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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Kallab, Wolfgang: Die toskanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0037
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Wolfgang Kallab.

Fig. 18. Mosaik aus der Vorhalle von San Marco zu Venedig.
(Nach der Publication von Ongania.)

VI. Die toscanische Landschaftsmalerei im XIV. Jahrhundert.

i. Grundzüge.

Mit der Periode, welche die Werke der Duccio, Giotto, Lorenzetti bezeichnen, treten zwei Be-
dingungen, eine äussere und eine innere, in die Entwicklung der Landschaftsmalerei ein, die bis dahin
noch nicht wirksam geworden waren. Die äussere ist die Verbreitung der Frescotechnik als des vor-
züglichsten malerischen Ausdruckmittels, die innere die beginnende Verselbständigung der künstleri-
schen Individualität.

Das Fresco nimmt dem Mosaik die führende Rolle in der Entwicklung ab. Die Schranke zwischen
dem Entwerfenden und Ausführenden fällt; zugleich fällt die Begrenzung der Ausdrucksmittel, die
einen Fortschritt der monumentalen Malerei in anderer Richtung als der gesteigerten Entfaltung deco-
rativer Pracht nahezu unmöglich gemacht hatte. Schon die Befreiung von den Fesseln der Technik
musste die Künstler zu selbständiger Gestaltung auffordern; das neue Malmittel trieb zu rascher auf
das Grosse und Ganze achthabender Arbeit an. An Glanz und Schimmer der tiefen Farben konnte das
Fresco mit den bunten Glaswürfeln nicht wetteifern; die Pracht des Materials war nur durch den Ge-
halt der Darstellung zu ersetzen.

Zu diesen äusseren Umständen tritt der bei Weitem wichtigere innere der künstlerischen Selbst-
befreiung, den wir im Allgemeinen und im Einzelnen verfolgen werden. Seine Ursachen, soweit sie
zu suchen sind, beruhen auf der Entfaltung und Vertiefung der geistigen und sittlichen Cultur des Zeit-
alters. Die Unterschiede auch in der Behandlung der Landschaft liegen nicht mehr allein an besseren
oder geringeren Vorbildern, nicht allein an der handwerklichen Schulung und technischen Vervoll-
kommnung, obwohl alle diese Bedingungen in Kraft bleiben, sondern auch in der Verschiedenheit der
Auffassung. Die Künstler beginnen schüchtern und zaghaft genug an gewissen Problemen zu arbeiten
 
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