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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0152
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Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara.

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gelegt werden konnte (vgl. Anhang, Nr. 29). Daraus, dass der Quinternio d als »terzo« bezeichnet er-
scheint,1 geht hervor, dass mit dem Quinternio b die Zählung begonnen wurde. Ein Quinternio a
fehlt thatsächlich auch heute noch und mag vielleicht nie ausgeführt worden sein; vermuthlich sollte
er den Kalender enthalten. Offenbar erregte die Arbeit
des Herzogs Wohlgefallen; denn schon am n. Juli 1455
wurde durch den Kämmerer des Herzogs, Galeotto del-
l'Assassino, der Vertrag mit den beiden Miniatoren Taddeo
Crivelli und Franco Russi da Mantova abgeschlossen, durch
welchen sich diese verpflichteten, die Bibel nach Muster
des »terzo quinterno nel libro Exodi segnato D«
zu miniren (vgl. Anhang, Nr. 3i). Zu Beginn jedes Buches
müsse ein Titelblatt ausgeführt werden. Sechs Jahre, be-
ginnend vom 8. Juli 1455, wurde als Termin zum Ab-
schluss der Arbeit festgesetzt. Dafür erhalten sie für jeden
Quinternio 75 Lire; sollten mehrere Titelblätter in einer
Lage vorkommen, so könne der Preis bis zu 100 Lire er-
höht werden. Zweihundert Lire, die ihnen als Angabe
(vgl. Anhang, Nr. 3o und 32) ausgefolgt werden sollen,
werden in Raten zu 15 Lire bei jedem Quinternio abge-
zogen; doch sollen sie gleich nach Fertigstellung einer
Lage unverzüglich bezahlt werden, widrigenfalls sie das
Recht hätten, den Termin der Vollendung der Verzöge-
rung entsprechend zu verlängern; endlich soll ihnen als

bequemer Ort zur Arbeit das Haus, in dem sie wohnen, zur Verfügung gestellt oder 50 Lire für jähr-
liche Miethe ausbezahlt werden. Die Bedingungen können wahrhaft fürstliche genannt werden. Nichts-
destoweniger scheint die Arbeit bald ins Stocken gerathen zu sein; besonders Russi dürfte nachlässig
gewesen sein, so dass am 8. October 1458 ein neuer Vertrag (vgl. Anhang, Nr. 3i) als Nachtrag mit
etwas schärferen Bedingungen geschlossen wurde: Franco müsse jeden Monat einen Quinternio ab-
liefern; wenn nicht, so stehe dem Herzog das Recht zu, ihm eine Strafe aufzuerlegen, von der er nur
befreit werden könne, wenn er nach Ablauf eines Jahres 12 Lagen abgeliefert hätte. Ebenso wird

Fig. 15. Abisag pflegt den greisen David, Miniatur
des Taddeo Crivelli zum III. Buch der Könige,
cap. I, aus der Borsobibel, Band I, f. l3g.

(Samml. Sr. k. u. k. Hoheit Erzh. Franz Ferdinand von
Oesterreich-Este).

1 Nur einmal erscheint in einer Eintragung des Crivelli in seinem »libro di conto«, f. 93, der Quinternio d als »quarto«
bezeichnet; wohl irrthümlich, weil auch in dem Vertrage derselbe »terzo« genannt wird.









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Fig. 16. Unterer Theil des Titelblattes zum Buch der Psalmen, Miniatur des Taddeo CriveUi in der Borsobibel, Band I, f. 241.
(Samml. Sr. k. u. k. Hoheit Erzh. Franz Ferdinand von Oesterreich-Este).
 
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