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I. Theil: Abhandlungen
DOI article:Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0160
Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara.
155
Borsos und dem Wappen von Rovigo finden sich nachstehende Embleme Borsos1: das Einhorn (lio-
corno) unter der Dattelpalme (dattararo), der »paraduro« (goldenes Gitter im Wasser mit der Ueber-
schrift Fido, Wehre im Po), der Siepe (ein Zaun), abbeveraduro da columbi (ein glockenförmiges Ge-
fäss mit drei Löchern, aus denen Wasser strömt), el batesmo (ein sechseckiges Wasserbecken, in dem
ein hölzernes Näpfchen schwimmt), la chiodara (ein trapezförmiges mit Nägeln bedecktes Brett), la chia-
vadura todesca (ein Thürklopfer, oft in Drachengestalt, über einer Blüthe). Später eingetragen finden
sich das Wappen Ercoles I.2, das sich von jenem Borsos durch einen rothen Mittelpfahl mit den päpst-
lichen Schlüsseln (seit 1471) unterscheidet, und Ercoles Embleme: dem Einhorn Borsos entsprechend
ein geflügelter Leopard mit Fischschwanz; dann ein glockenförmiger rother, goldüberflochtener Korb (?);
der Diamantring, den die Blätter einer Nelke umwinden; ein weisses rundes Becken mit vier Flammen;
die aus dem Feuer hervorzüngelnde Hydra, ein Baum u. A. m.
Die grösste Mannigfaltigkeit bieten die trefflichen Thierstücke; da finden sich neben den Haus-
thieren (Pferd, Hund, Katze, Rind, Hirsch, Reh, Hasen, Kaninchen etc.) auch Löwen, Leoparden, Bären,
Eber, Elephanten, Kameele, Affen und in bunter Reihe bis zu selteneren Thieren wie dem Stachel-
schwein. Ebenso reichhaltig ist die Auswahl aus der Vogelwelt; von den in der Poebene heimischen
Vögeln, wie Wiedehopf, Nussheher, Kukuk, Eisvogel und Stieglitz, die mit besonderer Vorliebe gemalt
sind, den verschiedensten Singvögeln und Hausgeflügel bis zum Strauss, Adlern und Geiern, den Perl-
hühnern, Reihern, Kranichen, Störchen, Pfauen und Schwänen finden sich Vertreter. Dazu kommen
noch die phantastischen Kentauren männlichen und weiblichen Geschlechts, die durch die Leiber von
Pferden, Hunden, Rehen und Löwen, ja selbst Straussen grosse Mannigfaltigkeit und Abwechslung
zeigen. Dieser reizende Schmuck der Randleisten gehört zu den besonderen Eigenarten der ferrare-
sischen Miniaturmalerei, die darin ihr Vorzüglichstes leistete. Die Menge des Vortrefflichen ist hier so
gross, dass selbst ein Hinweis auf das Bemerkenswerthere zu weit führen würde; ich will nur kurz auf
das Vortrefflichste aufmerksam machen. Mit Rücksicht auf den Antheil der einzelnen Meister gebe
ich versuchsweise im Nachfolgenden eine Vertheilung der Lagen, wobei natürlich darauf hingewiesen
sei, dass sich auch Bildchen von Gehilfenhand eingestreut finden.
1 Die Namen veröffentlichte Venturi in seinem Aufsatze »L'arte a Ferrara nel periodo di Borso d'Este«, im II. Bande
der Rivista storica italiana, p. 733 ff.
2 Besonders bei diesem Wappen lässt sich die spätere Eintragung constatiren, da durch den rothen Mittelpfahl die
Theile des Borsowappens vielfach überschnitten erscheinen.
Fig. 25. Scenen aus der Geschichte des Samson, Miniaturen des Franco Russi in der Borsobibel, Band I, f. 106.
(Sammlung Sr. k. u. k. Hoheit Erzh. Franz Ferdinand von Oesterreich-Este).
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Borsos und dem Wappen von Rovigo finden sich nachstehende Embleme Borsos1: das Einhorn (lio-
corno) unter der Dattelpalme (dattararo), der »paraduro« (goldenes Gitter im Wasser mit der Ueber-
schrift Fido, Wehre im Po), der Siepe (ein Zaun), abbeveraduro da columbi (ein glockenförmiges Ge-
fäss mit drei Löchern, aus denen Wasser strömt), el batesmo (ein sechseckiges Wasserbecken, in dem
ein hölzernes Näpfchen schwimmt), la chiodara (ein trapezförmiges mit Nägeln bedecktes Brett), la chia-
vadura todesca (ein Thürklopfer, oft in Drachengestalt, über einer Blüthe). Später eingetragen finden
sich das Wappen Ercoles I.2, das sich von jenem Borsos durch einen rothen Mittelpfahl mit den päpst-
lichen Schlüsseln (seit 1471) unterscheidet, und Ercoles Embleme: dem Einhorn Borsos entsprechend
ein geflügelter Leopard mit Fischschwanz; dann ein glockenförmiger rother, goldüberflochtener Korb (?);
der Diamantring, den die Blätter einer Nelke umwinden; ein weisses rundes Becken mit vier Flammen;
die aus dem Feuer hervorzüngelnde Hydra, ein Baum u. A. m.
Die grösste Mannigfaltigkeit bieten die trefflichen Thierstücke; da finden sich neben den Haus-
thieren (Pferd, Hund, Katze, Rind, Hirsch, Reh, Hasen, Kaninchen etc.) auch Löwen, Leoparden, Bären,
Eber, Elephanten, Kameele, Affen und in bunter Reihe bis zu selteneren Thieren wie dem Stachel-
schwein. Ebenso reichhaltig ist die Auswahl aus der Vogelwelt; von den in der Poebene heimischen
Vögeln, wie Wiedehopf, Nussheher, Kukuk, Eisvogel und Stieglitz, die mit besonderer Vorliebe gemalt
sind, den verschiedensten Singvögeln und Hausgeflügel bis zum Strauss, Adlern und Geiern, den Perl-
hühnern, Reihern, Kranichen, Störchen, Pfauen und Schwänen finden sich Vertreter. Dazu kommen
noch die phantastischen Kentauren männlichen und weiblichen Geschlechts, die durch die Leiber von
Pferden, Hunden, Rehen und Löwen, ja selbst Straussen grosse Mannigfaltigkeit und Abwechslung
zeigen. Dieser reizende Schmuck der Randleisten gehört zu den besonderen Eigenarten der ferrare-
sischen Miniaturmalerei, die darin ihr Vorzüglichstes leistete. Die Menge des Vortrefflichen ist hier so
gross, dass selbst ein Hinweis auf das Bemerkenswerthere zu weit führen würde; ich will nur kurz auf
das Vortrefflichste aufmerksam machen. Mit Rücksicht auf den Antheil der einzelnen Meister gebe
ich versuchsweise im Nachfolgenden eine Vertheilung der Lagen, wobei natürlich darauf hingewiesen
sei, dass sich auch Bildchen von Gehilfenhand eingestreut finden.
1 Die Namen veröffentlichte Venturi in seinem Aufsatze »L'arte a Ferrara nel periodo di Borso d'Este«, im II. Bande
der Rivista storica italiana, p. 733 ff.
2 Besonders bei diesem Wappen lässt sich die spätere Eintragung constatiren, da durch den rothen Mittelpfahl die
Theile des Borsowappens vielfach überschnitten erscheinen.
Fig. 25. Scenen aus der Geschichte des Samson, Miniaturen des Franco Russi in der Borsobibel, Band I, f. 106.
(Sammlung Sr. k. u. k. Hoheit Erzh. Franz Ferdinand von Oesterreich-Este).