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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0145
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I /^O Hermann Julius Hermann.

Fig. '). Candido de' Bontempi überreicht dem Herzog Borso sein libro del salvatore.
(Modena, R. Biblioteca Estense, Cod. lat. CGGLIII, f. 3.)

Borso

(i. October 1450 bis 20. August 1471).

Der Samen, den Leonello gesäet hatte, entfaltete unter Borso herrliche Blüthen. Was Leonello
angestrebt hatte, ein Kunstleben in Ferrara, war unter Borso zur Thatsache geworden; erst unter
ihm bildete sich ein localer Stil, eine ferraresische Schule aus. Es zeigt von der Einsicht Borsos,
dass er die Entwicklung, wie sie Leonello angeregt hatte, förderte. Seinem Wesen nach bildete er
freilich einen Gegensatz zu seinem schöngeistigen Bruder, dem er vor allem an humanistischer Bildung
nachstand. In jener seltsamen Art, wie wir sie so oft im Zeitalter der Renaissance antreffen, vereinigte
Borso Prunkliebe und Freigebigkeit mit Grausamkeit, die Verschwörungen zur Folge hatte; aber
Borso war wohlthätig und gerecht, ein Förderer der Industrie und Gönner der Kunst und Wissenschaft;
darum war er auch ausserordentlich beliebt. Als Fürst verstand er es, durch politische Erfolge sein
Haus und sein Land zu Ansehen zu bringen. Er fühlte sich als Ferrarese und sein Localpatriotismus
trug nicht wenig zu seiner Beliebtheit bei. Das hervorragendste politische Ereignis seiner Regierungs-
zeit war die Anwesenheit Friedrichs III. in Ferrara 1452, der auf dem Wege zur Kaiserkrönung nach
Rom sowie auf seiner Rückkehr mit den höchsten Ehren von Borso empfangen wurde. Mit wahrhaft
fürstlichem Prunk vollzog sich der Einzug des Kaisers in Ferrara, der einem Triumphzug glich. Als
Zeichen seiner Gunst verlieh der Kaiser am 18. Mai 1452 Borso den Titel eines Herzogs von Mo-
dena und Reggio und Grafen von Rovigo. Der Doppeladler des römischen Kaisers deutscher Na-
tion prangt seit dieser Zeit, gepaart mit Frankreichs Lilienwappen, im Schilde der Este, deren weisser
Adler auf blauem Feld nur im Herzschilde erscheint. Das grosse politische Ereignis brachte dem neuen
Herzoge Huldigungen seines Volkes. Michele Savonarola verfasste eine genaue Beschreibung der Cere-
monien bei der Erhebung Borsos zum Herzog, zunächst in lateinischer Sprache, dann in italienischer
Uebersetzung für Borso. Die Biblioteca Estense besitzt die lateinische Ausgabe in dem Codex lat. CCXV
»De felici progressu illustrissimi Borsii Estensis ad marchionatum Ferrariae, Mutinae et Regii ducatum
comitatumque Rodigii Michaelis Savonarollae libellus«, mit einem Brustbild Borsos in der Initiale E.
Interessanter ist die italienische Uebersetzung der Biblioteca Classensis in Ravenna (Cod. Nr. 3o2).
 
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