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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Kallab, Wolfgang: Die toskanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0048
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Die toscanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung.

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unter den älteren Fresken (Oberkirche, Vierung) und durch diese auf byzantinische Bauten zurück,
wie wir sie z. B. auf den Mosaiken der Mone tes Choras fanden,1 und haben auch die Architekturen auf
dem Leben Christi (Unterkirche, rechtes Querschiff) beeinflusst. Auf diesen Fresken wie auf den Bildern
aus dem Leben des heil. Franz in der Oberkirche herrscht sonst ein gewisser Realismus, der sich
in der Abbildung wirklicher oder möglicher Bauten genugthut2 und sich auch auf die Innenräume
erstreckt.

Der Gegensatz, der zwischen Duccio und Giotto besteht, erfasst die beiden Schulen, auf denen die
Entwicklung der Malerei in der ersten Hälfte des Jahrhunderts beruht. Aus Siena gehen Wirklichkeits-

Fig. 27. Ambrogio Lorenzetti, Siena, aus den Fresken im Palazzo Publico zu Siena.

schilderer und Landschaftsmaler hervor, die die Fesseln der Ueberlieferung zum Theile vollständig ab-
streifen; die Florentiner halten an dem Kanon conventioneller Formen fest und bringen nur abstracte
Landschaftsdarstellungen zuwege, die trotz mancher bildungsfähiger Ansätze das grösste Hindernis für
die Entfaltung eines planvollen Naturstudiums noch im folgenden Jahrhundert gebildet haben. Zwischen
diesen beiden Schulen stehen die zwei bedeutenden Landschaften Pisaner Meister, die eine alterthüm-
liche Ueberlieferung durch eigenthümliche Naturauffassung beleben.

Zwischen Duccio und den jüngeren Sieneser Malern weist unsere Ueberlieferung eine Lücke auf.
Wir wissen keinen Maler namhaft zu machen, dessen Werke zwischen den realistischen Hintergründen
der Maestä, die doch überall an die Tradition anknüpfen, und Ambrogio Lorenzettis freien und natura-
listischen Landschaften vermitteln; denn Simone Martini3 beschränkt die Localbezeichnung auf dürf-

1 Vgl. oben, S. 27 f.

2 Minervatempel von Assisi (1. Fresco), Trajanssäule (28. Fresco: Thode, a. a. O., S. 168), Kirchenfacade, ähnlich der
der Kathedralen von Siena oder Orvieto (23. Fresco: Thode, S. 298).

3 Fresken in der Martinskapelle von San Francesco zu Assisi: Thode, S. 276 £F.

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