalter der Barberina: Tikkanen, Psalterillustration, Taf. V, 3.

4 Psalter des British Museum: Tikkanen, Psalteriüustration, S. 21.

5 Evangeliar der Laurenziana: Plut. VI, 23.
 
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