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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Beiträge zur Geschichte der Antwerpner Malerei im XVI. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0040
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Gustav Glück. Beiträge zur Geschichte der Antwerpner Malerei im XVI. Jahrhundert.

Kreise, unser Dirick Vellert, sich mit Bestimmtheit in Antwerpen localisiren lässt. Auch manche
Schöpfungen, die man sich früher gerne in Brüssel entstanden gedacht hat, wie etwa der Schleissheimer
Altar (Nr. 28) und das Triptychon der Brüssler Gallerie (Nr. 54), werden durch einen Vergleich mit
Dirick Vellens Flügelaltar mit grösserer Wahrscheinlichkeit als Arbeiten der Antwerpner Schule be-
zeichnet werden können. Ich glaube auch, dass die genaue Untersuchung solcher Zusammenhänge
ergeben wird, dass dem Brüssler Bernard van Orley, einem Künstler, den man heute stark überschätzt,
nicht die bedeutende Stellung eines Schuloberhauptes zukommt, sondern dass er gerade von Antwerpner
Künstlern, wie Dirick Vellert, sein Bestes gelernt hat. Man kann wohl sagen, dass etwa vom Jahre 1515
an Antwerpen in künstlerischer Hinsicht Brüssel gegenüber nicht mehr der nehmende sondern fast nur
mehr der gebende Theil ist. Endlich scheint es mir ein nicht unwichtiges Ergebnis unserer Unter-
suchung zu sein, dass sie eine neue Stütze ist für die von C. Justi und E. Firmenich-Richartz unabhängig
von einander ausgesprochene Annahme, der vielgenannte Meister vom Tode Maria sei identisch mit
dem Antwerpner Maler Josse van Cleve dem Aelteren. Die Aehnlichkeit zwischen den Werken dieses
Künstlers und denen des sogenannten Dirck van Staren im Stil, in den Einzelformen, ja in der ganzen
Auffassung ist unbefangenen Augen nie verborgen geblieben; sie ist so gross, dass sie nur durch die
engste örtliche Zusammengehörigkeit erklärt werden kann. Und in der That treten Josse van Cleve und
Dirick Vellert im Jahre 1511 zugleich in die Antwerpner Lucasgilde ein, wo sie bis gegen Ende der
Dreissigerjahre nebeneinander thätig sind. Durch das jahrelange Zusammenleben findet allein die Ver-
wandtschaft ihrer Werke eine genügende Erklärung.

Dies mögen wohl die wichtigsten Resultate sein, die sich aus einem kleinen Funde ergeben haben,
von dem wir hoffen und wünschen, dass er geeignet sein möge, ein wenig das Dunkel zu erhellen, das
noch über diesem merkwürdigen Abschnitte der Geschichte der Kunst liegt. Und schliesslich dürfte
es wohl manchen Leser nicht verdriessen, Näheres über die Thätigkeit eines Künstlers erfahren zu
haben, den unser grosser Albrecht Dürer persönlich gekannt und geschätzt hat.

Durch überaus liebenswürdige Unterstützung bei der Beschaffung der Abbildungen und sonst durch mannig-
faltige Förderung meiner Arbeit haben mich die Herren Campbell Dodgson in London, Dr. Fr. Dörnhöffer in Wien,
T. W. Jackson in Oxford, Professor Dr. L. Kämmerer in Berlin, Geheimrath Dr. Fr. Lippmann ebendort, Geh. Hof-
rath Dr. C. Ruland in Weimar, Director J. Schönbrunner in Wien, Dr. Fortunat von Schubert-Soldern in Dresden,
Professor Dr. H. Weizsäcker in Frankfurt am Main und endlich ganz besonders Hofrath Professor Dr. Fr. Wick-
hoff in Wien zu grösstem Danke verpflichtet.

Fig. 16. Dirick Vellert, Das Wappen mit der Frau.
Kupferstich in der Kupfcrstichsammlung weiland des Königs Friedrich August zu Dresden.
 
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