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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Kallab, Wolfgang: Die toskanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0062
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Die toscanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung.

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würde. Auf solche Weise wird sich ein lebendiges Gesammtbild des Stückes Natur ergeben, dessen
sich diese Pionniere der Landschaftsmalerei bemächtigt haben.

Drei grosse Motivgruppen lassen sich da unterscheiden: die Flussebene mit Randgebirgen, das
reich bebaute Hügelland und die archaistischen Motive der überlieferten Felslandschaft.

Das Flussthal ist die erste Eroberung der Florentiner Landschaften, ihr Leitmotiv, an das sich
alle anderen angliedern, bis auf Lorenzo di Credi und Fra Bartolommeo. Man braucht nur die Stadt-
thore von Florenz zu verlassen, um es in der Natur reizend entfaltet zu sehen. Versetzen wir uns auf
die hohen Bastionen, die den Kirchhof von San Miniato al Monte umgeben, und blicken wir gegen das

Fig. 3l. Baldovinctti, Geburt Christi. Florenz, Santa Annunziata.
(Nach den Publicationen der kunsthistorischen Gesellschaft.)

Gebirge. Uns zu Füssen liegt dann die weite Ebene, durch die sich der Arno träge der Stadt zuwindet.
Felder und Gärten bedecken das Blachfeld in unendlicher Abwechslung, ziehen sich über die niedrigen
Hügelwellen und steigen gegen Fiesole und Rovezzano die hohen Berge hinan. Man sieht nur die
langen Umfassungsmauern, die sie umgrenzen, die Strassen und Wege, die ein helles Netz über die
Gegend werfen, da und dort eine glitzernde Wasserader. Die grauen Olivengärten heben sich kaum
von dem grau glänzenden Boden ab, ein paar Cypressen heben ihre dunklen Finger, eine Taxushecke
strahlt noch aus der Ferne durch die flimmernde Luft. Das ganze Land ist mit Gehöften, Landhäusern,
Vignen besäet; überall blicken ihre kalkgeweissten Mauern hervor. Bald stehen sie inmitten eines
Feldercomplexes, bald zu zweit, zu dritt um eine belebte Osterie an der Strasse. Auf weitschauenden
Punkten, auf einem alleinstehenden Hügel, einem vorspringenden Bergrücken sieht man die einfachen
Kirchenfacaden, begleitet von den alleinstehenden Campaniii mit den simplen Spitzdächern und den
grossen halbrunden Schalllöchern. So weit der Blick reicht, Menschen und Spuren ihres thätigen Lebens,
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