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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0134
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Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara.

für den Gesammtpreis von 186 Lire 3 Soldi die Miniaturen in einem »Teseo«, einem Officium, einem
»Alberto magno«, einem Caesar, einem Juvenal und einem »libreto d'amore« aus; ferner 1437 zwei
Paare Kartenspiele1 und 1438 zwei kleine Psalterien für Ercole und Sigismondo d'Este (vgl. Anhang,
Nr. 6—11). Ein Plutarch der Biblioteca Estense in Modena lässt auch ihn als einen untergeordneten
Miniator erscheinen. Campori indentificirt Jacopino mit einem »Jacobus de Florentia«, der 1436 Jacobus
10 Ducaten für verschiedene Arbeiten erhielt; wohl mit Unrecht, da Jacopino in den Urkunden stets de lorentl!U
»da rezo« oder »da Aretio« genannt wird (vgl. Anhang, Nr. 12).

Auch der Florentiner Giovanni Falconi war 1434—1437 für Niccolö III. beschäftigt. Für Giovanni
Leonello minirt er 1434 einen von Biagio Busoni2 aus Cremona geschriebenen Plinius, 1435 führt er Falconi-
eine Karte für einen Ptolomaeus aus, 1437 eine Anzahl Illustrationen für Werke astronomischen Inhalts.3
Aller Wahrscheinlichkeit nach sind dem Giovanni Falconi die Miniaturen einer Handschrift der Com-
mentare des Caesar in der Biblioteca Estense zu Modena (Cod. lat. CCCCXXI) zuzuweisen. Der An-
fang jedes Buches ist mit einer Randleiste und einem Initialbild geschmückt; im Ganzen enthält der
Codex 14 Initialbilder und eine Initiale ohne Innenbild. Am Schlüsse findet sich die Notiz (f. 105):
»Ego Jacobus de Cassola de Parma scripsi hunc librum in domo domini Nicholai marchionis Estensis
domini generalis civitatis Ferrariae necnon civitatis Mutinae«, darunter die autographe Bemerkung:
»Emendavit Guarinus Veronensis adiuvante Jo. Lamola cive Bononiensi anno Christi MCCCCXXXII
IUI0 nonas Julias Ferrariae.« Die eigenhändige Eintragung Guarinos sowie die Zahl der Initialbilder
mag wohl Cappelli bestimmt haben, die Miniaturen des Codex auf Grund eines Briefes des Giovanni
Falconi an Guarino dem florentinischen Miniator zuzuschreiben.4 Falconi schreibt: »Ricordo ad voi,
messer Guarino, i mini de comentari son quindici, quatordici i grandi ed uno mezzano, montano in tuto
cento quaranta cinque soldi, ove havuti cento, resto ad avere quaranta cinque, come vedete: pregovi per
dio gli abia innanti sabato che vo comperare alcuna cossa ad me necessaria. Quando con tempo achade, re-
comandatemi al mio illustre signore messer Lionello.« Leonello, für den also der Codex ausgeführt
wurde, Hess denn auch am 20. August 1434 die restlichen 45 soldi an Falconi auszahlen (vgl. Anhang,
Nr. i3—16). Wenn sich auch in dem Codex keine Signatur des Miniators findet, so mag die Vermittlung
des Guarino, der den Codex selbst collationirte, dafür sprechen, dass dieser mit dem von Falconi minirten
identisch ist. Die Ausschmückung beschränkt sich auf Randleisten und 15 Initialen, von denen 14 mit
Brustbildern von Kriegern geschmückt sind. Dem Gesammteindruck nach noch im Stile des Trecento,
weist die reichere Farbenscala sowie die Zeichnung der Akanthusblätter der Randleisten doch schon
in den Anfang des XV. Jahrhunderts. Ich verweise auf die Ausschmückung des Titelblattes (f. 1), dessen
mit Goldplättchen gezierte Akanthusblätter der Randleiste in Hellgrün, Braun, Lila, Rosa und Dunkel-
blau ausgeführt sind; vereinzelt finden sich Kriegerköpfe oder Imperatorenköpfe in die Spiralen der
Randleiste eingefügt, die gegenüber den phantastischen Köpfen in den Trecentorandleisten doch schon
einen Zug nach Individualisirung, ja zuweilen Naturbeobachtung oder Studien nach antiken Münzen
verrathen. Das Bild des Autors in der Initiale G,der als Imperator mit Schwert und Reichsapfel thronend
dargestellt ist, lässt allerdings Falconi als einen recht zurückgebliebenen Meister erscheinen. Immerhin
mag auch Falconi seinen ferraresischen Berufsgenossen überlegen gewesen sein, wie seine zahl-
reichen Arbeiten für den estensischen Hof vermuthen lassen. Eine Handschrift des Commentars des
Benvenuto da Imola zum Dante aus dem Jahre 1409 in der Biblioteca Estense zu Modena (Cod. lat.
CCCCLXVII) wenigstens zeigt in dem Brustbilde des Autors in der Initiale Q_(f. 1) die Hand eines
völlig untergeordneten Miniators der bolognesischen Richtung.

1 Gius. Campori, Le carte da giuoco dipinte per i Estensi nel secolo XV, in den Atti e memorie delle RR. depu-
tazioni di storia patria per le provincie modenesi e parmensi, vol. VII.

2 Vielleicht identisch mit »Ser Blasius de Imbosinis de Cremona scriptor . . . domini Leoneiii«, der 1434—1436
»librum Nonii Marcelli nonnullosque alios Codices« schrieb; vgl. Cappelli, a. a. O., p. 29, Anm. 3, ad Cod. Nr. 276.

3 Campori, a. a. O., Docum. IV.

4 Vgl. Cappelli, a. a. O., p. 6, Anm. 1: aus dem Registrum litterarum et mandatorum Nicolai III. (1434—1435), p. 47
(Archiv zu Modena).
 
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