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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Kallab, Wolfgang: Die toskanische Landschaftsmalerei im XIV. und XV. Jahrhundert, ihre Entstehung und Entwicklung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0065
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6o

Wolfgang Kallab.

an den Horizont, der wie die wolkenumlagerten Küstengebirge vom vollen Sonnenglanz durchtränkt
ist, dass die Contouren verschwimmen und sein Umriss wie der unendliche Meereshorizont wirkt.

An diesen drei Werken erkennt man den Umschlag der Auffassungsweise, der in der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts an einem alten, längst geläufigen Motiv eintritt.

Hatten wir es bisher mit einem Motiv zu thun, das zwar mancher Erweiterung und Um-
deutung fähig war aber doch eine gewisse einheitliche Fassung und Begrenzung forderte, so wenden
wir uns nun einem ganzen Kreise von Motiven zu, deren Zusammenhang schon in der Natur nur
zufällig ist und daher jederzeit gelöst oder verändert werden konnte. Sie entstammen wohl dem
Hügellande, das sich südlich von Florenz gegen Arezzo und über Siena hinauszieht, einer buckligen
Welt kleiner, runder Höhen mit vielgestaltigen Ausblicken aber ohne einschneidende Gliederung.

Fig. 32. Ucello, Reiterschlacht in Florenz, Uffizien.
(Nach Photographie von Alinari.)

So sind auch die Landschaften, welche die Maler aus ihnen schöpfen, reich und bunt aber von
keiner Einheit getragen, indem die Gelegenheit, die einzelnen Motive willkürlich zu combiniren,
wegen ihres losen Zusammenhanges allzu lockend war. Die verschiedensten Reihen von Motiven
gehen nebeneinander her und werden häufig verbunden: bald wird die allgemeine Gestalt, bald die
Objecte, die sich auf ihnen ausbreiten, wie Felder, Gärten, bald eine besondere Art der Gruppirung
betont. Die Schwierigkeit, die sich den Malern entgegenstellte, war einerseits, die individuellen
und reichen Formen der Natur überhaupt zu bewältigen, andererseits, zwischen der peinlichen Ab-
schilderung von Kleinigkeiten und allzuweitgehender Verallgemeinerung, wie sie den älteren von der
Schule her noch gleichsam im Blute lag, glücklich hindurchzusteuern. Wo die Beobachtung zwischen
beiden Extremen die Mitte hält, taucht da und dort, wie bei Piero dei Franceschi, ein intim ge-
sehenes Stückchen Natur, ein Vorbote der persönlichen Anschauung der kommenden Jahrzehnte, auf.

Ucello hat für das Quattrocento diesen Motivenkreis sozusagen entdeckt. Wenigstens erzählt
Vasari,1 es sei sein besonderes Verdienst, dass er nach den Regeln der Perspective daranging, Alles zu

1 Vasari, Vita di Ucelli II, 209: »Ma fu bene assai, che Paolo con 1' ordine prospettiva gli andö diminuendo e ritraendo
come stanno quivi appunto, facendovi tutto quel che vedeva: cioe campi arati, fossati ed altre minuzie della natura, in quella
 
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