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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Dvořák, Max: Die Illumination des Johann von Neumarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0052
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Max Dvorak.

In Format und Ausstattung gleicht diesen Handschriften ein anderer Codex französischen Ur-
sprunges, welcher die Sentenzen enthält (XII. C. i3). Die Ornamentik weist hier südfranzösische Typen

auf. Bestimmt aus der Provence dürfte die Raudnitzer Hand-
^ schrift XII. A. 6 stammen, die einige Schriften Augustins enthält.

I au3Wtt««tv j Damit hätten wir wenigstens einen Theil der Handschriften

f | 1 zusammengestellt, welche Johann von Drazic in Avignon kaufte

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und die bald nach der Gründung des Klosters in die Klosterbiblio-
thek gekommen sind. Es sind dies die Bibel, die Glossa ordi-
naria, die Sentenzen, einige canonistische Handschriften
und Augustin, also Bücher, deren man am meisten bedurfte.
Dazu kamen einige theoretische Abhandlungen, deren Wahl mehr
zufällig sein dürfte. Es ist selbstverständlich, dass diese Feststel-
lung von Handschriften, welche den Grundstock der Bibliothek
gebildet haben, nur eine approximative Zahl bieten kann.

Auch später noch kamen französische und italienische Hand-
schriften in das Kloster. So die Summa Hostiensis (XVII. A. 3) in
einem italienischen oder die Summa des Raimundus de Pennaforte
(XVI. B. 2) in einem nordfranzösischen Codex; beide Handschriften
aus der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts.

Die wichtigsten Bücher wurden für die Augustiner
in Raudnitz in der Fremde gekauft. Das ist kein Zufall.
Wir finden dieses Verhältnis in jeder Bibliothek, welche
Bestände aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
aufweist, bis zum Ueberdrusse bestätigt.

Nun frägt man jedoch nach Büchern, welche in Böhmen
geschrieben wurden. Ein Codex aus Raudnitz bietet ein Datum,
einen Namen und einen bestimmten Typus. Es ist das die Hand-
schrift XII. A. 15, welche verschiedene Schriften des Bernard von
Clairvaux enthält. Auf dem ersten Blatte lesen wir, dass die Hand-
schrift im Jahre 1296 geschrieben wurde, und auf Fol. 3oi den
Namen des Schreibers: »explicit totus Uber a principio usque ad
finem beati Bernhardi de Clara Valle finitus per manus Johannis,
scriptoris Luthomericensis dicti Sampson«. Die Handschrift ent-
hält keine Miniaturen, doch sehr interessante Initialen und Rand-
leisten. Die Ausschmückung verwendet jene Ornamentik, die wir
als Fleuronee bezeichnen.

Neben der Ornamentik der Codices, welche von Malern und
malerisch geschmückt wurden, entwickelte sich im Mittelalter eine
andere, eine Schreiberornamentik, die sehr alt ist und bereits im
XI. und XII. Jahrhundert ganz bestimmte Typen angenommen
hat. Der Schreiber verfügte oft nicht über das Können und die
Technik, welche einem Büchermaler zu Gebote standen, und wollte
dennoch des Bücherschmuckes nicht entbehren. Er schmückte die
Handschrift mit rothen und blauen, kalligraphisch reich mit der
Feder geschmückten Buchstaben. Es ist merkwürdig, dass sich auch für diese primitive und, wie es
scheint, primäre Ornamentik ganz bestimmte Gesetze entwickelten. Der Buchstabe wurde so verziert,
dass man das Mittelfeld und die Peripherie mit Haarlinien, welche Palmetten, Spiralen und Voluten
bilden, ferner mit kleinen Ringelchen auf Stengeln, die im Kreise oder Halbkreise zusammengestellt
sind, bedeckte. Das Ornament wird dabei durch den weissen Grund gebildet, welcher in der Form

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Fig. 3. Initiale und Randleiste auf f. 4'
der Handschrift XII. A. 15 (Schriften des
Bernard von Clairvaux) im böhm. Landes-
museum.
 
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